Kapitel 89

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•Mia•

~Einen Tag später~

Mir war das Ganze von gestern total peinlich. Diesen Zusammenbruch hatte ich versucht seit Wochen zu umgehen und hab alles unterdrückt, was sich angestaut hatte. Mir war klar, das Wincent täglich drauf gewartet hatte. Ich spürte es an seinen Blicken, wie er mit mir umgegangen war und mit mir geredet hatte. Gerade stand ich im Garten von Kevins Haus und genoss die warmen Sonnenstrahlen die mir aufs Gesicht schienen. Es war Ende April und die Sonne hatte bereits eine angenehme Wärme, auch wenn man noch mit Jacke oder Pulli raus musste. Ich schlang meine Arme um meinen Körper und kuschelte mich tiefer in Wincents Pulli, den ich ihm geklaut hatte und sah zu diesem besagten Haus, welches mir Wincent gestern gezeigt hatte. Ich wachte aus meinen Gedanken auf, als ich zwei starke Arme spürte, die sich von hinten um meine Mitte schlangen. „Hier bist du ja." Sagte Wincent leise, kuschelte sich an meinen Rücken und hauchte mir einen sanften Kuss in den Nacken, während er sein Gesicht an meinem Hals vergrub. Sofort strich ich sanft über seine Arme und genoss seine Nähe. „Schicker Pulli." Sagte er, gefolgt von einem leisen Lachen. „Danke, meine Lieblingsteile." Lächelte ich etwas und drehte mich in seinen Armen zu ihm um. „Ist alles okei bei dir?" fragte mich Wincent dann und strich mir sanft über die Wange. „Ja. Alles gut." Nickte ich leicht und schloss meine Augen, während seiner Berührung. „Wirklich?" hakte Wincent nach. Ich seufzte leise und sah ihn dann an. „Mir ist diese ganze Situation von gestern einfach total peinlich." Sagte ich leise und vergrub mein Gesicht an seiner Brust und zog seinen Duft in mich ein. Dieser Kerl roch einfach so gut! „Muss dir doch nicht peinlich sein. Kevin und Lisi verstehen das. Es ist alles gut Mia. Ich bin einfach froh, war jemand bei dir, als es passiert ist." Sagte Wincent und hob meinen Kopf an. Ich nickte nur leicht, dennoch hatte ich das Bedürfnis, mich bei den beiden zu entschuldigen. Gerade machten sie sowieso viel für uns. Wir durften bei ihnen wohnen in dieser Woche. Sie kümmerten sich um unsere Kinder, obwohl das gar nicht nötig gewesen wäre. Aber Emilia und Louis waren sowieso ein Herz und eine Seele, jetzt schon. Und Leon hing an Lisi und vergötterte sie richtig.

„Manchmal hab ich ein richtig schlechtes Gewissen." Hörte ich auf einmal Wincents Worte, nach dem wir einfach einen Moment da standen und er mich in den Armen gehalten hatte. „Warum?" sagte ich und sah ihn an. „Naja... Du musstest so viel durch machen. Bist ziemlich tief gefallen und immer wieder aufgestanden. Hast gekämpft und weiter gemacht. Und das alles nur wegen mir und meinem Promistatus." Sagte Wincent und beim letzten Wort verzog er das Gesicht. „Wincent ich wusste von Anfang an worauf ich mich eingelassen habe." Sagte ich und lächelte ihn leicht an. „Und ausserdem sind wir immer zusammen gefallen und wieder aufgestanden. Wir sind ein Team. Das weisst du doch." Lächelte ich ihn an. Wincent lächelte mich ebenso an und sah mir in die Augen. „Dennoch such ich ab und an die Mia, für die alles so einfach schien. Die Mia, die alles positiv gesehen hat und vor Lebensfreude nur so gesprüht hat. Ich hab irgendwie doch das Gefühl, dass ich dir diesen Teil genommen hab. Halt wegen meinem Beruf und meinem chaotischen Leben." Sagte Wincent leise. „Hör auf. Ohne diese Erfahrungen, wären wir nun nicht da wo wir jetzt sind. Wir sind verheiratet und haben zwei wahnsinnig tolle Kinder. Ich liebe dich so wie du bist, ob mit oder ohne chaotischem Leben. Ich mag es in diesem Leben ab und an für bisschen Ordnung zu sorgen. Auch wenn es nur zu Hause ist. Ich würde das alles für nichts in der Welt wieder hergeben, Wincent." Sagte ich und da lächelte mich Wincent sanft an. „Ich liebe dich, Mia." Sagte er leise und legte seine Lippen dann auf meine und küsste mich sanft.

„Wir könnten heute Nachmittag das Haus anschauen." Sagte Wincent dann vorsichtig. „Okei." Sagte ich leise, löste mich aus seinen Armen und sah wieder übers Feld zum Haus. „Du möchtest nicht oder?" fragte Wincent und stellte sich neben mich. „Ich bin mir einfach so unsicher. Es ist einfach am anderen Ende von Deutschland." Sagte ich leise. „Ja, das stimmt schon. Aber wir können doch immer wieder in Norden fahren. Von mir aus können wir auch fliegen, wenn dir ne Autofahrt zu lange dauert. Aber ich habe einfach das Gefühl, dass wir einfach weit weg von da müssen. Einen Neuanfang starten. Ich meine die Kinder, haben da oben eigentlich noch keine Freunde gefunden. Hier hätten sie schon mal Louis und wir könnten uns hier auch für ne Kita umsehen und dann gehen sie hier in den Kindergarten und zur Schule. Es wäre doch das perfekte Timing. Ich will die Kleinen nicht irgendwann aus ihrem Leben im Norden reissen wenn sie schon älter sind." Sagte Wincent und sah in die Ferne. Er hatte ja irgendwie recht. Trotzdem hatte ich noch nie weg vom Norden gelebt. „Wann ist die Besichtigung?" fragte ich dann und da sah Wincent wieder zu mir. „14 Uhr." Sagte er und ich nickte wieder. „Gut. Nehmen wir die Kinder mit?" fragte ich meinen Mann, der nur mit den Schultern zuckte. „Willst du?" stellte er mir die Gegenfrage und sah mich an. „Ich wär dafür, dass wir alleine gehen. Aber ich weiss nicht ob wir Lisi und Kevin drum bitten können, ob sie auf unsere Kinder schauen." Sagte ich schulterzuckend. „Klar können wir. Die Frage ist, ob sie ja sagen." Lachte Wincent und schlang seine Arme um mich.

Nachdem wir unsere Zweisamkeit genossen hatten, gingen Wincent und ich wieder rein, wo wir sofort von unseren Kindern in Beschlag genommen wurde. Wir spielten eine Weile mit den beiden, bis sie wieder das Interesse an uns verloren hatten und vor dem Fernseher sassen. Noch immer hatte ich das Gefühl, mich bei Kevin und Lisi entschuldigen zu müssen, deshalb machte ich mich auf den Weg zu den beiden. „Darf ich kurz stören?" fragte ich, als sie gerade in der Küche standen. „Klar." Lächelten sie mich an. „Was gibt's?" fragte Kevin. „Ich wollte mich für gestern entschuldigen. Es ist mir total unangenehm was passiert ist. Es tut mir leid." Sagte ich leise und während ich redete, spürte ich Wincent der sich hinter mich gestellt hatte und eine Hand auf meiner Schulter ablegte. „Du musst dich doch dafür nicht entschuldigen." Kam Lisi sofort auf mich zu und nahm mich in die Arme. „Das ist doch völlig okei. Lieber hier, als sonst irgendwo." Sagte dann auch Kevin und kam näher. „Danke." Sagte Wincent dann, als ich nicht antworten konnte. „Wirklich kein Problem." Sagte Lisi leise und drückte mich fest an sich. Ich räusperte mich und straffte meine Schultern. „Danke." Konnte ich dann doch auch noch sagen und lächelte die beiden kurz an. „Wir hätten da aber nun noch schnell eine Frage. Würdet ihr heute Nachmittag auf unsere Mäuse aufpassen, während wir das Haus anschauen?" fragte Wincent und da begannen Lisi und Kevin sofort zu strahlen. „Nichts lieber als das!" sagte die beiden sofort.

Vielleicht war es doch eine gute Idee, dieses Haus anzuschauen. Und vielleicht war es richtig, irgendwann vom Norden wegzuziehen und etwas Neues zu sehen. Es musste einfach nur mit den richtigen Menschen passieren und die hatte ich an meiner Seite. Ich hatte meine Kinder und den besten Ehemann den man sich wünschen konnte. Ein Neuanfang würde uns vielleicht wirklich gut tun und Wincent hatte ja nicht mal unrecht. Noch hatten die Kinder kein richtiges verwurzeltes Leben aufgebaut. Noch keine Kontakte geknüpft oder Freunde gefunden. Die Familie wäre halt einfach nicht mehr in nur 10 Minuten zu erreichen, aber das würden wir sicher irgendwie schaffen, sie dennoch oft zu sehen. Es kribbelte dann doch etwas im Bauch, als Wincent gegen 14 Uhr zu mir kam und mich fragte ob ich bereit wäre um uns das Haus anzusehen. Ich lächelte ihn leicht an und machte mich mit ihm auf den Weg zum Besichtigungstermin unseres, möglicherweise zukünftigen zu Hauses.

Wir beide bleibenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt