Kapitel 58

807 70 10
                                    


Wie gut, dass ich so klein war. Trotzdem saß ich leicht zusammengekauert hinter meinem Sohn in der Feuerwehr. Dani kurbelte wild mit der einen Hand am Lenkrad und mit der anderen Hand läutete er wild die Glocke. "Mama, noch einmal fahren.", strahlte er mich an als das Karussell anhielt. "Spatz, wir sind jetzt fünfmal hintereinander gefahren. Ich brauche eine kleine Pause." Dani schaute mich enttäuscht an, kletterte aber aus dem Feuerwehrauto und rannte zu Leo, die neben Karin stand und eifrig auf ihre Oma einquatschte. "Na, Mausi. Wie wäre es mit einer kleinen Stärkung?" Marvin hielt mir ein paar kandierte Weintrauben hin. "Tiger, du bist ein Schatz. Genau die brauche ich jetzt." Ich griff zu und zog die erste Weintraube in meinen Mund. Man, ich hatte ganz vergessen wie lecker die waren. "Wo sind denn die anderen alle?" Ich schaute mich um. Nirgends konnte ich Mika und Ella entdecken. Und auch Martin und Max fehlten.  Obwohl, nee....die kamen ja gerade wieder und hatten diverse Maiskolben in der Hand. "Euch schickt der Himmel.", lachte Karin und umarmte ihren Mann, während sie ihm einen Maiskolben aus der Hand schnappte und sofort daran zu knabbern begann. "Hier, trinken." Ella kam angelaufen und reichte erst einmal Dani einen Becher. Der Kleine strahlte sie mit seinen roten Bäckchen an und begann gierig zu trinken. Ja, klar so viel Aufregung machte durstig. Und für ihn war es sein erster Kirmesbesuch. "Na dann können wir aber weitergehen." Martin mahnte zum Aufbruch nachdem wir alle aufgegessen hatten. "Nein, ich mag noch Feuerwehr fahren." Seit wann konnte Dani denn so schmollen? Sonst war ihm immer alles egal. Das war eine richtig gute Entwicklung, auch wenn sie mich manchmal bestimmt noch nerven würde, gefiel sie mir richtig gut. "Du, Dani da vorne habe ich eine Kinderachterbahn gesehen. Die ist noch viel cooler." Ella griff sich seine Hand. "Was ist eine Achterbahn?", fragte er sie sofort neugierig und folgte begeistert ihren Erklärungen. "Hopp, Achterbahn fahren.", rief er auf einmal ganz aufgeregt und rannte los. "Unser Kleiner hat sich ganz gut gemausert." Karin schaute mich begeistert an "Ella und Mika tun ihm gut." Ich nickte. Ja, und das Familienleben, das es auf einmal gab. "Ich mache mir nur Sorgen um Leo." Ich schaute zu meiner Tochter, die ein paar Meter entfernt an Max gekuschelt stand. "Du meinst wegen vorhin?" Karin schaute mich nachdenklich an, während ich nickte "So geht es ihr wirklich gut, aber manchmal hat sie halt solche Hänger. Und das gefällt mir überhaupt nicht." Karin legte ihre Hand auf meinen Arm. "Das kann ich verstehen. Das geht jeder Mutter so. Aber der Arzt hat doch gesagt, dass alles gut verlaufen ist und mit keinen Problemen zu rechnen ist." Ich nickte "Aber manchmal ist Leo so unzufrieden mit sich selbst und scheint nicht daran zu glauben. Das macht mich dann immer fertig." Und das schlimmste war, dass ich in solchen Momenten auch nicht wirklich wusste, wie ich ihr die Sorgen nehmen sollte. "Weißt du denn schon, wann der Fixateur abkommt?" "Planmäßig nächste Woche und dann geht die Reha los. Sie ist schon zur Handtherapie angemeldet." Karin zwinkerte mir zu "Du wirst sehen dann geht das ganz fix, dass sie wieder ihre Hand benutzen kann. Da kommen dann auch nicht mehr diese Hänger. Schau doch nur wie glücklich sie mir Max ist." Karin deutet mit ihrem Kopf vor uns, wo Leo mit Max lief, der seinen Arm um ihre Schulter gelegt hatte. Ja, das war definitiv schön mit anzusehen. Trotzdem hatte ich die Befürchtungen, dass die Reha nicht so einfach verlaufen würde, wie Karin das erwartete. Ich kannte meine Tochter. Sie konnte manchmal ganz schön ungeduldig sein und manchmal auch ziemlich ehrgeizig. Und das war nicht unbedingt die beste Mischung dafür. Wenn sie zu ehrgeizig war, dann überanstrengte sie sich garantiert und dann kam ein Rückschritt, der bei der Ungeduld neue Probleme mit sich bringen würde. "Jetzt schau nicht so. Das wird schon." Karin stupste mich lächelnd in die Seite. "Willst du nicht auch irgendetwas fahren?" "Und ob sie Achterbahn fahren will.", ertönte Marvins Stimme neben mir. Wo kam der den auf einmal her? Er war doch gerade noch vor uns mit Martin in ein Gespräch vertieft gewesen. "Schau mal, Mausi. Die hat sogar zwei Loopings." Ich schaute mir das Ding zweifelnd an. Looping musste ja nicht wirklich sein. Andereseits hatte ich ja vorhin meine Klappe aufgerissen "Mama, darf ich Achtbahnfahren?" Dani hüpfte begeistert vor mir und zeigte zu der anderen Seite. Ja, die wäre auch etwas für mich. Da zuckelte ein Zug ganz gemütlich durch die Gegend, ohne dass man auf dem Kopf stand. "Klar, kannst du." Vielleicht wollte er ja, dass ich mitkam. Dann hätte ich eine passable Ausrede  "Danke.", strahlend rannte er zu Ella, die schon an der Kasse anstand. Toll, das war es dann wohl mit meiner Ausrede. "Na los, komm Mausi. Ich lade dich auch ein." Mit einem ziemlich mulmigen Gefühl folgte ich Marvin im Schleichtempo. "Boah, Mama. Voll krass das Teil. Mist, dass ich nicht fahren kann." , seufzte Leo. "Dann verzichte ich auch darauf." Das war doch nur gerecht. Alles andere wäre doch meiner Tochter gegenüber unfair. Das war ja als ob man Mousse-au-chocolat aß und nichts abgab. Ach ja, meine Selbstlosigkeit war doch echt zu bewundern und hatte nicht das geringste damit zu tun, dass ich absoluten Schiss vor den Loopings hatte. "Nööö, du musst das für mich fahren und mir dann erzählen wie es war. Nächstes Mal fahren wir dann zusammen, wenn der Schrott hier weg ist." Na toll, also wirklich toll, dass Leo jetzt so positiv drauf war, aber das bedeutete auch, dass ich wirklich damit fahren musste. Ich konnte sie ja schlecht enttäuschen. Langsam lief ich also zum Eingang, wo Marvin schon mit den Jetons wartete. So musste der Weg zum Schafott sich auch angefühlt haben. "Mensch Mausi, das ist doch total pillepalle." Ja, die Ansprache brauchte ich jetzt auch noch. Marvin hielt mir die Hand hin und half mir beim Einsteigen. Ich warf einen Blick zu Leo, die in unsere Richtung strahlte und winkte, als der Wagen sich in Bewegung setzte. Es war schön euch kennengelernt zu haben, ich habe euch ganz doll lieb, schoss es mir durch das Gehirn. Wieso musste ich so jung sterben?  Naja, zumindest würde ich mich bis auf die Knochen blamieren. Ich spürte wie ich gegen die Rückenlehne gedrückt wurde.  Auweia, wenn das so lange hoch ging, ging das auch genauso tief wieder hinunter. Mein Puls beschleunigte sich als es auch schon bergab ging. Ich krallte mich in Marvins Arm fest, als wir schon wieder bergauf rauschten. Das war.....uih, das nächste Looping. Wo war oben und wo war unten? Und wieder wurde ich durchgeschüttelt. Plötzlich wurde der Wagen langsamer und dann standen wir auch schon. "Wie, war das schon alles?" Ich schaute empört zu Marvin. Das waren doch höchstens zwei Minuten. Grummelig kletterte ich aus dem Wagen. "Fahren wir nochmal? Hast du gemerkt, ich habe überhaupt nicht geschrien." "Mmm." Schon wieder so eine einsilbige Antwort. Und warum blieb er denn auf einmal stehen? Ich drehte mich zu ihm. Warum krallte er sich dort am Geländer fest? "Was ist los, Tiger?" Irgendwie sah er ziemlich blass um die Nase aus. "Das Looping.....der Maiskolben." Und dann hörte ich auch schon ein Würgen. Nee, oder? Ich strich Marvin sanft über den Rücken.  "Boah, ist das peinlich." Mit knalllrotem Kopf richtete er sich wieder auf. "Weiß ja keiner außer uns.", zwinkerte ich ihm zu, als wir zurück zu den Kindern liefen. "Und Mama, wie war es?", Leo kam auf mich zugestürzt "Fährst du gleich nochmal?" Ich schüttelte den Kopf "Das nächste Mal fahre ich mit dir." Marvin schaute mich erleichtert an und unsere ganze Truppe setzte sich wieder in Bewegung.

Ein Schuss und Treffer im Freundschaftsspiel ✔Teil 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt