Kapitel 87

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Wir hielten vor einer hübschen Finca. "Da schau, Mama." Leo deutete mit ihrem Finger auf ein Schild. "Na dann haben wir den Tierarzt wohl gefunden." Ehe ich mich versah, war meine Tochter schon mit dem Hund auf dem Arm aus dem Auto gesprungen. Sie drehte sich zu uns um " Hopphopp, worauf wartet ihr. Wuff muss schnell versorgt werden." Und schon setzte sie sich in Bewegung "Na dann Hopphopp.", stupste ich Marvin an, der nur brummte. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er seit uns der kleine Streuner gefolgt war, schlechte Laune hatte. Vielleicht mochte er ja keine Hunde. Obwohl das konnte ich mir eigentlich nicht vorstellen. "Wo bleibt ihr denn?" Leo stand an der Eingangstür und tippste ungeduldig mit dem Fuss. Während wir zu ihr liefen glitt mein Blick über den Zaun auf den hinteren Teil des Grundstücks. Dort sah ich mehrer Zwinger. Alles sah hübsch sauber und ordentlich aus. "Hola.", begrüßte uns auf einmal eine Frau, die aus einem der Zwinger kam. Sie kam zu uns an  den Zaun und ihr folgte schwanzwedelnd ein lustig aussehender Mischling. "Qué puedo hacer por ustedes?" "Ähm, sprechen Sie auch deutsch?" Leo schien wirklich ungeduldig zu sein. "Ja, klar? Wäre ja blöd, wenn nicht als Deutsche.", lachte die Frau herzlich "Hallo, ich bin Kathrin. Was kann ich für euch tun?" Ihr Blick ging zu Leo "Sagt nichts, ich sehe schon den kleinen Kerl, der euch um seine Pfote gewickelt hat. Kommt rein." Sie öffnete die Gartenpforte und deutete uns an ihr zu folgen.  An meiner Hand spürte ich plötzlich etwas kaltes Nasses. Ich schaute hinunter und wurde von großen Hundeaugen angestarrt, ehe etwas neben mir auf den Boden fiel und ein fröhliches Kläffen ertönte. "Pedro, jetzt nicht." Die Tierärztin schüttelte grinsend den Kopf und schaute zu dem Mischlung, der ihr vorhin gefolgt war. "Er kann unermüdlich Bälle apportieren." Ich griff den Ball und schleuderte ihn weg. Sofort staubte der kleine los. "Kommt schnell rein, sonst hatte er gleich sein perfektes Opfer ausgemacht." Schnell schlüpften wir hinter ihr ins Haus und folgten ihr. "Wartet mal noch kurz im Wartezimmer. Ich bereite schnell alles für unseren kleinen Freund vor." Sie zeigte uns den Weg und wir setzten uns auf die bequemen Korbsessel dort.  Leo hatte immer noch das kleine Wollknäuel im Arm, das sich eingekuschelt hatte. Ich schaute mir die Plakate über irgendwelche Tiernahrung und -pflegemittel an, die an der Wand hingen, ehe mein Blick an einem Tischchen in der Ecke hängen blieb. Die Zeitschrift darauf zog meinen Blick magisch an. Das war doch.....ich schüttelte meinen Kopf und schaute noch einmal auf die Zeitschrift. Leo sprang auf und griff danach. Das war nicht gut. Ich musste sie ihr sofort abnehmen.  "Das...das ist doch Pa....ähm der Arsch." Mist, sie hatte das Titelbild auch entdeckt. "Seit wann hat der denn die Haare gefärbt? Das sieht ja total albern aus." Ehe ich ihr das Käseblatt abnehmen konnte, fing sie auch schon mit einer Hand an zu blättern. "Das glaube ich nicht." Leo starrte die weiteren Fotos der Story an "Der hat 'ne Homestory in seiner neuen Bude gemacht." "Zeige mal." Vielleicht konnte ich ihr das Mistding ja so abluchsen, bevor sie alles mitbekam. Ich musste wieder an die Fotos mit seiner jungen Freundin denken und war mir nicht sicher, ob das so gut war, wenn sie das mitbekam.  Das Bild ihres Vaters war schon beschädigt genug und ich bezweifelte, dass das zu einer Verbesserung führen würde. Leo hielt die Zeitschrift festgekrallt und machte nicht einmal ansatzweise den Eindruck, dass sie sie mir überlassen würde. So wie es aussah, war sie schon fleißig am Lesen. Ich beugte mich zu ihr hinüber, vielleicht konnte ich dann ja wenigstens alles so hindrehen, dass es positiver rüberkam. "Was da steht, kann man doch sowieso alles nicht glauben. Diese Schmierfinken denken sich das meiste doch aus.", startete ich schon einmal einen Versuch. "Boah, ich fasse es nicht. Den seine Trulla ist ja gerade einmal drei Jahre älter als ich und hat die Schule für ihn geschmissen.", kam aber schon der empörte Aufschrei "Das haben die sich garantiert nicht aus den Fingern gesaugt. Der Arsch ist ja so ekelig. Igittigitt." Leo schüttelte sich angewidert. Was sollte ich denn machen. Im Großen und Ganzen musste ich ihr ja recht geben, aber trotzdem war er immer noch ihr Vater und würde das auch immer bleiben. "Ein Glück, dass wir den los sind.", prustete sie erleichtert. Ich kramte in meinem Kopf nach den passenden Worten. Mir wollten aber irgendwie keine einfallen. Ich schaute zu Marvin, der sich scheinbar nicht dazu äußern wollte. Naja, das konnte ich auch irgendwie verstehen. Ehrlich gesagt fand ich es gut, dass er nicht noch Öl ins Feuer goss. "So, kommt ihr dann?" Die Tierärztin hatte die Tür zum Behandlungszimmer geöffnet. Leo ließ die Zeitung zurück auf den Tisch plumpsen und stürzte los. Vielleicht vergaß sie den Mist ja in dem Trubel um den Hund.  "So, dann setze den Kerl mal auf den Behandlungstisch. Wo habt ihr den denn gefunden?" Meine Tochter fing sofort aufgeregt von ihrer Rettungsaktion zu erzählen an und natürlich auch davon wie intelligent der kleine Kerl war, der jetzt ganz ruhig auf dem Tisch saß und alles total gechillt über sich ergehen ließ. Scheinbar merkte er wohl, dass es zu seinem besten war. Oder es lag an den Schmuseeinheiten, die er ganz nebenbei noch von Leo bekam. "Also, der Kerl..", begann die Tierärztin "Wuff heißt er.", korrigierte meine Tochter sie sofort. "Also Wuff.", begann sie erneut und schaute Leo grinsend an "ist auf den ersten Blick ein ziemlich fittes Kerlchen, vorbehaltlich der Blutergebnisse. So wie es aber bis jetzt aussieht braucht er nur eine größere Pflegeaktion und ein paar Impfungen. Ich würde ihn auf vier Monate schätzen. Aber fragt mich nicht, was da alles mit drin ist. Also Pudel auf alle Fälle, aber sonst keine Ahnung. Ich schätze er wird mal mittelgroß. Wann reist ihr denn wieder ab?" Ihr Blick ging zu Marvin und mir. "In drei Tagen.", sprudelte es aus Leo heraus.  "Drei Tage.", sie klopfte sich nachdenklich ans Kinn "Das schaffen wir nicht. Aber...." Plötzlich riss sie ihren Kopf hoch "Ihr wollt den Kleinen doch mitnehmen." Mist, dass lief hier gerade in eine ganz falsche Richtung. "Also, eigentlich....", setzte ich an. Wie sollte ich der Tierärztin erklären, dass wir ihn nicht im geringsten mitnehmen wollten. Sie sollte ihn doch nur untersuchen und dann dafür sorgen, dass er in gute Hände kam. "Bitte, bitte Mama.", begann meine Tochter zu betteln. "Also eigentlich.", startete ich von neuem. "Wollten wir ihn hier abgeben, damit er versorgt ist und nicht mitnehmen." Ohoh, Leo fixierte mich mit zusammmengekniffenen Augen und die Tierärztin schaute enttäuscht. "Achso." Sie wandte sich dem Welpen zu "Das tut mir wirklich leid für dich." Sie strich ihm liebevoll über den Kopf. "Du bist so ein süßer und lieber Kerl. Aber dann muss ich dich wohl in einer Station abgeben." Hatte sie Station gesagt?  Sofort hatte ich überfüllte Tierauffangstationen vor Augen, wie man sie immer in irgendwelchen Fernsehberichten sah. Und hatte ich da nicht einmal etwas gehört, dass die Tiere dort nach einer gewissen Zeit einfach eingeschläfert wurden, wenn sich niemand für sie fand. Ich schaute zu dem kleinen Welpen, der mich mit seinen traurigen braunen Augen anschaute und musste schlucken. Auf gar keinen Fall wollte ich dafür verantwortlich sein, dass man diesen kleinen Süßen tötete. Da könnte ich mich ja nie wieder in einem Spiegel betrachten, ganz zu schweigen davon, was die Kinder von mir denken würden. "Bitte,bitte, bitte, Mama." fing Leo wieder an zu betteln und schaute mich genauso an wie der Welpe. "Ich kümmere mich auch um ihn und gehe immer mit ihm Gassi. Ihr braucht euch um gar nichts zu kümmern." Ihr Bettelblick wanderte zu Marvin. Ich schaute ihn fragend an. Was hielt er davon, den Kerl zu adoptieren. Seinen Blick konnte ich nur schwer deuten. "Komm, wir lassen deine Eltern mal kurz alleine, damit sie sich das in Ruhe überlegen können und gehen den Kleinen in der Zeit hübsch machen." Die Tierärztin schnappte sich den Welpen und zog Leo mit sich aus dem Zimmer. Die Tür fiel ins Schloss. "So, und was machen wir jetzt?" Ich schaute Marvin verzweifelt an. Er zuckte mit den Schultern."Du hast dich doch eigentlich schon entschieden, Mausi" Da hatte er nicht ganz unrecht. Eigentlich wollte ich nur noch seinen Segen, schließlich wohnten wir ja zusammen. "Ich will auf keinen Fall dafür verantwortlich sein, dass der Kleine in so eine Auffangstation kommt und dann eingeschläfert wird." Er nickte "Das ist mir klar. Außerdem würden uns das die Kinder nie verzeihen. Hast du vorhin mitbekommen, wie Leo sogar bei ihm wieder einen Ball mit ihrer Hand werfen konnte? Also irgendwie ist er ja dann so etwas wie ein Therapiehund, Tiger." Marvin hob seine Hand "Mausi, du musst mich echt nicht überzeugen. Ich liebe Hunde. Aber...." "Was aber.", unterbrach ich ihn. Dann gab es doch kein aber, wenn er Hunde liebte? "Aber wir haben ein Riesenproblem" Jetzt verstand ich gar nichts mehr. "Problem?", fragte ich also völlig irritiert. Wieder zuckte er mit den Schultern "Ja, ich wollte euch alle mit einem Hund überraschen. Du weißt schon so einen Goldie wie sich Leo immer gewünscht hat. Und naja.." er fuhr sich mit der Hand durch die Haare "Den können wir nächste Woche beim Züchter abholen. Da komme ich auch garantiert nicht mehr raus." Er hatte uns wirklich überraschen wollen, ich konnte es noch gar nicht fassen. "Ich weiß, ich hätte erst mit dir darüber reden sollen, aber..." ich unterbrach ihn lachend, ehe ich ihn umarmte "Nichts aber und nichts Riesenproblem. Ich würde eher sagen wir haben dann halt zwei kleine süße pelzige neue Familienmitglieder und absolut glückliche Kinder." Marvin schaute mich überrascht an "Bist du überhaupt nicht sauer?" Ich schüttelte meinen Kopf "Nö, nicht im geringsten. Aber der zweite Hund bleibt noch unser Geheimnis und wird trotzdem noch eine Überraschung." Ein Klopfen an der Tür ertönte, bevor sie aufflog "Tada, sieht Wuff nicht hübsch aus, wenn er so sauber ist?" Leo streckte mir das noch nasse Fellknäuel entgegen. "Und habt ihr euch entschieden?" Die Tierärztin war hinter meiner Tochter aufgetaucht. Ich nickte. Leo schaute mich sofort wieder bettelnd an. "Wann kann er nach Deutschland?" Bei dem Jubelschrei, den meine Tochter losließ, musste man sich fast die Ohren zu halten. "Hast du gehört Wuff, du kommst mit zu uns." Der kleine Welpe wedelte freudig mit dem Schwanz und gab ein paar kleine Wufftöne von sich. "Na, da hast du dir ja die richtige Familie ausgesucht, die du adoptierst. Hunde suchen sich nämlich immer ihre Herrchen und Frauchen aus und nicht umgekehrt.", lachte die Tierärztin und streichelte unseren Hund. Wie sich das anhörte. Unser Hund. Ich schaute zu Marvin, der auch grinste und mir zuzwinkerte.

Ein Schuss und Treffer im Freundschaftsspiel ✔Teil 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt