Ich saß immer noch auf Leos Bett, als die Tür aufging und mein kleiner Sohn hereingerannt kam. Strahlend hielt er einen Blumenstrauß in der Hand "Für dis Leo." Er legte die Blumen auf das Bett und kletterte hinein, um seiner Schwester einen Kuss zu geben. Hinter ihm waren auch meine Eltern und Marvins Kinder ins Zimmer getreten. Sofort war der Raum von Pizzaduft durchzogen. Leo begann wie ein junger Hund mit der Nase in der Luft zu schnüffeln "Jetzt habe ich totalen Kohldampf.", grinste sie. "Na da kann man was gegen tun." Meine Mutter überreichte ihe eine Pizzaschachtel. Der Deckel flog sofort hoch und Leo griff sich das erste Stück und biss hinein. "Mmmh, lecker.", schmatzte sie. Ich machte meiner Mutter Platz, die sich zu ihrer Enkelin auf das Bett setzte, während mein Papa die weiteren Kartons verteilte "Sach mal, waren dit eben Karin, Martin und der Knallkopp, die wegjefahren sind? War der etwa bei unserere kleenen Schnute?", raunte er mir zu und schaute mich fragend an. Ich nickte ihm zu "Erzähle ich euch später.", antwortete ich genauso leise. Auch ich bekam ein Nicken als Antwort. Ich konnte meinem Vater ansehen, dass er unzufrieden und beunruhigt war. Das konnte ich seit dem ganzen Mist gestern gut verstehen. Ich war ihm sehr dankbar, dass er sich jetzt aber erst einmal zurückhielt. "Kiekt mal, wat wa für unsere beeden Schnuten jekricht haben." Stolz hielt er zwei große Becher Mousse au chocolat hoch. "Wow." Leos Augen fingen begeistert an zu glänzen, als schon wieder die Tür aufgerissen wurde und Tessa und Maja hereingestürzt kamen. "Kommen wir zu spät?" Sie schauten schockiert von einem zum anderen. "Ihr esst ja schon Pizza.", grummelte Tessa los, als jetzt auch Max und Phil beladen ins Zimmer kamen. "Is noch jenuch Pizza da.", grinste mein Vater und hielt ihr einen Karton hin, den sie sofort ergriff. "Boah, wie kann man nur so verfressen sein?", Phil schüttelte seinen Kopf. "Ich meinte, ob wir zu spät sind, weil Mom uns extra Lasagne für dich mitgegeben hat.", schmatzte Tessa, die schon das erste Stück Pizza mampfte. "Lasagne von Supermom?" Leos Augen fingen wieder an zu strahlen. Bei dem Wort Supermom gab es einen Stich in meiner Brust. Klar hatte mir Leo erzählt, wie es dazu gekommen war, dass sie Franzi so nannten. Und objektiv betrachtet, hatte sie sich das auch verdient. Aber subjektiv gesehen, wollte ich für meine Tochter Supermom sein. Andererseits musste ich ehrlich zugeben, dass da noch eine Menge vor mir lag, um mir das zu erarbeiten. Trotzdem tat es weh und führte mir sofort wieder mein ganzes Versagen vor Augen. "Ich gehe mal kurz raus ein bisschen frische Luft schnappen.", entschuldigte ich mich leise. Scheinbar bekam das aber niemand mit "Wir haben auch Popcorn mitgebracht und dann können wir voll die geilen Filme streamen, damit dir nicht so langweilig ist.", hörte ich Tessa lachend erzählen. Ich schaute an der Tür noch einmal zu Leo, die Lasagne in sich schaufelte und gebannt ihren Freundinnen zuhörte. "Warte, ich komme mit.", schloss sich Marvin mir an. "Das Junggemüse beschäftigt Leo schon.", grinste er als sich die Tür hinter uns schloss. Ich freute mich, dass meine Tochter so tolle und zuverlässige Freundinnen hatte. "Bin ich zu spät?" Sascha kam um die Ecke gehetzt und schaute mich aufgeregt an. Seine roten Bäckchen standen im Kontrast zu seinen dunklen Haaren und Augen. Ich erkannte auch etwas Roman darin wieder. War ja auch kein Wunder, schließlich war er sein Neffe. Ich schüttelte den Kopf und deutete zur Tür "Die anderen sind auch gerade erst gekommen." Ich konnte sehen, wie er aufatmete "Gut, Mama hat mir nämlich extra Nachos und Kuchen eingepackt zum Filmgucken." Er riss die Tür neben mir auf und stürzte ins Krankenzimmer. Sofort hörte ich fröhliche Stimmen, die ihn begrüßten. Dann war das Kleeblatt ja komplett. Sascha, Tessa, Maja und Leo waren ja alle fast zur gleichen Zeit geboren. Naja, die Mädels ja sogar am gleichen Tag. Und seit ihrer Kindheit klebten die vier zusammen wie ein vierblättriges Kleeblatt. Irgendwie war das echt schön, dass das immer noch hielt. Man hätte ja denken können, dass sie sich in einem bestimmten Alter auseinander entwickelten, aber so war das nicht. "Also verhungern wird deine Tochter hier nicht.", grinste Marvin mich an, ehe sein Ausdruck auf ernst wechselte. "So, jetzt sag' aber was mit dir los ist. Du hast auf einmal so traurig ausgesehen." Konnte man mir das so ansehen? Ich musste lernen das besser zu verstecken "Man, ich bin so eine Scheißmutter.", brach es aus mir heraus "Ich kann nicht einmal Lasagne kochen.", brach es aus mir heraus "Ach Mausi." Marvin zog mich liebevoll in seine Arme " Das ist doch Quatsch. Du bist eine tolle Mutter. Du bist für deine Kinder da.", versuchte er mich zu trösten."Nicht genug, sonst wären wir ja jetzt nicht da, wo wir sind.", schoss ich sofort zurück. "Ja, du bist aber hier und nicht in Indien." Man klar, er hatte ja auch sein Päckchen zu tragen. Wie blöd war ich eigentlich hier rumzujammern? Ich hatte es schließlich in der Hand alles zu ändern. "Sorry.", murmelte ich. "Lasagne ist kein Maßstab, sonst wäre Jamie Oliver die beste Mutter der Welt. Und kannst du dir den als Mutter vorstellen?" Ich schüttelte schmunzelnd meinen Kopf. "Oh, gut, dass ich sie hier gerade treffe, Frau Bürki." Eine ältere Krankenschwester kam auf uns zu gelaufen. Mein Herz fing sofort an zu rasen. Wollte sie etwas wegen der OP oder gab es andere schlechte Nachrichten? Ich war alarmiert bis in die Haarspitzen. Marvin schien meine Anspannung sofort zu bemerken und strich mir beruhigend über den Rücken. Es war gut, dass er hier war. Mit ihm im Rücken würde ich jede Nachricht besser verkraften als alleine. "Den Ring mussten wir gestern an der Hand ihrer Tochter wegen der Schwellung aufschneiden und ich habe ihn gerade wieder gefunden. Können sie ihn bitte in Verwahrung nehmen." Die Schwester reichte mir den Ring, den Max Leo zu ihrem Geburtstag geschenkt hatte. "Ja, danke." Ich nahm ihr das Teil ab. Der Ring war an einer Seite offen und ziemlich verbogen. Ich musste daran denken wie stolz ihn mir Leo gezeigt hatte. Nur zum Sport legte sie ihn widerwillig ab. Bei unserem Einkaufsausflug hatte sie mir auch davon erzählt, dass dieser Ring nur Platzhalter für einen Verlobungsring sein sollte, wenn sie volljährig war und das sie das Quatsch fand, weil sie Max sowieso dann heiraten würde. Ich hatte über ihre Entschlossenheit geschmunzelt, obwohl ich mir gut vorstellen konnte, dass es wirklich so kam. Wenn sie den Ring so sehen würde, wäre sie garantiert totunglücklich. Es schnürte mir das Herz zusammen. "Marvin, kannst du mich schnell in die Stadt fahren, bevor die Geschäfte zu machen?", kam es spontan von mir. Mein bester Freund schaute mich verwirrt an, nickte aber und zog seine Autoschlüssel aus der Tasche. Na dann hofften wir mal, dass mein Plan funktionierte.
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Ein Schuss und Treffer im Freundschaftsspiel ✔Teil 6
RomanceJasmin ist seit über 15 Jahren eigentlich glücklich verheiratet. Aber eben nur eigentlich. Und auch mit den drei Kindern läuft nicht alles wie es sollte. Dazu kommt noch jede Menge Arbeit in ihrer Agentur. Trotzdem ist ja doch alles ziemlich bequem...