Kapitel 47

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Erschöpft streckte ich mich auf dem Bett aus. Boah, tat das gut. Ich spürte jeden einzelnen meiner Muskel. Ich sollte unbedinngt ein bisschen Sport treiben. Für eine Frau in meinem Alter war das wirklich nicht akzeptabel so außer Form zu sein. "Na, Mausi soll ich dir noch ein Entspannungsbad einlassen oder dich lieber massieren? So viel körperliche Arbeit bist du ja nicht gewohnt. Und wir wollen doch nicht, dass du morgen mit einem Rollator zum Termin musst." Marvin kam in seinem Schlafanzug grinsend ins Schlafzimmer marschiert. Seine Haare waren vom Duschen noch nass und in seinen Händen hatte er eine Flasche Wein und Gläser. Alleine bei dem Gedanken meinen Körper noch einmal an einen anderen Ort zu bewegen, signalisierten meine Muskeln schon im voraus ihr Missfallen. Klar, wäre so ein warmes Bad gut, aber die Erdanziehungskraft hier im Bett war gerade gigantisch. "Massage.", grinste ich also kurz entschlossen und überzeugte meine Muskeln mit Aussicht auf diese Wohltat noch einmal alle Kraft zusammenzunehmen und mich auf den Bauch zu drehen. Mein Gesicht kuschelte sich auf das Kopfkissen. Ich hörte, wie neben mir auf dem Nachttisch die Gläser und die Flasche abgestellt wurden. Kurze Zeit später spürte ich auch schon warme Hände durch mein Schlafshirt hindurch, die meine Schultern kneteten. Man, tat das gut. Ich konnte ein zufriedenes Stöhnen nicht unterdrücken. Früher hatte Roman mich immer nach einem langen Bürotag so massiert. Das war aber auch schon unendlich lange her. Warum hatten wir eigentlich nie bemerkt wie sich der Alltag in unsere Ehe geschlichen und alles irgendwie zerstört hatte? Klar trug ich eine große Mitschuld durch meine viele Arbeit, aber hätte er nicht einfach mal mich wachrütteln können? Oder war ihm das alles vielleicht gar nicht mehr wichtig gewesen und er hatte deshalb nichts gesagt. Hatte er unsere Ehe schon innerlich abgehakt gehabt und war nur zu bequem gewesen einen Schlussstrich zu ziehen? Bei dem Gedanken erschauderte ich innerlich. "Und Mausi, ist das gut so?" Marvin riss mich aus meinen Gedanken und arbeitete sich mit seinen Händen weiter den Rücken hinunter vor "Perfekt.", lobte ich ihn. Die Massage war wirklich genial. "Wir sind mit der Renovierung aber wirklich richtig gut voran gekommen.", wechselte ich das Thema. Am Samstag hatten wir bis zum Nachmittag alles an Möbel und Farben zusammengekauft gehabt. Dani hatte sich wieder im Kinderland vergnügt. Wenn es nach ihm ginge, würde er wohl am liebsten jeden Tag zu IKEA. Klar, da waren immer Kinder, mit denen er spielen konnte "Du, mir ist da gerade so eine Idee gekommen." Marvin unterbrach kurz die Massage und schaute mich an "Muss ich jetzt Angst bekommen?" Ich schüttelte den Kopf "Nee, aber Dani fühlt sich doch im Kinderland mit den anderen Kindern immer so wohl und da habe ich mich gefragt, ob er sich nicht in einem Kindergarten auch wohl fühlen würde. Da hätte er auch andere Kinder zum Spielen und viel mehr Input als hier." Ich erinnerte mich immer noch gerne an meine Kindergartenzeit zurück und die strengste Erzieherin war mir immer noch gut in Erinnerung, wie ich sie zur Weißglut gebracht hatte als ich mir beim Anstehen an der Rutsche in meine Hosen gemacht und dann beim Rutschen alles breitgedrückt hatte. Man, war die sauer gewesen. Die Frau war total unzugänglich für mein Argument gewesen, dass ich mich neu hätte anstellen müssen, wenn ich zur Toilette gegangen wäre. Mir fielen auch die Laternenumzüge und Ausflüge ein. Das war echt eine schöne Zeit. "Ehrlich gesagt habe ich mich schon die ganze Zeit gefragt, warum er da nicht hingeht.", kam die prompte Antwort von meinem besten Freund.  "Naja, Roman wollte das nicht, weil unsere Kinder nie in den Kindergarten gegangen sind. Aber bei Leo und Delphie war das ja auch ganz anders. Da hatten wir ja unsere Freundekita." Marvin schaute mich verwundert an "Freundekita?" Ich nickte "Naja, bei Leo waren da ja noch Max, Phil, Tessa, Maja und Sascha. Und bei Delphie waren es dann die Drillinge und Rosa. Wir hatten also immer eine kleine Kitagruppe." Ich machte dabei Anführungszeichen mit meinen Fingern in die Luft. "Und mindestens einer von uns Eltern hat sie dann immer beaufsichtigt oder sich mit ihnen beschäftigt." Am Anfang bei Leo hatte ich mir einen Tag in der Woche dafür freigenommen. Das hatte mir immer Spaß gemacht, aber irgendwann hatte Roman das dann übernommen. Wieder einmal spürte ich so ein blödes Gefühl. Man, was hatte ich nur alles versäumt. "Dani hat jetzt aber gar keinen in seinem Alter zum Spielen." Er musste sich doch langweilen. Kein Wunder, dass er so an Ella klebte. Sie war ihm vom Alter her ja noch am nächsten. Aber wenn sie erst hier zur Schule ging, würde sie auch ihre eigenen Freunde haben. Eigentlich hatte sie die ja schon mit Stella, Luna und Rosa. "Also ich finde die Idee mit der Kita richtig gut. Schau, doch mal morgen was sich hier in der Gegend so bietet." Ja, das würde ich machen. "Aber anderes Thema. Ich sehe morgen dann zu, dass ich mit Marco und Leon die Möbel zusammengebaut bekomme. War echt klasse, dass die uns gestern und heute so geholfen haben." Ja, auf meine Freunde war echt Verlass. Ich hatte Franzi am Samstag nachdem wir zurück waren angerufen und sie waren sofort sogar noch mit Verstärkung hier angetrabt, um uns zu helfen. Deshalb waren wir ja auch so gut vorangekommen. Alleine hätten wir es niemals geschafft alle alten Möbel auseinander zu bauen und alle Zimmer zu streichen."Dann kann Leo auch wieder in ihr Zimmer und Mika und Ella blockieren nicht ihr Bett." Da wir uns entschieden hatten auch die anderen Gästezimmer noch gleich mit umzugestalten, musste ja alle irgendwie untergebracht werden "Ach ich glaube Franzi freut sich, dass Max und Leo auch mal wieder bei ihnen übernachten. Sie hat sich letztens schon bei mir beschwert, dass sie ihren Sohn kaum noch sieht." Ja, seit sie sich nicht mehr verstecken mussten, wichen sich Leo und Max kaum noch von der Seite. Marvin beendete seine Massage. Ich drehte mich wieder auf meinen Rücken. Fühlte sich echt besser an. Mein bester Freund goss Wein in die Gläser auf meinem Nachttisch und reichte mir eins, ehe er auf die andere Bettseite ging und sich dort ausstreckte. Ja, Marvin musste wegen der Renovierung auch in meinem Bett übernachten. Ehrlich gesagt fand ich es schön nicht alleine dort zu liegen und abends vor dem Einschlafen noch jemanden zu haben, mit dem man sich austauschen konnte. Das war auch etwas, was es bei Roman und mir seit ewigen Zeiten nicht mehr gegeben hatte. Entweder war ich erst spät ins Bett gekommen und er hatte schon geschlafen oder umgekehrt. Ich nahm noch einen letzten Schluck Wein und stellte das leere Glas zurück auf den Nachttisch. "Dann lasse uns mal schlafen, morgen wird wieder ein anstrengender Tag." Marvin schaltete das Licht aus und ich kuschelte mich an ihn, so wie wir das schon früher immer gemacht hatten. Gerade als ich meine Augen schloss, hörte ich im Flur leises Tapsen und dann das Öffnen der Schlafzimmertür. Im Dunklen konnte ich Danis Umrisse sehen. Er hatte sein Kopfkissen unter dem Arm und sein Deckbett am Zipfel über die Schulter und zog es hinter sich her. Im nächsten Moment krabbelte er am Fussende ins Bett und schob sich zwischen Marvin, der sofort etwas Platz machte, und mich. Der Zwerg kuschelte sich mit seinen kalten Füßchen an mich. Dann spürte ich Marvins Arm, der sich über uns beide legte und an meiner Taille ruhte. Ich schaute zu ihm und er zwinkerte mir zu, während Dani schon wieder zu schlafen schien. Roman wäre sofort aufgesprungen und hätte ihn zurück in sein Zimmer gescheucht. Wie oft hatte der Kleine dann mit mir im Gästezimmer übernachtet. Ich musste grinsen. So fühlte sich das irgendwie viel besser an. Zufrieden und glücklich schloss ich meine Augen und glitt in eine schillernde Traumwelt.

Ein Schuss und Treffer im Freundschaftsspiel ✔Teil 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt