Kapitel 63

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•Mia•

~Der Tag danach~

Ich hatte Leon bei seiner Oma abgeholt und war nun auf dem Weg zu Amelie. Ich konnte Angela kaum in die Augen sehen und hielt den Besuch eher kurz. Als ich dann endlich bei Amelie angekommen war, nahm ich Leon aus dem Kindersitz und lief die Stufen hoch zu Amelies Wohnung. Da klingelte ich etwas ungeduldig und hörte schon Bailey hinter der Tür bellen. „Bist du auf der Flucht?" fragte Amelie mich, als sie die Tür öffnete. Doch als sie in mein Gesicht sah, verstummte sie sofort. „Hi." Murmelte ich und ging an ihr vorbei, dicht gefolgt von ihrem Hund. Ich setzte Leon auf den Boden und streichelte Bailey über den Kopf. Dann richtete ich mich wieder auf und drehte mich zu Amelie die mir ebenso gefolgt war. Amelie wollte gerade etwas sagen, da sprach ich es einfach aus. „Ich hab Wincent betrogen!" sagte ich und begann auf der Stelle zu weinen. „Was?!" entfuhr es Amelie, welche mich nach diesen Worten anstarrte. „Ich habe Wincent betrogen." Wiederholte ich schluchzend und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. „Du verarscht mich oder?!" sagte Amelie und starrte mich immer noch an. „Seh ich etwa so aus?!" sagte ich etwas lauter und starrte die Rothaarige an. Leon erschreckte sich durch meine Lautstärke und begann zu weinen. Ich ging zu ihm und hob ihn hoch. „Tut mir leid, Schatz. Alles gut." Sagte ich leise und versuchte ihn zu beruhigen.

„Du erzählst mir jetzt was passiert ist!" forderte mich Amelie auf, nachdem Leon sich wieder beruhigt hatte. Ich erzählte Amelie die komplette Geschichte, was vor zwei Tagen passiert ist. Dass die Stalkerin unschuldig war und danach zwischen Wincent und mir ein heftiger Streit ausgebrochen war, bei dem er mir und ich ihm die Schuld gab an Emilias Entführung. „Und dann bist du einfach raus und hast dir nen anderen Typen geschnappt?!" schleuderte mir Amelie entgegen. Sie war sauer und das zu Recht. „Nein..." murmelte ich und erzählte ihr von Julian und woher ich ihn kannte. „Ich fühlte mich in diesem Moment so geborgen. Nach all dieser Zeit, in der Wincent so kalt und distanziert war, tat die Nähe einfach gut." Sagte ich leise. „Und dann hüpfst du mit dem einfach in die Kiste?" sagte Amelie und sah mich an. Ich begann wieder zu weinen und strich über mein Gesicht. „Ich hab meine Ehe zerstört. Wincent wird mir das nie verzeihen." Nuschelte ich. „Wahrscheinlich nicht. Mia das ist ein harter Vertrauensbruch." Hörte ich Amelies Worte und da begann ich einfach noch mehr zu weinen. Was ich getan hatte war unverzeihlich. Ich hatte Wincent mit einem anderen Kerl betrogen und nun quälte mich mein schlechtes Gewissen. Amelies Worte waren hart, aber sie hatte recht. Es war ein Vertrauensbruch und zwar einer, den man so schnell nicht verzeihen konnte. Wenn man ihn denn verzeihen konnte. Und ich wusste, das Betrügen für Wincent ein Trennungsgrund war. Und in unserem Fall würde es also auch die Scheidung bedeuten. Ich konnte mich kaum erholen und irgendwann begann Amelie mich dann zu trösten. Wir redeten und versuchten für diese ganze Scheisse eine Lösung zu finden, aber das war einfach unmöglich.

„Und was hast du nun vor?" fragte mich dann Amelie, nach dem ich mich wieder beruhigt hatte. Ich sah sie einen Moment an und dann sah ich zu Leon der auf ihrem Schoss sass und sich gegen sie gelehnt hatte. „Ich fahr nach München." Sagte ich dann einfach. „Was? Das sind 6 Stunden Fahrt von hier." Sagte Amelie und sah mich ungläubig an. „Ich weiss. Aber ich muss zu Wincent. Ich muss es ihm sagen! Vielleicht kann ich so noch etwas retten." Sagte ich und stand auf. „Und was ist mit Leon?" sah Amelie zu meinem Sohn, der gerade dabei war einzuschlafen. „Der schläft gleich. Dann geb ich einfach Gas damit ich schneller da bin. Dann schläft er vielleicht die halbe Strecke." Antwortete ich ihr und nahm die Wickeltasche und prüfte mal nach ob ich eventuell genügend Windeln bis nach München dabeihatte. „Mia spinnst du?!" hörte ich dann Amelie, die aufgestanden war. Sie legte Leon aufs Sofa und Sicherte ihn mit Kissen vom Runterfallen. „Was soll ich denn tun? Leon hier lassen?" fragte ich Amelie, die mich einfach nur ansah. „Amelie ich muss zu Wincent! Ich dreh sonst durch!" murmelte ich. Amelie gab sich dann geschlagen und während ich noch kurz in den nächsten EDEKA rannte um Leon etwas zu Essen für unterwegs zu holen, schaute Amelie auf meinen Sohn. „Fahr vorsichtig! Bitte Mia. Und wenn du länger brauchst. Das macht nichts! Schreib mir, wenn du in München bist!" sagte Amelie und sah mich besorgt an. „Ja mach ich." Nickte ich leicht und wandte meinen Blick von meiner Freundin ab. Sie zog mich dann in ihre Arme und drückte mich an sich.

Natürlich schaffte ich es nicht in 6 Stunden nach München. Leon musste gefüttert und gewickelt werden. Dann war er quengelig, weil er so lange im Kindersitz sein musste und brauchte ne Pause. Nach 8 Stunden fuhr ich dann endlich in München ein. Es war nun 22 Uhr und ich hoffte wirklich, dass die Jungs noch im Studio waren. Aber eigentlich müssten sie, denn nachts war ja ihre Zeit und da waren so am produktivsten. Leon schlief schon wieder und als ich auf dem Parkplatz beim Gebäude parkte. Und da überkam auch mich eine kleine Erschöpfung und ich blieb einfach kurz sitzen. Ich sah dann auf mein Handy, doch ich hatte von Wincent keine Antwort gekriegt, auf meine Frage ob er im Studio war. Er hatte sie noch nicht mal gelesen. Ich hatte ihm diese Nachricht vor 45 Minuten geschickt, als ich nochmal ne kurze Pinkelpause eingelegt hatte, weil meine Blase Alarm schlug. Ich sah mir selbst dann kurz durch den Rückspiegel in die Augen, doch wandte meinen Blick schnell ab. Ich schämte mich dafür, dass ich Wincent betrogen hatte und bereute es so sehr. Leon schlief noch immer tief und fest, doch leider musste ich den kleinen Mann nun einfach aus dem Kindersitz nehmen. Bepackt mit Wickeltasche und schlafendem Baby überquerte ich die Strasse und sah am Gebäude hoch und erkannte Licht im Studio. Erleichterung und Angst machten sich sofort in mir breit, ich würde also gleich vor Wincent stehen und ihm sagen müssen, was ich getan hatte. Ich ging zum Eingang und drückte die Klingel.

Ein verwunderter Kevin stand dann oben an der Tür als ich aus dem Aufzug kam und sah mich an. „Mia ist etwas passiert?" fragte er sofort und liess mich ins Studio. Er nahm mir die Wickeltasche von Leon ab und stellte sie auf den Tisch. „Nein... Also ja... Also..." stotterte ich und Kevin musterte mich. „Gabs Neuigkeiten wegen Emilia?!" fragte er sofort. Doch ich schüttelte den Kopf. „Was dann? Warum bist du hier?" hakte er nach. „Ich hab Scheisse gebaut. Ich muss zu Wincent. Wo ist er?" fragte ich und liess Kevin stehen und ging schnurstracks in den Aufnahmeraum wo die beiden immer arbeiteten. Aber da fand ich nur Fabi, welcher mich genauso überrascht begrüsste wie Kevin davor. „Wincent ist nicht da." Sagte Kevin. „Wo ist er?" fragte ich und zog mein Handy hervor. Fabi nahm mir in der Zwischenzeit den schlafenden Leon ab und legte ihn neben sich aufs Sofa, während Fabi an seinem Handy hing. „Keine Ahnung. Er meinte, dass er kurz ins Fitnessstudio geht und dann noch bei EDEKA vorbeifährt."  Antwortete mir Kevin und sah mich an. „Mist." Murmelte ich leise. „Mia was ist los?!" fragte Kevin dann nochmal und nahm mir mein Handy weg. Ich schloss meine Augen und atmete Geräuschvoll aus, ehe ich wieder zu Kevin sah. „Bitte gib mir mein Handy. Ich muss jetzt Wincent anrufen. Bitte!" sagte ich zu Wincents Produzenten. Dieser warf einen Blick zu Fabi, der dann zu mir sah um wieder zu Kevin zu schauen und mit den Schultern zu zucken. Langsam kriegte ich mein Handy zurück und sofort wählte ich Wincents Nummer. Ich liess es klingeln und es dauerte einen Moment, bis ich Wincents Stimme hörte. „Mia ich bin im Studio. Ich kann jetzt nicht." Sagte er und verwirrt sah ich zu Kevin. „In welchem Studio bist du denn? Denn ich steh gerade in München im Studio bei Kevin. Aber du bist nicht hier." Sagte ich. „Fitnessstudio!" sagte er dann schnell und schob dann gleich die nächste Frage hinterher. „Wieso bist du hier?!", „Kannst du bitte herkommen?!" fragte ich ihn dann in schon fast flehendem Ton.

Wir beide bleibenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt