Kapitel 71

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•Wincent•

„Wincent, da ist Emilia!!!!!!" hörte ich die Worte von Mia und da lief sie auch schon los. Ich war völlig überfordert mit der Situation, folgte Mia aber automatisch. Sie schrie und hatte ein ziemliches Tempo drauf. Immer wieder rief sie nach Emilia, die Leute sahen uns schon komisch an, aber das war mir egal, denn mittlerweile hatte ich Mias Ziel entdeckt. „Mia!!!" rief ich ihr hinterher und versuchte sie einzuholen. „Meine Tochter!!! Das ist meine Tochter!!! Geben sie mir meine Tochter zurück!!!" schrie meine Frau und mittlerweile hatte sich auch die Zielperson mit dem Kind umgedreht. Sie hob das Kind schützend auf die Arme und drehte sich weg und wollte gehen. Doch Mia hatte die fremde Frau schon eingeholt und zerrte nun an ihr. „Mia!!!" rief ich wieder und wollte meine Frau zu mir ziehen. „Nein lass mich!! Sie hat Emilia!!" schrie mich meine Frau an. „Was soll das?!" schrie nun auch die andere Frau und die Leute um uns herum sahen uns erschrocken an. „MIA!!! DAS IST NICHT EMILIA!!!" wurde dann auch ich laut und damit hatte ich Mia dann endlich. Dennoch riss sie immer noch an der Frau, welche uns schockiert ansah und ein panisch weinendes Mädchen auf den Armen hatte. „Es tut mir leid. Bitte entschuldigen sie. Unsere Tochter wurde entführt und die Kleine sieht genau wie Emilia aus." Sagte ich hastig und schlang nun meine Arme von hinten um Mia und brachte sie mit leichter Gewalt dazu die Frau los zulassen. „Hör auf!!!" sagte ich bestimmt und war wirklich etwas grob zu meiner Frau die so in ihrer Panik war und gar nicht mitkriegte was genau passiert war. „Emilia..." sagte Mia dann und liess die Frau endlich los. „Es ist nicht Emilia!!" sagte ich wieder und dieser Satz schmerzte mir, auch wenn man es mir vielleicht nicht anhörte.

Ich riss meine Frau von den Leuten weg und zog sie in eine Seitenstrasse, wo sie einen kompletten Zusammenbruch erlitt. Ich konnte sie kaum auf den Beinen halten. Immer wieder knickte sie ein und ich hatte alle Mühe mich selbst auf den Beinen zu halten. Mia hatte einen regelrechten Heulkrampf und hielt sich an mir fest. Ich schloss meine Arme noch mehr um sie und drückte ihren Kopf mit einer Hand gegen mich und meine Lippen presste ich gegen ihre Stirn. Ich schloss meine Augen und da überrumpelten auch mich die Gefühle und ich weinte einfach. Ich konnte uns irgendwann nicht mehr halten und gemeinsam mit Mia sank ich auf einer trockenen Stelle zu Boden. „Hier sind sie..." hörte ich dann eine weibliche Stimme und als ich meinen Kopf anhob, war es die Frau mit dem Kind und der Polizei. „Hören sie zu, es tut uns leid! Wir wollten das nicht." Sagte ich sofort, doch die Frau hatte sich schnell wieder eingekriegt und sagte mir, dass sie uns nur helfen wollte. Ich nickte nur und hielt Mia weiterhin fest. „Müssen sie in ein Krankenhaus?" kam dann ein Polizist zu uns und ich schüttelte den Kopf. „Nein. Wir brauchen nur einen Moment." Antwortete ich. „Okei." Nickte der Polizist und sie baten die wenigen Schaulustigen weiterzugehen, während sie uns abschirmten. Ich entschuldigte mich nochmal bei der Frau, die zwar noch etwas erschrocken wirkte, aber dann verständlich reagierte. Dann widmete ich mich wieder Mia, die sich noch immer an mich geklammert hatte und sich kaum beruhigen konnte. Ich legte dann meinen Kopf an ihren und begann leise etwas zu ihr zu sagen. Ich redete ihr gut zu. Versuchte sie irgendwie zu stärken und zu beruhigen und irgendwann hatte sie dann aufgehört zu weinen und hatte wieder einen kontrollierten Atem. Dennoch zitterte sie am ganzen Körper und ich wollte einfach nur noch weg aus Hamburg.

Wir hatten es dann irgendwann zurück zum Auto geschafft und ich setzte Mia auf den Beifahrersitz. Sie war schlapp und einfach nur durch. Die Tüten schmiss ich achtlos auf den Rücksitz und kniete mich dann neben Mia und sah sie an. Sie antwortete mir nicht auf meine Fragen, also liess ich sie in Ruhe. Ich strich ihr nochmal sanft über den Oberschenkel und schloss dann die Beifahrertür und stieg auf der Fahrerseite ein. Dieses Erlebnis war einfach nur krass und der Weg zurück zu meiner Mum zog sich einfach wie Kaugummi. „Ich will zu Leon." Hörte ich dann die gemurmelten Worte von Mia. „Wir sind auf dem Weg dahin." Sagte ich leise und warf einen kurzen Blick zu ihr. Mia sah aus dem Fenster und bewegte sich kaum. „Wie lange noch." Murmelte sie. „Etwa 30 Minuten." Antwortete ich ihr dann und hörte ein gemurmeltes „Okei" Ich kriegte diese Szene kaum aus meinem Kopf, welche sich in Hamburg abgespielt hatte und es tat mir einfach nur unendlich weh, Mia so gesehen zu haben. Das war einfach nur Horror und langsam hatte ich die Schnauze voll von diesem ganzen Scheiss.

„Was ist denn mit euch passiert?!" fragte mich meine Mutter, als ich zusammen mit Mia ins Haus kam. Wir waren komplett fertig und Mia wollte Leon kaum mehr loslassen. Ich zog meine Mum etwas zur Seite und erzählte ihr alles, auch da konnte ich meine Tränen nicht zurückhalten und weinte einfach. Auch meine Mum begann zu weinen und nahm mich fest in den Arm. Es war die reinste Katastrophe und ich wollte einfach nur noch aus diesem Albtraum aufwachen. „Oh mein Gott, das tut mir so leid." Nuschelte meine Mama dann und strich mir die Tränen weg. „Es war so ein Horrorszenario. Alle haben uns angestarrt und es war die reinste Hölle." Sagte ich leise und richtete mich auf. Ich straffte meine Schultern und atmete tief durch. „Ich schau mal nach Mia und Leon." Sagte ich leise und ging dann zurück zu meiner kleinen Familie. Mia hatte Leon bereits wieder auf den Boden gesetzt und er schmuste gerade mit der einen Katze. Also sie liess es einfach über sich ergehen, während mein Sohn sich in ihrem Fell festgekrallt hatte und sie an sich drückte. „Hey... nicht so grob. Das tut der Katze weh." Sagte ich zu Leon und kniete mich zu ihm. Er liess die Katze los und zog sich dann an meinem Bein hoch und ich half ihm aufzustehen und hielt ihn fest. „Gib mir Leon. Kümmer dich um Mia." Hörte ich dann meine Mutter und sah zu ihr. Sie deutete in eine Richtung und ich sah dahin. Mia stand am grossen Fenster und blickte raus. Die Arme hatte sie um ihren zierlichen Körper geschlungen und hatte eine Haltung die den Beschützer in mit sofort weckte. „Danke." Sagte ich zu meiner Mum und reichte ihr Leon. Ich ging langsam auf Mia zu und blieb dann mit etwas Abstand hinter ihr stehen.

„Mia?" sagte ich leise und da wachte sie wie aus ihren Gedanken auf. Sie drehte sich zu mir und sah mich an. Seit der Frage wie lange es noch ging bis wir hier waren, fielen keine Worte mehr zwischen uns. „Es tut mir so leid!" brach es aus ihr raus und wieder begann sie zu weinen. Sie kam auf mich zu und ich bewegte mich automatisch auf sie zu und zog sie in meine Arme. „Dir muss nichts leidtun." Flüsterte ich leise und legte meine Arme fest und schützend um sie. Mia weinte einfach und ich drückte sie gegen mich und versuchte ihr irgendwie Halt zu geben. Es tat irgendwie gut sie zu umarmen. Zu lange war es her seit wir solchen Körperkontakt hatten. Deshalb genoss ich diesen Moment und sog ihn in mir auf. Zu schnell würde er zu Ende sein, sobald sich unsere Köpfe wieder einschalten würden. Nach einer Weile löste sich Mia dann tatsächlich aus meinen Armen und strich sich die letzten Tränen weg. „Geht schon wieder." Sagte sie dann und sah mich an. „Sicher?" fragte ich und musterte sie. „Ja. Danke." Sagte sie dann und ich nickte leicht. Mia ging an mir vorbei und auf direktem Weg zu meiner Mutter und Leon. Ich sah einen kurzen Moment aus dem Fenster und folgte ihr dann. Nachdem wir uns alle etwas beruhigt hatten, fuhren wir nach Hause und versuchten diesen Tag irgendwie zu verarbeiten. Dies taten Mia und ich nachdem wir Leon ins Bett gebracht hatten. Aber leider getrennt. Sie hing ihren Gedanken nach und ich meinen. Wir spürten einfach, dass noch immer etwas zwischen uns stand und das mussten wir erst mal verarbeiten.

Wir beide bleibenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt