Kapitel 166

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Ich schaute zu Leo, die glücklich an Max gelehnt stand. Er hatte seinen Arm um ihre Taille geschlungen und lachte über etwas, was Phil gerade erzählte. Franzi hatte Recht. Der Junge hatte sich durch das Studium und den Umzug nach Berlin ganz schön verändert. Er war noch erwachsener geworden. Ich musste an den heutigen Tag vor 17 Jahren denken, wie Franzi mich im Olympia Stadion mit ihrer geplatzten Fruchtblase in die Verzweifelung getrieben hatte. Damals war Marvin auch gleich zur Stelle gewesen. Hätte ich nicht  da schon bemerken können, dass er die bessere Wahl war? Wieso war ich damals so blind, nicht zu merken, dass er in mich verliebt war. Ich musste schlucken. Weil ich denn Umweg nehmen musste, um meine wundervollen Kinder zu bekommen......und weil es unglaubllich romantisch war zu erfahren, dass der Mann den du liebst, dich schon so lange liebt und begehrt. Schon wieder bildete sich ein Kloß in meinem Hals. Man, ich war aber auch was von emotional seit wir verlobt waren. Hoffentlich hörte das nach der Hochzeit wieder auf. "Mausi, ich habe dir noch ein Stück Torte geholt." Marvin streckte mir den Teller entgegen. Die sah aber auch total schmatzig aus. Ich nahm den Teller und griff zu der Kuchengabel. In meinem Gehirn ploppte das Bild von mir gestern in dem Kleid auf, das mir nicht gepasst hatte. Mist, ich sollte auf den Kuchen verzichten. Nicht, dass ich wieder zunahm. Aber das Zeug sah so lecker aus und mir lief schon das Wasser im Mund zusammen, ganz abgesehen davon, dass ich tierischen Hunger hatte. "Ja, aber das Kleid", hörte ich eine innere Stimme. Was sollte mit dem eigentlich sein? Das hatte gestern doch nur nicht gepasst, weil Franzi sich beim letzten Mal vermessen hatte. Meine anderen Klamotten passten doch auch alle. Das war doch eindeutig. Ich schaute an meinem Kleid, das ich trug herunter. Der weiche Jerseystoff spannte nicht. Das war doch der beste Beweis, dass es nicht an mir lag. Zufrieden teilte ich ein Stück von dem Kuchen ab und schob ihn mir in den Mund. Man, war der lecker. "Ups, Mausi. Hast du den Kuchen inhaliert?" Marvin schaute mit großen Augen auf den Teller. "Soll ich noch ein Stück holen?" Ich nickte schnell, ehe mein Gewissen wieder einsetzte. Dann musste ich morgen eben wirklich mit Sport beginnen, um die Kalorien wieder zu verbrennen, aber der Verzicht darauf führte garantiert nur zu schlechter Laune. Außerdem hatte mein Vater immer gesagt, wenn der Magen knurrt, braucht der Körper Nahrung. Also sollte ich meine Körpersignale auf keinen Fall vernachlässigen. Und wenn der Körper das brauchte, dann legte er auch garantiert nicht zu. Also konnte ich mir das mit dem Sport auch noch einmal überlegen. Man, wo blieb der Kerl denn mit dem Kuchen? Mein Blick fiel zu Ella und Dani, die beide die Köpfe zusammengesteckt hatten und gackerten. Sie waren wirklich wie Geschwister. Manno, warum musste ich denn schon wieder schlucken? Sonst hatte ich doch nicht so dicht am Wasser gebaut. Ich war die knallharte Jasmin Bürki, die ganze Vorstandsetagen in Sportvereinen erzittern ließ. Und bald war ich Jasmin Plattenhardt....sofort fing ich an zu lächeln. Man, freute ich mich schon darauf. Mein Blick wanderte zu Leo, die gerade irgendetwas mit Mika diskutierte. Meine kleine Familie..... schade eigentlich, dass wir nie ein Kind zusammen haben würden. "Hier dein Kuchen." Marvin hielt mir erneut einen Teller von dem leckeren Zeug hin. Ob ein Kind von uns wohl diese langen dunklen Wimpern von ihm geerbt hätte? Und dieses Lächeln, das mich immer ganz kribbelig machte? Boah, was dachte ich denn schon wieder für blödes Zeug? Das würde ich nie herausfinden. Verfluchte Wechseljahre. Warum mussten die auch gerade mich so früh erwischen, dass wir nicht einmal eine Chance hatten darüber überhaupt nachzudenken. Das war doch unfair. Nee, war es nicht. Ich sollte dankbar sein, dass ich drei gesunde Kinder hatte und noch zwei dazu bekam und dass der tollste Mann der Welt mich liebte und heiratete. Da gab es überhaupt keinen Grund enttäuscht zu sein. Ich schob mir eine gefüllte Kuchengabel in den Mund. Wieso hatte ich das Gefühl beobachtet zu werden? Ich schaute hoch, während das nächste Stückchen Torte in meinen Mund wanderte. Franzi und Lisa standen tuschelnd nebeneinander und hatten ihren Blick starr auf mich gerichtet. Toll, jetzt schmeckte mir der Kuchen nicht mehr. "Puh, ich bin satt.", stöhnte ich, obwohl das eigentlich gelogen war, und drückte Marvin den Teller in die Hand. Diese zwei Augenpaare auf der anderen Seite des Raums hatten aber mein Figurbewusstsein wieder in höchste Aufregung versetzt. "Na ja, nach drei Stücken, kann ich das verstehen.", grinste mein Verlobter und machte sich über den Rest her. "Können wir dir mal kurz Jasi entführen?" Lisa hakte sich bei mir ein. "Wir bringen sie dir auch gleich wieder.",Franzi klopfte Marvin auf die Schulter. "Klar." Er zuckte mit den Schultern und beugte sich zu mir "Aber erst bekomme ich noch einen Kuss." Meine Lippen begannen zu kribbeln, wie jedesmal, wenn seine meine berührten. "Ja, genug geknutscht, mitkommen.", unterbrach uns Franzi ungeduldig und zog an meinem Handgelenk. Was hatte die es denn so eilig? Und warum zogen die mich in das Bad? Das war ja wie früher in der Schule. Geheimbesprechung auf den Toiletten, oder wie? Na wenigstens duftete es hier angenehmer. Lisa verriegelte hinter uns die Tür und stellte sich mit dem Rücken dagegen als wollte sie mir den Weg versperren. Was hatten die beiden vor?  "Hier." Franzi streckte mir eine Art Stick entgegen. "Was ist das?" Ich drehte das Teil in meiner Hand . "Na, ein USB-Stick jedenfalls nicht, du Nulpe. Das ist ein Schwangerschaftstest." Ich schaute Franzi schockiert an. Was sollte ich damit? "Ich bin nicht schwanger. Ich bin in den Wechseljahren.", begehrte ich auf. Den Quatsch konnten sie vergessen. "Genau, deshalb hast du auch wie ein Schaufelbagger Kuchen verdrückt." "Muss ich mich hier schon rechtfertigen, weil ich mal ein Stück Torte mehr esse?", fragte ich angepisst. "Nee, nur weil du nicht mehr in dein Brautkleid passt. Außerdem waren es drei Stücken." Hatte die echt mitgezählt? Ich fixierte Franzi mit zusammengekniffenen Augen "Du hast dich nur vermessen und suchst jetzt die Schuld bei mir. Schau doch mal." Ich zeigte an meinem Körper herunter "Das Kleid passt auch noch perfekt. Das beweist ja wohl deinen Fehler." Franzi griff nach meinem Kleid und zog etwas daran "Das passt nur wegen des hohen Elastananteils. Und jetzt pinkel endlich auf das Teil." Ich zeigte ihr einen Vogel "Brauche ich nicht. Ich bin nicht schwanger. Außerdem pinkele ich überhaupt nicht vor euren Augen." Ich verschränkte meine Arme vor der Brust. Die waren doch bekloppt. "Also, wenn du nicht schwanger bist, kannst du uns das ja damit beweisen. Dann lassen wir dich sofort damit in Ruhe. Und wir drehen uns auch um,  während du das erledigst.", kam es ganz ruhig von Lisa. "Da hat sie doch Schiss vor, weil sie weiß,  dass bald der Storch kommt.", grinste mich Franzi provozierend an.  Das Grinsen würde ihr gleich vergehen, wenn sie den negativen Test sah und dann musste sie zugeben, dass sie sich vermessen hatte. "Los, umdrehen.", pflaumte ich die beiden an und lief zur Toilette. Den würde ich schon beweisen, dass sie komplett daneben lagen.

Ein Schuss und Treffer im Freundschaftsspiel ✔Teil 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt