Ich griff das Besteck aus der Schublade und begann den Tisch zu decken. " Mmh, das duftet schon richtig lecker. Was gibt es denn?" Leo lief zum Herd und hob den Topfdeckel an und schmulte, ehe ich überhaupt antworten konnte. "Yummi. Ich liebe Bolo." Zufrieden rührte sie in dem Topf, während ich noch die Teller aus dem Schrank holte. "Und wie war heute dein Training?" Ich war schon ziemlich neugierig, ob das mit dem Umschulen von Torwart auf Verteidiger wirklich klappte oder ob es doch wieder Probleme gab, die Leo blockierten. "Für das erste Mal ist es echt super gelaufen. Klar muss ich mehr an der Ausdauer arbeiten. Das habe ich ja total schleifen lassen in der letzten Zeit. Und es ist auch mehr zu laufen, aber das gefällt mir besser als so blöd rumzustehen und zu warten bis einer kommt. Irgendwie ist man da viel aktiver unterwegs und kann auch mal eingreifen. Marco hat schon gesagt, dass ich wenn ich so weitermache, garantiert das übernächste Spiel voll durchspielen kann. Beim nächsten soll ich erst einmal nur eine Halbzeit spielen." So enthusiastisch wie sie erzählt hatte und der Schmollmund, weil sie nur verkürzt spielen durfte....ich atmete erleichtert auf. Leo war wieder voll von ihrem Hobby infiziert. "Und wie läuft es in der Schule?", wechselte ich das Thema "Alles supi, null Problemo. Ich habe schon einmal überlegt, was ich nächstes Jahr wohl für Leistungskurse nehme. Was hälst du von Englisch und Mathe? Die kann man doch eigentlich immer gebrauchen, oder?" Ich nickte. Klar das waren mit die beiden wichtigsten Fächer. Vor zwei Jahren hätte ich das allerdings nicht für möglich gehalten. Ich musste daran denken, wie Leos Versetzung gefährdet war. Also da gefiel mir das wirklich besser. "Es kommt ja auch darauf an, was du nach dem Abitur machen willst. Frage doch mal Max, was er dazu meint." Leo fischte einen Spaghetti aus dem Topf "Die sind soweit." Sie griff die Topflappen und goss das Nudelwasser ab. "Naja, ich will auf alle Fälle studieren, so wie er. Und am liebsten auch in Münster oder höchstens irgendwo in Dortmund oder Bochum. Also ich will auf keinen Fall weg." Das war mir schon fast klar gewesen "Trotzdem solltest du dir überlegen, was du wirklich willst und nicht nur nach Studienort entscheiden.", gab ich zu bedenken und schaute meine Tochter an, die die große Schüssel mit den Nudeln auf den Tisch stellte. "Naja, am liebsten würde ich etwas Designmäßiges zusammen mit Wirtschaft machen, damit ich auch sowas wie Franzi machen kann.", kam es ganz kleinlaut von ihr und sie schaute mich an als hätte sie ein schlechtes Gewissen. Ja klar, sie wollte mich nicht enttäuschen wegen der Agentur, ging mir ein Licht auf "Das hört sich doch super an. Und Maus, damit das klar ist, du suchst dir das aus, was du machen möchtest, egal ob es da die Agentur gibt oder nicht." Es war Leo regelrecht anzusehen, wie sie aufatmete und zu strahlen anfing. "Außerdem laufen ja hier noch mehr potentielle Nachfolger herum.", zwinkerte ich ihr zu "Aber nur eine, die für meine schicke Garderobe sorgen kann. Wann geht es überhaupt bei Max los?" Sofort verschwand Leos Strahlen wieder und sie schate mich mürrisch an "In zwei Wochen. Marco und Franzi haben ihm jetzt sogar eine Wohnung in Münster eingerichtet. Dann wird er da bestimmt bald ganz bleiben und gar nicht pendeln. Dann kann er sich auch viel besser mit den ganzen Studentinnen treffen." Ohoh, da war aber jemand schon eifersüchtig, bevor es überhaupt einen Grund dafür gab. Ich stellte schnell die Schüssel mit der Sauce auf dem Tisch ab und legte meiner Tochter meinen Arm um die Schulter "Maus, Max hat nur Augen für dich. Da brauchst du überhaupt keine Angst haben." "Aber..." "Nichts aber.", unterbrach ich sie sofort. "Er hat sich doch extra Münster ausgesucht, damit er pendeln kann. Wegen dir. Schon vergessen?" Sie nickte nachdenklich "Aber die Wohnung?" Ich musste grinsen, denn Franzi hatte mir ja bereits davon erzählt "Die Wohnung haben seine Eltern für ihn dort eingerichtet, damit er dort mal übernachten kann, wenn es zum Beispiel zu spät wird oder im Winter glatt ist. Und damit du in den Ferien bei ihm wohnen kannst und er dann gar nicht pendeln muss." "Echt jetzt?" Leo schaute mich ganz überrascht an "Und du hast dann auch nichts dagegen? Also in den Ferien?" Ich schüttelte meinen Kopf. "Wieviel Tage sind das nochmal?" Sie stürtzt zu dem Kalender an der Wand. "Essen ist fertig.", rief ich ins Wohnzimmer. Keine Minute später saßen auch schon fast alle am Tisch. "Mausi, hier sind gerade zwei Einschreiben für dich gekommen und für dich auch eins, Leo." Marvin kam durch die Küchentür und wedelte mit drei Umschlägen in seiner Hand. Wieso bekamen wir drei Einschreiben? Neugierig griff ich nach meinen Umschlägen und öffnete ihn. Alls ich den Kopf vom Amtsgericht sah, beschleunigte sich mein Puls und ich zog das Blatt schnell heraus und faltete es auseinander. Das war der Scheidungstermin. In knapp drei Monaten war es endlich soweit. Erleichtert atmete ich auf. Dann hatte das ganze endlich ein Ende. Ich schaute zu Leo, die auch aufmerksam ihr Schreiben las und öffnete den zweiten Umschlag. "Ich muss in einem Monat zu einem Gespräch mit dem Richter, wegen des Sorgerechts." Leo schaute mich mit aufgerissenen Augen an. Sie war ziemlich blass um die Nase geworden. "Kommst du da mit?", fragte sie unsicher. "Dani muss da auch hin." Ich stopfte die Vorladung wieder in den Umschlag. Das gefiel mir überhaupt nicht. Der Zwerg war doch noch viel zu jung dafür. Das musste ich ganz schnell mit meinem Anwalt besprechen. "Klar komme ich mit, aber ich denke, dass du das Gespräch alleine führen musst, weil er wissen will, was wirklich dein Wunsch ist, ohne dass dich jemand beeinflusst." Leos Blick wurde entschlossen "Ich werde dem schon klar machen, dass ich auf keinen Fall zu dem Arsch will." "Leo.", ich schaute sie verwarnend an und dann zu Dani, der glücklicherweise damit beschäftigt war den ersten Spaghetti in seinen Mund zu ziehen. Ob Delphie wohl auch zu so einem Gespräch musste? Eigentlich war sie ja noch viel zu jung dafür. Aber da ich das geteilte Sorgerecht für sie beantragt hatte, war das wahrscheinlich gar nicht nötig. Ich wollte auf alle Fälle noch Einfluss auf alle Entscheidungen haben, die sie betrafen,. Auch wenn sie in der Schweiz bei Roman wohnte. Den Gesprächen mit Karin entnahm ich, dass es ihr gut ging. Auch wenn ich leise Zweifel bei meiner Schwiegermutter heraushörte. Besonders wenn es um Romans neueste Flamme ging. Ja, schon vom Alter her war sie wohl nicht gerade als Mutterersatz prädestiniert. Aber ihre Privatschule und das Ballett machten sie scheinbar glücklich. Jedenfalls behauptete das meine Schwiegermutter. Ein eigenes Bild konnte ich mir ja nicht machen, denn wenn ich versuchte sie selbst anzurufen, drückte sie mich immer weg. Das war ein echtes Scheißgefühl. Trotzdem musste ich mir etwas einfallen lassen, um den Kontakt zu ihr wieder aufzubauen. "Was haltet ihr davon, wenn wir zu Weihnachten wieder in die Schweiz fahren?" Alle Köpfe schossen hoch und Marvin schaute mich erstaunt an. Ja gut, das war jetzt vielleicht eine überraschende Idee. "Auja, Skifahren mit Leo." Dani riss seine Ärmchen in die Luft und verteilte einige Spaghetti dabei auf seinem Kopf. "Darf Max dann auch mit?" Leo schaute eher noch zurückhaltend "Klar, dann lernt er auch mal Skifahren.", lachte ich. "Nee, das habe ich ihm am Valentinstag schon in Bottrop in der Skihalle beigebracht.", grinste meine Tochter. Wieso wusste ich das nicht? Weil der Valentinstag noch vor dem ganzen Drama lag und sie sich noch verstecken mussten. Na, damit war ja glücklicherweise Schluss. Ich schaute zu den anderen drei Familienmitgliedern "Und was haltet ihr davon?" Marvin schaute auch zu seinen Kindern, die grinsend nickten. "Aber diesmal nehmen wir uns ein Chalet und nicht so ein dämliches Hotel. Da kann dann auch Wuff mit." Klar, da hatte ich ja gar nicht daran gedacht. Unser Familienzuwachs kam ja bald. Ob der als spanischer Hund Spaß am Schnee hatte? "Den müssen wir dann aber farbig markieren. Sonst sieht man den im Schnee ja gar nicht." Und schon wurde lautstark über Möglichkeiten dafür diskutiert. Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück und schaute zu Marvin, der mich anlächelte und mir zuzwinkerte. Er wusste genau, warum ich in die Schweiz wollte. Es tat so gut, wenn man sich auch ohne Worte verstand.
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Ein Schuss und Treffer im Freundschaftsspiel ✔Teil 6
RomanceJasmin ist seit über 15 Jahren eigentlich glücklich verheiratet. Aber eben nur eigentlich. Und auch mit den drei Kindern läuft nicht alles wie es sollte. Dazu kommt noch jede Menge Arbeit in ihrer Agentur. Trotzdem ist ja doch alles ziemlich bequem...