Kapitel Hundertzweiundzwanzig

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Jungkook

Ich rannte einfach. Dabei hatte ich keine Ahnung, wohin ich gehen sollte, nachdem ich das Haus meiner Eltern verließ. Jimin lebte etwas weiter von mir weg und noch hatte ich meinen Führerschein nicht zurück, was hieß, dass ich durch diesen Regen gerade nicht laufen und zu meinem besten Freund gehen konnte. Um meinen Kopf frei zu bekommen, was ich definitiv brauchte. Ich fühlte mich schrecklich, als würde ich gleich wieder zusammen brechen, dabei hatte ich gehofft, das ganze nicht noch einmal empfinden zu müssen.

Weil ich mir so sehr gewünscht hatte, dass alles einfach gut werden würde. Taehyung und ich waren glücklich, dieser Kerl liebte mich tatsächlich, was ein Gefühl war, welches ich immernoch nicht in Worte fassen konnte, da es weiterhin so surreal und ungläubig klang. Auch mit meinem Bruder zu reden war etwas, wovor ich keine Angst haben musste da ich glaubte, ihn zu kennen. Und zu wissen, dass wir irgendwann miteinander reden und das ganze klären konnten.

Aber stattdessen schlief er mit Taehyung, täuschte ihn und mich, nur um spüren zu können, was Tae mich fühlen ließ. So eifersüchtig war er, sodass er es schaffte, mir so etwas anzutun. Weswegen ich hier weg musste. Weit weg.

Meine kleine, heile Welt war gerade zusammen gebrochen. Und ich konnte nicht einmal deuten, was ich fühlte. Ich war auf der einen Seite sauer und verletzt, auf der anderen Seite wusste ich, dass er niemals mit meinem Bruder geschlafen hätte. Er wollte treu sein. Und er liebte nur mich. Taehyung hatte keinen Grund, mich auf diese Art und Weise zu verletzen und er wusste, dass er immer mit mir hätte reden können.

Doch ich war verletzt. Nur wusste ich in diesem Moment nicht, dass ich eher verletzt war, da mein Bruder mir so etwas antun musste. Es tat unglaublich weh, da er wusste, was er getan hatte und Tae trotzdem nicht aufgehalten, sondern dazu animiert hatte, weiter zu machen, indem er sich als mich ausgab.

"Jungkook! Verdammte scheisse, was machst du hier draußen?" hörte ich es aber plötzlich von Taehyung, doch machte mir nicht die Mühe, mich zu ihm umzudrehen. Ich stand einfach vor meiner Haustür, im Regen, verschränkte meine Arme vor der Brust und starrte in die Leere. Immerhin konnte man meine Tränen nicht sehen, durch die vielen Regentropfen, welche meine Wangen herunter liefen. Ich hasste es, zu heulen. Dabei vertraute ich Tae und er hatte sich mir schon so oft geöffnet, ich hatte selbst schon in seinen Armen geheult, aber gerade fühlte ich mich so alleine.

Alles was ich spürte war Wut und Enttäuschung, nur galt diese vorallem meinem Bruder. Weil ich einfach nicht verstehen konnte, wieso er mir so etwas antun würde. Ja, es war scheisse gewesen, dass ich ihm so spät von Taehyung und mir erzählt hatte, aber der Ältere war immer ehrlich mit meinem Bruder gewesen und er wusste, dass er niemals der einzige war. Dabei machte es dann auch nur bedingt einen Unterschied, dass der Ältere mit mir gevögelt hatte. Denn Tae war stark genug gewesen, um ihm zu sagen, dass er nichts von ihm wollte, sondern von mir. Naja er hatte sicherlich nichts von mir gesagt, doch Jeongguk wusste genug.

Und er wusste auch, wie sehr ich ihn liebte, dafür musste er es nicht aus meinem Mund hören. Wir waren Zwillinge.

"Geh einfach. Das letzte was ich will, ist gerade mit dir zu reden, Taehyung" murmelte ich und drehte mich weiterhin nicht zu dem Älteren, welcher dennoch versuchte, meine Aufmerksamkeit zu bekommen. Wahrscheinlich war er nurnoch besorgter, mich im kalten Herbstregen zu sehen, ohne eine anständige Jacke, geschweige denn einen Schirm. Jedoch ließ er mich nicht alleine. Ganz im Gegenteil, er legte seine Hand vorsichtig und unglaublich liebevoll auf meine Schulter, damit er mich langsam zu sich umdrehen konnte, doch ich schlug seine Hand sofort von mir weg.

Ich fühlte mich so verdammt hilflos und durcheinander, dass ich sogar den Kerl, den ich liebte, von mir stieß. Der nur versuchte mir zu helfen aber vorallem auch über das, was passiert war, zu reden. Aber ich ließ ihm ja nicht einmal die Chance, sondern warf mich weiter in ein Loch voller Panik und Hilflosigkeit, in dem ich mich einfach nur beschissen fühlte. Womöglich war ich kurz vor einem Nervenzusammenbruch, was zum Teil meine eigene Schuld war, denn Taehyung versuchte sogar mir zu helfen, mich aus diesem Loch zu holen und ich war ein Arschloch.

Vielleicht stieß ich ihn heute sogar komplett von mir. Und ganz vielleicht... Wollte er mich nach dem hier niemals wieder sehen. Was ich definitiv nachvollziehen konnte. In diesem Moment hasste ich mich ja sogar selbst, weil ich so durcheinander war, dass ich nicht mehr klar denken konnte.

"Hast du nicht gehört, Taehyung? Mir ist es nicht einmal so wichtig, dass ihr beiden gefickt habt. Eigentlich war es mir so scheiss egal, ob du einmal mit ihm vögelst oder nicht weil ich wusste, dass du nur zu mir zurück kommen wirst. Was mich... So verdammt verletzt ist, dass du es nicht einmal gemerkt hast." brummte ich, doch um ehrlich zu sein wusste ich schon selbst, dass es Jeongguk sicherlich sehr einfach gefallen war, sich als mich auszugeben. Schon als Kinder hatten wir teilweise Präsentationen von dem anderen gegalten, wenn wir in dem Thema besser waren, als der andere. Und nie fanden unsere Lehrer davon heraus.

Sie beide hatten wahrscheinlich kaum geredet, Jeongguk trug einen Bucket Hat und einen Pullover und anscheinend war es nur ein wenig gefingere gewesen. Was Tae niemals getan hätte, wäre ihm früher klar geworden, dass er gerade nicht mich berührte.

"Jungkook, er ist dein Bruder, ihr habt das sicherlich schon mehr als ein Mal als Kinder gemacht und perfektioniert. Es war nicht richtig von deinem Bruder und ja, vielleicht hätte ich es merken können, aber ich... Fuck ich liebe dich, egal wie gerne ich deinen Bruder habe, ich liebe nur einen von euch. Und ich hasse mich selbst dafür, dass ich es nicht erkannt habe." hörte ich es und erkannte an seiner Stimme, wie verletzt Taehyung selbst war. Ich spielte mal wieder das Opfer und ja, das war ich auch aber Tae war es genau so. Mein Bruder hatte das ganze streng genommen ohne Taes Einverständnis gemacht.

Ich konnte mir nicht einmal vorstellen, wie er sich fühlen musste.

"Du kannst dir garnicht vorstellen, wie sehr ich an meinen, wirklich überaus starken Gefühlen zu dir gezweifelt habe, in dem Moment, als es mir bewusst wurde. Ich kenne dich, Gott Jungkook ich kenne dich und deinen Körper auswendig und ich kann mir nicht einmal selbst erklären, wieso ich es in dem Moment nicht gemerkt habe." redete er weiter und sah immer fertiger aus. Erst jetzt, als ich glaubte, mich einen Moment beruhigen zu können und kurz klar denken konnte sah ich, wie beschissen er sich tatsächlich fühlte. Weil es genau so war. Taehyung wollte mich nicht hintergehen, vorallem nicht mit meinem Bruder.

"Ich liebe dich. Und scheisse... Tut es mir leid, denn egal wie gerne ich deinen Bruder habe, ich liebe dich. Und ich will niemand anderen, außer dich ficken, auch deinen Bruder nicht. Ich will treu sein. Seitdem ich dich kenne und du mich etwas fühlen lassen hast will ich ehrlich nurnoch dich haben und niemand anderen mehr. Also kann ich dir garnicht beschreiben, wie beschissen und schuldig ich mich fühle, Jungkook" war das letzte was er sagte, doch ich war tatsächlich kurz vor einem Anfall. Ich konnte nicht einmal mehr beschreiben, was in mir passierte.

Alles drehte sich, alles war zu viel und ich schaffte es nicht mehr, das was passiert war schnell genug zu verarbeiten. Ich konnte gerade garnichts verarbeiten und Taehyung erkannte genau das, kam vorsichtig noch näher auf mich zu und legte seine Arme vorsichtig um meinen nassen Körper, um mir das Gefühl von Halt zu geben. Da ich genau das gerade brauchte.

"Ich... Kann nicht atmen, Taehyung" keuchte ich, doch wurde sofort noch enger in die Arme des Älteren gezogen, welcher mich auch erst einmal nicht loslassen würde. Er hielt mich fest bei sich und sorgte dafür, dass ich mich beruhigen und wieder atmen könnte.

"Es tut mir... So leid, Pretty"

~

Aua aua aua

Twins // 𝑇𝑎𝑒𝑘𝑜𝑜𝑘 ✓ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt