Was war das? Mein Wecker! Stöhnend setzte ich mich auf und schaltete erst einmal den Lärm aus. Ein Blick auf das Display sagte mir, dass es 8.30 Uhr war. Mein Nacken zog. Ich rieb mir über die Muskeln und massierte sie leicht, ehe ich mich streckte und wieder in meine Highheels schlüpfte, die vor dem Sofa standen. Manno, ich war noch hundemüde. Egal, wenn ich erst einmal zwei Tassen Kaffee intus hatte, würde es schon wieder gehen. Vielleicht sollte ich ihn intravenös spritzen, damit er schneller wirkte oder gleich pur schlucken und nur mit Wasser nachspülen, dachte ich grinsend als ich mich auf den Weg in die Küche machte. Schnell setzte ich dort die Kaffeemaschine in Betrieb. Als die erste warmdampfende Flüssigkeit den Weg in meinen Mund gefunden hatte, schloss ich kurz und genießerisch die Augen und atmete einmal tief durch. Dann klopfte ich mit meinen beiden Händen auf die Arbeitsplatte "Auf geht's und jetzt wird ein mega Kuchen gebacken.", motivierte ich mich selbst, ehe ich die Tür des Vorratsschranks öffnete, um mir die Zutaten zusammen zu suchen. Ich griff mir die Milch, die mir gleich als erstes in die Hände fiel. Die würde ich garantiert brauchen. Bestimmt hatte ich noch eine Fertigbackmischung da. Das war dann zwar nicht genial, aber besser als gar nichts. Und schneller ging es auch. Schließlich musste der Kuchen ja fertig sein, wenn Leo um 9.30 Uhr aufstand. Am Wochenende stand sie ja nie früher auf. Wenn ich mich also mit dem Backen beeilte, hatte ich etwas mehr Zeit den Kuchen hübsch zu dekorieren. Ja, das war doch eine Maßnahme. Bestimmt würde sich Leo freuen. Als Geschenk sollte ich mir unbedingt noch etwas einfallen lassen. Ich könnte, wenn der Kuchen im Ofen war, noch schnell einen Shopping Gutschein selbst basteln. Genau, so würde ich es machen. Roman hatte garantiert wieder irgendwelchen überteuerten Elektroschrott gekauft. Wie oft hatte ich ihn schon angezählt, dass es nicht darum ging möglichst teure Geschenke zu machen. Aber ich war auch selbst Schuld. Wenn ich mich um die Geschenke kümmern würde, wäre das anders. Ich schüttelte meinen Kopf. Nein, wäre es nicht. Er würde den Kram trotzdem kaufen. Da ließ er sich nicht von abbringen. Aber vielleicht bekämen meine Kinder dann auch etwas, was ihnen gefiel. Ich hatte schon zu Weihnachten mitbekommen, dass Leo sich überhaupt nicht über das Smatphone gefreut hatte. Mist, den Gutschein, den ich ihr zu Weihnachten geschenkt hatte, hatten wir auch noch nicht eingelöst. Ich schlug mit meiner Hand gegen die Schranktür. So konnte das nicht weitergehen. Ich musste mich mit Erik und Kathie zusammensetzen. Ich brauchte wenigstens einen freien Tag in der nächsten Woche. Und dann würde ich mir Leo schnappen und einen Mutter-Tochter-Tag machen. Zufrieden mit der Entscheidung kramte ich weiter im Vorratsschrank. Ganz hinten entdeckte ich die Backmischung und griff sie heraus. Zitronenkuchen. Den mochte Leo recht gerne. Ich grinste, alles war gerettet. Mein Blick fiel zum Mindesthaltbarkeitsdatum. What the fuck? Der war schon 2024 abgelaufen. Naja, es hieß ja Mindeshaltbarkeitsdatum. Also waren die Sachen auch länger haltbar. Aber zehn Jahre? Resigniert öffnete ich den Mülleimer und ließ die Packung hinein plumpsen. Ich machte mir noch schnell eine Tasse Kaffee. Okay, dann dauert es halt länger und ich rührte selbst einen Teig an. Wäre doch gelacht, wenn ich das nicht noch rechtzeitig schaffte. Ich lief also schnell zwischen Kühl- und Vorratsschrank hin und her und suchte mir alle Zutaten zusammen. Ein Blick sagte mir, dass nur noch das Mehl und der Zucker fehlte, als sich die Tür öffnete. "Was machst du denn hier, mei Sunneschii?" Roman schaute mich schockiert an. "Wann bist du denn schon aufgestanden? Ich habe das gar nicht mitbekommen." Nee,klar. Konnte er ja auch nicht. Kurzzeitig machte sich ein schlechtes Gewissen in mir breit. "Was machst du denn da?" Er schaute neugierig über meine Schulter. "Ich backe noch schnell einen Geburtstagskuchen für Leo. Oder hast du vielleicht einen besorgt?" Selbst in meinen Ohren hörte ich den mitschwingenden Vorwurf. Okay, so finster wie mich mein Mann anstarrte, war ihm das wohl auch nicht entgangen. Ich kramte also zur Ablenkung nach dem Zucker und Mehl. Gab es hier eigentlich auch etwas anderes als Marshmallows? "Wo ist der Zucker und das Mehl?" Roman schaute mich empört an. "Willst du Leo vergiften?" Er zog eine Packung hervor und drückte sie mir in die Hand. Ich schaute darauf. "Stevia ?!" Was sollte ich damit? "Natürlich. Haushaltszucker schadet ihrer Leistung genau wie das Weißmehl." Das meinte er doch nicht ernst. "Okay, dann wirst du ja wohl einen Gesundheitsgeburtstagskuchen für unsere Tochter besorgt haben." Ich schaute ihn leicht sauer an. Man konnte es ja auch übertreiben. "Wieso ich?" Er schüttelte den Kopf. "Außerdem gibt es keinen Kuchen. Es gibt nachher einen Proteinriegel und -shake." Das konnte ich nicht glauben. "Du, weil du den ganzen Tag mit deinem Hintern nur zu Hause sitzt und das Geld aus dem Fenster wirfst und deshalb Zeit gehabt hättest einen Spezialkuchen zu besorgen.", platzte es aus mir heraus. "Zum Geburtstag Proteinriegel. Ich glaube ja wohl ich spinne. Nee, falsch. Ich glaube, du spinnst." Meine Stimme überschlug sich fast. Man, warum hatte ich nur so wenig geschlafen? Roman schaute mich von oben bis unten an, ehe er seinen Kopf schüttelte und sich umdrehte. An der Tür schaute er mich noch einmal an."Ich gehe jetzt mit Leo eine Stunde laufen. Und wenn wir zurück sind, hast du dich hoffentlich wieder im Griff und bist normal. Denke bitte daran, meine Eltern sind zu Besuch. Was sollen sie denn denken. Außerdem sollst du hier nicht immer mit deinen Absatzschuhen rumlaufen. Die zerkratzen die Fliesen." Was hatte er gerade gesagt? Ich spürte wie es in mir zu brodeln begann, als die Küchentür hinter ihm ins Schloss fiel. Wütend griff ich nach dem Milchtetrapack und feuerte es an die Tür, wo es gegen klaschte und dann auf den Boden fiel. Was ein Arschloch. Manchmal fragte ich mich echt, wo der Mann geblieben war, in den ich mich mal verliebt hatte. Egal, das war jetzt nicht wichtig. Viel wichtiger war, dass meine Tochter Geburtstag hatte und das der toll wurde. Und dazu gehörte definitiv ein Kuchen. Vom Laufen konnte ich Roman jetzt sowieso nicht abhalten, aber dann verschaffte es mir wenigstens Zeit. Backen fiel aus. Aber ich würde einfach zum Bäcker starten und wenn ich mich beeilte, würde ich auch noch ein Geschenk besorgen können. Wenigstens einen Gutschein. Ich lief schnell in die Garderobe und schlüpfte in meine Jacke, ehe ich mir meine Tasche und Autoschlüssel griff. Ja, und einen Blumenstrauß brauchte ich auch noch für meine Maus.
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Ein Schuss und Treffer im Freundschaftsspiel ✔Teil 6
RomanceJasmin ist seit über 15 Jahren eigentlich glücklich verheiratet. Aber eben nur eigentlich. Und auch mit den drei Kindern läuft nicht alles wie es sollte. Dazu kommt noch jede Menge Arbeit in ihrer Agentur. Trotzdem ist ja doch alles ziemlich bequem...