Ich gab den letzten Rest der Pipette ins Mäulchen und begann dann den kleinen Bauch von Duchesse leicht zu massieren. Nachdenklich schaute ich auf die Kleine. Sie machte mir irgendwie Sorgen. Zwar behielt sie ihre Milch immer im Magen und wuchs auch genauso wie die kleinen anderen Racker, aber irgendwie sonderte sie sich immer von ihren Geschwistern ab. Während die anderen vier über und aneinander gekuschelt schliefen, lag sie am Rand des Körbchens alleine. Heute Abend würde ich einfach mal bei Kathrin auf Ibiza anrufen. Sie war für mich die beste Ansprechpartnerin als Tierärztin, wenn es um Streuner oder Findelkinder ging. Irgendwie hatte uns Wuffs Rettungsaktion zu so etwas wie Freunden gemacht. "Also irgendwie habt ihr echt einen Knall euch fünf Katzen anzuschaffen." Franzi saß kopfschüttelnd neben mir auf dem Sofa. "Wir haben sie uns nicht angeschafft, sondern unsere Hunde haben sie gefunden und damit haben sich die Katzen uns als Familie ausgesucht." Meine Freundin fing an zu lachen "Die Kleinen hatten doch gar keine Wahl. Ihr habt sie euch einfach gekrallt. Ich bin echt gespannt, wann die nächste Armada an Meerschweinchen einzieht. Oder werden es Kaninchen oder Goldfische? Ihr habt in eurem Zoo bald mehr Tiere als wir Kinder in unserem Flohzirkus. Und du genießt das richtig." Sie zwinkerte mir zu "Weißt du wie schön ich das finde, dass du dir endlich das erfüllst, was du dir früher immer gewünscht hast?" Ja, als wir in der Grundschule waren, habe ich Franzi immer davon vorgeschwärmt, dass ich später einmal einen ganzen Zoo haben wollte. "Naja, hat halt etwas gedauert." Ich hatte Tiere schon immer geliebt. "Ja, weil du an den falschen Mann geraten bist. Aber das hast du ja jetzt korrigiert. Roman würde bei dem Zoo total freidrehen. Ich habe gerade letztens wieder so eine Reportage in so einem Klatschmagazin im Fernsehn gesehen. Er lässt ja keinen roten Teppich mehr aus. Wann ist denn eigentlich endlich der Scheidungstermin?" Irgendwie hatte sie recht mit dem falschen Mann und irgendwie auch nicht, denn ich hatte ihm immerhin meine drei Kinder zu verdanken. Und die würde ich auf gar keinen Fall missen wollen. Bei den ganzen Tieren würde er definitiv durchdrehen. Da hatte Franzi recht. Sie könnten ja die Designermöbel beschmutzen oder beschädigen und Krankheiten übertragen. Da brauchten wir ja glücklicherweise keine Rücksicht mehr drauf nehmen. Unsere einfachen Alltagsmöbel dagegen vertrugen durchaus auch eine Katzenkralle . "Ich muss nächste Woche mit Leo und Dani zum Gericht, weil der Richter sich ein Bild von den Wünschen der Kinder betreffs des Sorgerechts machen will, weil ich doch für beide das alleinige Sorgerecht beantragt habe." Vor dem Termin hatte ich echt Muffensausen. Franzi schaute mich nachdenklich an "Ist Dani dafür nicht eigentlich noch zu jung?" "Eigentlich schon, aber das Gespräch findet zusammen mit Leo statt, hat mich mein Anwalt beruhigt. Und die Richterin ist wohl eine sehr einfühlsame, die sehr gut mit Kindern umgehen kann." Trotzdem war ich ziemlich nervös, wenn ich daran dachte. So ein Gespräch war ja für einen vierjährigen bestimmt beängstigend. "Ach, das wird schon. Und wenn Leo bei ist sowieso.", Franzi strich mir beruhigend über den Arm. "Soll ich mitkommen und dich unterstützen? " Ich schüttelte den Kopf und musste schlucken. Es berührte mich schon mächtig, dass meine Freundin immer für mich da war, wenn ich sie brauchte. "Ich schaffe das schon alleine." Sie zuckte mit den Schultern "Wie du meinst. Aber wenn du es dir noch überlegst, sage einfach Bescheid." Ich würde es mir nicht überlegen. Das war etwas, was ich alleine schaffen musste, damit ich damit endgültig abschließen konnte. Da kam mir wieder etwas in den Kopf "War Delphie denn auch wieder in der Reportage zu sehen?" Franzi stöhnte kurz auf "Natürlich hat er das Kind auch mitgeschleppt. Schön verkleidet in einem garantiert irrsinnig teuren Tüllkleid. Sie am einen Arm und die Halbnacktschnecke, die sich ja jetzt schon etwas länger hält, an seinem anderen Arm." Sie fing an zu lachen "Sah ein bisschen aus wie der Papi, der mit seinen Töchtern ausgeht. Ich hätte echt nicht gedacht, dass der mal zu einem Sugar-Daddy wird. Marshmallow-Daddy ja, aber Sugar nie im Leben." Das war auch eine Sache, die ich nicht glauben konnte. So kleinkariert wie er bei Leo und Max reagiert hatte, obwohl,das durchaus altersangemessen war. Was wohl der Vater seiner Tussi dazu sagte? "Und wie läuft es so bei Marv und dir?" Franzi grinste mich augenbrauenwackelnd an. "Da läuft gar nichts.", stöhnte ich frustriert. Im Moment wurde ich aus meinem besten Freund wirklich nicht mehr schlau. Seit seiner Scheidung war er immer super gelaunt, aber irgendwie war es als wäre gleichzeitig damit ein Graben zwischen uns entstanden. "Und das nervt dich ganz schön." Immer noch grinste diese dumme Pute, die sich meine beste Freundin nannte. "Dann hat es bei dir ja endlich klick gemacht." Ich fuhr mir mit meinen Händen durch mein Gesicht "Man ja, hat es. Bist du jetzt zufrieden?" Sie nickte "Joa, bin ich. Aber wo liegt dann das Problem?" Ja, wo lag jetzt genau das Problem? Vielleicht darin, dass Marvin keinerlei Annäherungsversuche machte, sondern sie eher abblockte? Oder darin, dass er sich so äußerte, dass keinerlei Zweifel daran aufkamen, dass er nicht das geringste amouröse Interesse an mir hatte? Ich musste daran denken wie schockiert er reagiert hatte als ich ihm beim Kratzbaumaufbau zu nahe gekommen war. "Marvin sieht mich halt nur als beste Freundin. Ich bin ganz tief in der Friendzone.", maulte ich. "Du meinst in der Friendzone, in die du euch verbannt hast." Ja, danke. Das musste sie mir nicht unbedingt auf's Brot schmieren. "Also ich kann das gar nicht glauben. Er hat dich die ganze Zeit auf Ibiza so verliebt angesehen. Er hat sogar dafür gesorgt, dass ihr das Haus hier zusammen behalten könnt. Wann soll sich das denn bitte geändert haben?" Meine Freundin schaute mich ungläubig an "Seit seiner Scheidung.", platzte es aus mir heraus "Seitdem hat er zwar immer super Laune, aber wir verbringen kaum Zeit miteinander und letztens war er total schockiert als ich ihm zu nahe gekommen bin." Franzi tippste mit ihrem Finger ans Kinn und schaute mich nachdenklich an "Vielleicht hat er sich nur erschrocken, weil er das so nicht von dir gewohnt ist. Und was ist, wenn er auch darauf wartet, dass du geschieden bist. Jetzt wo es absehbar ist, will er vielleicht, dass du wirklich frei bist. Soll Marco mal mit ihm sprechen oder Nik?" Ich schlug meine Hände vor mein Gesicht "Um Gottes Willen, nein." Das fehlte ja gerade noch. Dann würde es ja noch peinlicher. "Hallo, Ladys.", ertönte hinter uns die Stimme genau des Kerls, von dem wir gerade gesprochen hatten. Ich spürte wie mir die Hitze in die Wangen schoss. Hoffentlich hatte er nichts von unserem Gespräch mitbekommen. Wo kam der überhaupt her? Und wieso schlich er wie ein Indianer auf dem Kriegspfad durch die Gegend? Und wieso starrte er mich so an? "Na, alles fit im Schritt?" Das hatte Franzi ihn nicht wirklich gerade gefragt. Konnte ich eigentlich noch roter anlaufen? "Ähm...naja...ähm also denke schon.", stotterte Marvin "Ich bin dann mal wieder bei Andi im Büro." So schnell wie er gekommen war, war er auch wieder verschwunden. "Also ich finde, er ist wie immer.", grinste Franzi zufrieden. "Aber apropos Andi. Das mit dem Unfall und Romans Beule im Auto hat mir irgendwie keine Ruhe gelassen. Ich habe auch Marco dazu noch einmal befragt. Der wusste aber auch nicht, was da passiert war. Habt ihr nicht noch die alten Unterlagen? " Ich hatte das in der ganzen Aufregung mit dem Haus und meiner Grippe total vergessen. "Hast du noch Zeit? Ich habe da eine Idee, wo die sein könnten." Wenn Roman wirklich für den Tod von vier Menschen verantwortlich gewesen sein sollte, dann sollte er auch dafür geradestehen. Auch wenn sich alles in mir bei dem Gedanken zusammenzog. Andererseits vielleicht fanden wir ja auch Beweise für das Gegenteil und ich konnte beruhigt weiterleben. "Für so etwas habe ich immer Zeit, Sherlock. Also wo müssen wir hin?" Franzi war bereits aufgesprungen. "Na dann ab in den Keller, Watson."
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Ein Schuss und Treffer im Freundschaftsspiel ✔Teil 6
RomansJasmin ist seit über 15 Jahren eigentlich glücklich verheiratet. Aber eben nur eigentlich. Und auch mit den drei Kindern läuft nicht alles wie es sollte. Dazu kommt noch jede Menge Arbeit in ihrer Agentur. Trotzdem ist ja doch alles ziemlich bequem...