Kapitel 41

784 80 22
                                    


Vor dem Haus luden gerade vier Männer die alten Möbel in einen LKW. Ich hatte mich entschieden sie erst einmal in einem Storage einzulagern, falls Roman sie haben wollte. Ja, Roman. Ich war gespannt, wie er auf das Schreiben meines Anwalts reagierte. Ich hatte heute morgen eine Kopie davon in meinem Briefkasten gefunden. Also müsste er den Brief auch spätestens nach dem Wochenende erhalten. Vielleicht sollte ich.....ich zog mein Handy aus der Tasche und wählte. "Hallo Jasi. Was gibt es, dass du jetzt anrufst und nicht heute Abend?" Ich rief meine Schwiegermutter immernoch jeden Abend an, um mich nach Delphie zu erkundigen. "Ich denke ihr seid fleißig beim Renovieren?" Natürlich hatte ich Karin von meinen Plänen für das Wochenende erzählt. "Ja, da sind wir auch bei. Du glaubst nicht, wen Marco alles zusammen getrommelt hat. Kannst du dich noch an Lukasz erinnern?" " Ja, klar.", kam es sofort. "Und dann noch etliche andere aus der Mannschaft. Und auch Leon Goretzka. Er hat auch Leute mitgebracht. Kannst du dich an Max Meyer erinnern? Das war so ein kleiner Blonder, der von Schalke nach England gewechselt ist." Ich war wirklich total erstaunt gewesen. "Sag bloß Manuel Neuer hilft auch noch." Ich musste kichern als dieser genau in diesem Moment an mir vorbeilief "Ja, tut er." Ich hatte gar nicht gewusst, dass er nach seiner Scheidung und seinem Karriereende zurück in seine Heimat gezogen war und das holde Bayernland verlassen hatte. Alle zogen irgendwie zurück in ihre Heimat. Roman ja jetzt auch. Sollte ich das auch machen? Wieder nach Berlin ziehen? Da wäre dann auch Marvin. Nee, Dortmund war jetzt meine Heimat. Hier waren meine Eltern und Freunde. Hier fühlte ich mich wohl. Ich gehörte jetzt in den Ruhrpott."Jasi, bist du noch dran?", fragte Karin beunruhigt, weil ich so lange nichts gesagt hatte."Ja, ja klar.", antwortete ich schnell und rief mir wieder in Erinnerung, warum ich sie überhaupt angerufen hatte "Du weißt doch, dass ich beim Anwalt war. Und ich habe heute eine Kopie des Briefes an Roman bekommen. Ich wollte dich also nur vorwarnen, dass Post kommt." Ich konnte mir vorstellen, wie Karin gerade schluckte. Das tat sie immer in Situationen wie dieser. "Damit war ja irgendwann zu rechnen. Es ist lieb, dass du mir Bescheid gibst, dann bin ich darauf vorbereitet, wenn er schlechte Laune hat oder ausrastet. Trotzdem ist es schade, dass es so endet. Ich kann dich sehr gut verstehen, aber ich möchte dich und die Kinder einfach nicht verlieren." Ich hörte wie angegriffen ihre Stimme war "Du verlierst uns nicht. Martin und du seid immer bei uns willkommen. Wann kommt ihr vorbei und schaut euch das renovierte Haus an?", versuchte ich sie abzulenken  "Mal sehen, vielleicht Pfingsten. Da ist Roman mit Delphie auf einer Fahrt nach Paris mit der Ballettschule." "Das wäre schön.", freute ich mich. Leo und Dani würden sich garantiert freuen ihre Oma und ihren Opa zu sehen. "Ich werde dann, wenn der Brief da ist, auch versuchen auf Roman Einfluss zu nehmen." Ich hatte Karin ja bereits von meinem Anwaltsbesuch erzählt "Es macht doch keinen Sinn das lange hinauszuzögern. Danke, dass du mich informiert hast. Dann sei mal wieder fleißig. Ich will Pfingsten Ergebnisse sehen.", lachte sie und beendete das Gespräch. Ich hoffte mal, dass sie wirklich Einfluss auf ihren Sohn nehmen konnte und wir die Scheidung schnell durchziehen konnten. Früher hätte ich das mit dem Einfluss nicht angezweifelt, aber heute war ich mir nicht mehr so sicher. "Was stehst du denn hier so grübelnd herum?" Franzi war neben mir aufgetaucht "Kannst du dich nicht entscheiden in welchen Farbeimer du deine Role zu erst tauchen willst.", lachte sie und zeigte auf die Farbrolle, die ich in meiner einen Hand hielt. "Also ich kann dir die Sache erleichtern. Das Schlafzimmer ist schon ausgeräumt." Ich folgte ihr die Treppe hoch. Schon von weitem war Gekicher und Geschnatter zu hören. Vor der Wand, wo früher das Bett stand, standen Dani, Ella, Tessa, Lucy und Leo mit einem Pinsel und waren fleißig am malern. "Mensch Leo, du musst dich schonen.", stürzte ich auf meine Tochter zu "Nee, muss ich nicht. Ich muss nur meinen kaputten Arm schonen. Und das mache ich ja. Der liegt in der Schiene. Meinen anderen Arm darf ich ja wohl noch benutzen." Sie schaute mich trotzig an. Klar hatte sie recht. Ich sollte eigentlich zufrieden sein, dass sie nicht missmutig in der Ecke herumsaß und sich in Selbstmitleid erging. Trotzdem war ich natürlich immer noch ziemlich sensibilisiert und besorgt um sie. "Endlich wurde Max abkommandiert, der mich auch zum Nichtstun verdonnern wollte und jetzt kommst du.", moserte sie weiter und zog eine Schnute. "Warte nur einen kleinen Moment.", hielt ich sie auf und rannte los. Als ich wiederkam, stand sie immer noch schmollend mit dem Pinsel in der Hand da. Ich stülpte einen großen Müllsack über ihren Arm und klebte ihn mit Klebeband fest "So, jetzt kannst du. Nicht das der Arzt mit mir meckert, weil ich dich zu Frondiensten vergattere. So bleibt dein Verband sauber." Leo begann zu strahlen "Danke, Mama. Du hast mein Zimmer so schön gemacht. Ich möchte das deins auch so schön wird." Das war ein ziemlich emotionaler Moment für mich. Ich drehte mich weg, damit Leo nicht sah, wie die Tränen in meinen Augen standen. Franzi hatte es wohl mitbekommen und legte ihren Arm um meine Schulter "So, dann lasse uns mal mitmachen und die Hühner unterstützen." " Mama, Mama, wir brauten noch eine Hut." Dani hüpfte aufgeregt vor mir herum. "Mensch ja, du hast recht. Wir brauchen noch einen Hut." Franzi schaute mich verständnislos an."Was für einen Hut?" "Na, einen Malerhut." Dani schüttelte seinen Kopf und schlug sich mit seiner kleinen Hand vor die Stirn. "Wir brauchen erst einmal Zeitung.", stellte ich fest. Sofort rannte der Zwerg los und kam kurze Zeit später wieder. Das war prima. Aber ich hatte nicht den geringsten Plan, wie die zu falten war. Offensichtlich war mir das anzusehen, denn mein Sohn rannte sofort wieder los. "Mausi, was ist denn?" Dani kam mit Marvin zurück, den er an seiner Hand hinter sich herzog "Wir brauchen Hüte.", erklärte der Zwerg sofort aufgeregt und deutete auf die Zeitung "Und das bekommt ihr zwei nicht gefaltet?", grinste mein bester Freund Franzi und mich an "Na dann schaut zu und lernt für's Leben." Er kniete sich auf die Erde und breitete ein Zeitungsblatt aus. Wir anderen folgten seinem Beispiel. Schritt für Schritt erklärte er alles. Am Ende hielt ich etwas in der Hand, das nach allem möglichen aussah, aber nicht nach einem Malerhut. Ich schaute zu den anderen, die sich alle begeistert ihren Hut aufsetzten. "Mausi, also Origami gehört garantiert nicht zu deinen Talenten." Er setzte den Hut, den er gefaltet hatte auf mein Haar und drückte mir einen Kuss auf die Wange "Ich habe dich aber trotzdem lieb.", zwinkerte er mir zu. "Ej, Platte, du sollst hier nicht flirten, kommst du jetzt mal wieder mit anpacken.", lachte Erik von der Tür aus und Marvin setzte sich sofort in Bewegung. "Olalala, hast du gesehen, was er für rote Bäckchen bekommen hat.", grinste Franzi mich an, bevor sie laut loslachte "Und du auch. Sag mal geht da was?" Ich machte schnell einen Seitenblick zu den Kindern,  die glücklicherweise nichts mitbekommen hatten und schüttelte den Kopf "Du weißt genau, wie ich dazu stehe. Ich sage nur Friendzone." "Wusstest du, dass es auch Visa zur Ausreise aus der Friendzone und zur Einreise in die Lovezone gibt? Und manchmal gibt es sogar einen unkontrollierten Grenzübertritt." Nein, das wollte ich nicht. Ich wollte, dass alles so blieb wie es war. Ich hatte genug Ärger mit Roman, da brauchte ich nicht noch mehr Komplikationen. Und Männer bedeuteten immer Komplikationen. Ich wollte in Zukunft ganz gechillt alleine mit meinen Kindern leben. Wozu brauchte man schon einen Mann? Einen Kumpel ja, einen Lover definitiv nein. So wie es jetzt war, war es gut. Außerdem würde Marvin übermorgen sowieso wieder mit seinen Kindern zurück nach Berlin fahren.

Ein Schuss und Treffer im Freundschaftsspiel ✔Teil 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt