Kapitel 156

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Delphie saß seit geschlagenen zwei Stunden auf ihrem Koffer im Wohnzimmer . "Komm, setze dich doch wenigstens zu uns.", versuchte dieses Mal meine Mutter ihr Glück. Ich war schon mehrmals abgeblockt worden. "Nein, Papa holt mich gleich ab." Die Locken meiner Tochter flogen nur so, während sie entschieden den Kopf schüttelte. Es tat weh zu sehen, wie die Kleine scheinbar nur noch weg von hier wollte. Ich verstand das nicht. Es war doch alles gut gelaufen.  "Schau mal, Delphie." Dani kam mit einem großen Bogen Papier ins Zimmer gerannt. "Das habe ich für dich gemalt. Das ist unsere Familie.", begann er zu erklären. Delphie schaute sich das Bild lächelnd an, ehe ihr Blick sich verfinsterte. "Da ist Mama, Papa, Leo, Mika, Ella und Du. Und die Katzen und Hunde. Damit du immer an uns denkst.", strahlte er.  "Ja, du gehörst doch zu uns. Und wir vermissen dich." Leo, die ihm gefolgt war, legte ihre Arme um die Schultern ihrer kleineren Geschwister. Dani nickte sofort zustimmend "Ja, wir vermissen dich ohneendlich." "Das stimmt nicht und die gehören auch nicht zu meiner Familie.", wütend zerriss sie das Blatt in kleine Schnipsel und ließ sie auf den Boden rieseln. Dani jaulte empört auf und rannte davon. "Sag mal spinnst du? Dani hat sich solche Mühe gegeben.", funkelte Leo sie sauer an und schubste sie leicht an der Schulter. Ich wollte aufstehen und eingreifen, aber meine Mutter hielt mich zurück. "Das müssen sie alleine klären.",  zischelte sie mir zu und wendete aber ihren Blick von den beiden nicht ab. "Papa ist meine Familie.", zickte Delphie zurück. Das war wie ein Dolchstoß  mitten in die Brust für mich. Ich hatte so das Gefühl gehabt, dass sich etwas geändert hatte. Scheinbar hatte ich mich komplett geirrt. Das Klingeln an der Tür ließ alle Köpfe hochschnellen. "Aus dem Weg. Das ist mein Papa." Meine kleine Tochter schob Leo beiseite, die ihr wütend hinterherschaute und sich dann mit einem entschuldigenden Blick zu mir umdrehte und eilends verschwand. Ja klar, sie wollte Roman nicht treffen. Delphie riss freudestrahlend die Tür auf. "Hallo Pa... " sie brach ab und lief einfach wieder zum Koffer. Ich sprang auf und machte mich auf den Weg zur Tür, durch die gerade ein junger Mann beladen mit mehreren Pizzakartons eintrat.  "Ich komme schon." Marvin kam mit einigen Geldscheinen in der Hand angestürzt und tauschte sie gegen das lecker duftende Essen ein. "Chris, Martin und ich dachten uns, ihr hättet alle Hunger. Und da wir ja nicht essen gehen können, haben wir was bestellt." "Du bist der beste, Tiger." Ich fiel ihm um den Hals und küsste ihn auf die Wange. Anstatt zu murren, dass wir wegen der Warterei auf Roman hier festsaßen, bestellte er einfach essen. Das war mein Schatz. "Na, dann kommt. Der Tisch ist schon gedeckt.", forderte er auch meine Mutter und Delphie auf. "Ich bleibe hier bis Papa kommt." Stur verharrte sie auf ihrem Koffer. Ich zuckte mit den Schultern "Dann bleibe ich auch hier." Marvin schaute mich verständnisvoll an und verschwand mit der Essensladung, um kurze Zeit später mit einer Aluschale, Besteck und einem Pizzakarton wieder aufzutauchen. "Hier für dich Lasagne." Man duftete die gut. Ich griff mir den Löffel und schob den ersten Happen in den Mund. "Und eine Pizza Hawaii für dich." Marvin reichte Delphi den Pizzakarton mit ihrer Lieblingspizza, den sie sofort beiseite schob. "Ich habe keinen Hunger und ich mag die blöde Pizza nicht." Marvin zuckte mit den Schultern und stellte den Karton neben ihr auf der Kommode ab. "Falls du es dir doch noch überlegst." Ich verstand das nicht. Sie hatte die doch immer gemocht. Ob ich noch einmal mit ihr sprechen sollte?  Ich schob mir einen weiteren Löffel von meiner Lasagne in den Mund. Irgendwie schmeckte sie überhaupt nicht mehr so gut. Ich schaute zu meiner Tochter, die mit vor der Brust verschränkten Armen auf ihrem Koffer saß und zur Tür stierte. Es wirkte fast, als würde sie sie beschwören. "Kätzchen, warum willst du denn so schnell weg ? Du gehörst doch auch zu uns." "Ich gehöre zu dir, Dani und Leo, aber nicht zu den anderen." Sie hatte scheinbar total dicht gemacht. "Ich dachte du hast dich bei uns wohlgefühlt. Und der Tag in Bern war so schön für mich." Ihr trotziger Blick brach kurz auf "Ja, der Tag war schön.....aber Papa ist meine Familie." Und da war wieder ihr finstere Blick und dieses klaffende Loch in meiner Brust. Ich stocherte lustlos in meiner Lasagne herum. Der Appetit war mir vergangen, stattdessen war mir speiübel. Kein Wunder, dass mein Magen bei dem ganzen rebellierte. Ich sprang auf und rannte zur Toilette...
"Wann kommt denn nu endlich der Heiopei?" Mein Vater saß genau wie der Rest der Erwachsenen auf dem Sofa und wartete. Mittlerweile war es schon Nachmittag und wurde langsam dunkel. Delphie saß immernoch unverändert auf ihrem Koffer, während die anderen Kinder sich irgendwie beschäftigten. "Ich frage mich auch, wo er bleibt.", brummte Martin und warf einen Blick auf seine Uhr. "Eigentlich sollte er doch schon vor sechs Stunden hier sein, oder?" Meine Mutter schaute erst Karin und dann mich an. Wir nickten beide schulterzuckend. Und mein Blick,ging zu Delphie, die etwas in sich zusammengesackt war.  Hoffentlich war Roman nichts passiert. Also nicht um meines, sondern um ihretwillen. Diese Verspätung sah ihm so überhaupt nicht ähnlich. Er war die Pünktlicchkeit in Person und in aller Regel schon lange vor dem verabredeten Termin da. Ich machte mir solangsam echt Sorgen. Vielleicht sollte ich ihn anrufen oder ihm eine Nachricht schreiben? Das Klingeln eines Handys riss mich aus meinen Gedanken. "Ja Gott sei Dank, Roman. Wo bist du denn?" An Karins Stimme hörte ich, dass sie sich genauso Gedanken gemacht hatte wie ich. "In Las Vegas?" Ihre Stimme überschlug sich fast. "Wie geheiratet und Rückflug verpasst?" Meine Schwiegermutter sah total fassungslos aus. "Und morgen geht kein Flugzeug mehr, oder wie?" Karin hörte kopfschüttelnd zu. "Ja, natürlich kümmern wir uns um Delphie bis du zurück bist." Sie legte das Handy auf den Tisch vor sich "Martin, er hat das Mädel spontan in Vegas geheiratet und sie haben ganz zufällig den Flug verpasst, aber jetzt wollen sie noch etwas dort bleiben und Delphie erst Neujahr abholen." Aus jedem Wort sprach das Unverständnis meiner Schwiegermutter. Geschockt über diese Neuigkeiten schaute ich zu meiner Tochter, die das ganze Gespräch auch verfolgte. In ihren Augen sah ich unendliche Enttäuschung und es tat mir in der Seele weh. Wie konnte er sie einfach so vor vollendete Tatsachen stellen und einfach vergessen? Seine Hochzeit war mir ehrlich gesagt schnurzpiepegal, aber nicht, dass er meine Tochter verletzte, weil er einfach sein Versprechen brach sie abzuholen. Auch wenn ich mich persönlich freute sie länger bei mir zu haben und sogar Silvester mit ihr feiern zu können, sah ich doch die Traurigkeit bei ihr. Ich sprang auf und lief zu Delphie, um sie in meinen Arm zu nehmen und zu trösten. "Lass' mich. Bestimmt will er mich jetzt nicht mehr, weil ich bei euch war.", schluchzte sie und schob mich weg. Das tat so weh und es war etwas, was kein Kind der Welt denken sollte. Ehe ich etwas sagen konnte, stürmte Delphie los. Ich lief ihr hinterher in ihr Zimmer, wo sie sich weinend auf das Bett warf. Dieser Anblick tat mir so weh. Tröstend strich ich ihr über den Rücken. "Geh weg.", fauchte sie mich an. Ich schaute zur Tür, in der sowohl Ella mit Danis Bild auffgetaucht war, das sie wieder zusammengeklebt hatte, als auch Sascha und Leo. Ich spürte wie mir Tränen über meine Wangen liefen. "Mama, komm." Meine große Tochter schloss mich in die Arme."Ich kümmere mich um sie." Sascha ging zum Bett und begann ruhig auf Delphie einzureden. Als Leo mich aus dem Zimmer zog, sah ich aus den Augenwinkeln noch, wie Delphie sich von Sascha in den Arm nehmen ließ. Das beruhigte mich etwas. In den nächsten Tagen, die ich sie nun doch noch hatte, musste ich mich noch mehr um sie bemühen. Das stand fest.

Ein Schuss und Treffer im Freundschaftsspiel ✔Teil 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt