7. Eins mit Stern für herausragendes Versagen

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„Ihr seid eine Schande." Das sollte unsere Beurteilung sein? Ernsthaft, Levi, erzähl uns mal was Neues. Ruby und ich wussten, dass wir die wohl unsportlichsten Personen in dieser Welt waren. „Jan, deine Ergebnisse sind erbärmlich", erläuterte Levi kurzangebunden. Dann deutete er mit dem Stift auf uns und fuhr fort: „Und ihr zwei seid die schlechtesten Rekruten, die ich je hatte. Eure Ergebnisse sind eine einzige Blamage. Selbst, wenn ich sie mit Jan vergleiche." Na, jetzt mach mal wieder halblang. Empört sprang ich auf und deutete von uns auf Jan als ich mich echauffierte: „Hey, du kannst uns nicht mit ihm vergleichen! Er hatte drei Jahre Ausbildung und ist seitdem im Dienst. Wir hatten zwei Jahre lang kein Training und einen Crashkurs!" Ich war mir nicht sicher, ob sie wussten, was ein Crashkurs war, aber irgendetwas an meinem Ausbruch schien Levi zu der Erkenntnis kommen zu lassen, dass wir in Anbetracht unserer Lage gar nicht SO schlecht abgeschnitten hatten.

Allerdings sagte er darauf nicht mehr als: „Es ist trotzdem miserabel", drückte Erwin das Klemmbrett in die Hand und verschwand in Richtung Eingang. Ruby ließ es sich nicht nehmen, ihm noch nachzurufen: „We know!" Die Blicke, die Ruby von den Umstehenden zugeworfen bekam, ignorierte sie gekonnt. Stattdessen starrten wir zusammen Erwin an, der die Unterlagen mit unseren Ergebnissen studierte, während Hanji ihm unverfroren über die Schulter glotzte.

Unterdessen wurden wir von der Seite angesprochen. „Jan Spickner, mein Name. Freut mich euch kennenzulernen." Als wären wir eine Person wanderten unsere Köpfe von Erwin zu dem Ex-Mauersoldaten und blickten ihn unverwandt an. Was wollte der Typ denn jetzt? Da von uns nichts kam, redete unser neuer Kamerad einfach weiter: „Ich weiß, dass ihr meinen Namen kennt, aber ich wollte mich nur noch einmal persönlich vorstellen." Ich blinzelte kurz und wechselte einen Blick mit Ruby, ehe wir zeitgleich völlig desinteressiert sagten: „Nice to meet you." „Freut mich." Wir machten uns gar nicht die Mühe zu verbergen, dass wir von Jan nicht sonderlich viel hielten und so stellten wir uns auch erst gar nicht vor. Der Typ war aber auch einfach nur gruslig. Und vor allem schon unsympathisch, wenn er mit „Jan Spickner, mein Name" kommt. Wie ich solche Kerle hasse.

So wandten wir uns ohne Weiteres wieder Erwin zu, der gerade ebenfalls zu uns schaute. „Ruby, Tonia", begann der Kommandant und sicherte sich somit die Aufmerksamkeit, die er ohnehin schon hatte, „Ihr seid wieder in Levis Einheit. Ihr seid zu wertvoll." Ich wusste nicht so recht, ob ich mich jetzt freuen oder anfangen zu weinen sollte. Einerseits wären wir wieder mit unseren Freunden in einer Einheit und wir hatten eine große Überlebenschance. Andererseits würden wir so vermutlich mehr Sport machen als in einer anderen Einheit. Und ich konnte gar nicht oft genug betonen, wie sehr ich Sport hasste. Ein wahres Wunder, dass ich noch nicht wie eine Bowlingkugel aussah.

Dann sah Erwin zu Jan und fuhr fort: „Jan, du bist in Hanjis Einheit." Kurz und knackig. Und schon verschwand er wieder so schnell wie er gekommen war. Hanji stürmte sofort zu ihrem neuen Truppenmitglied und riss Jan halb den Arm ab als sie ihm die Hand schüttelte, um ihn in ihrer Einheit willkommen zu heißen.

Die restlichen Abteilungsführer hatten sich wieder verzogen und Ruby und ich wollten es ihnen gleichtun. Allerdings schafften wir es nur bis zum Eingang. Denn dort wurden wir von unseren neuen beziehungsweise alten Teamkollegen abgefangen. „Wo wollt ihr hin?", wurden wir von Sasha gefragt. Verwirrt blieben wir stehen und drehten uns zu unseren Freunden, an denen wir soeben mit einem kurzen Gruß vorbeigegangen waren. „In unser Zimmer. Wieso?", erwiderte ich und bekam bei Erens Antwort einen innerlichen Tobsuchtsanfall. „Der Hauptgefreite meinte, wir sollten warten. Er würde gleich kommen." DAS KANN DOCH NICHT SEIN VERDAMMTER ERNST SEIN?! Na, anscheinend schon, widersprach mir meine Innere Stimme, die genau so etwas natürlich schon erwartet hatte. Wie hatte ich auch vergessen können, dass unschuldige Jugendliche zu Tode zu sporteln Levis Hobby war.

Genervt stöhnend machten Ruby und ich auf dem Absatz kehrt und latschten den Weg mit unserem Team wieder zurück zum Trainingsplatz, wo wir uns wieder in die Wiese fallen ließen. Ich hatte mal ja so gar keinen Bock. Während wir warteten, wurde ich von Jean gefragt: „Sag mal, hat es geregnet oder warum bist du nass?" Ich hatte schon ganz vergessen, dass ich heute ja schon geduscht wurde. Allerdings war das etwas, das mich zurzeit eher weniger störte. Mich störte viel mehr, dass Jean sich zu mir gebeugt hatte und mir so wie der ärgste Perversling in den Ausschnitt glotzte. „Behalt deine Stielaugen bei dir!", fuhr ich die Pferdefresse an und schlug ihm so fest wie möglich in den Magen. Mit einem schmerzverzehrten „Entschuldigung" trat er einige Schritte beiseite und versuchte so etwas Abstand zu mir zu gewinnen. Gut so, Jean. Gut so.

Nach ein paar Minuten, in denen Jean einen Respektabstand hielt, kam auch Levi wieder an und schickte uns in die Aufwärmrunden, die ich mit einem leidend-genervten „Schon wieder?" kommentierte, aber sofort wegstartete als er mir erneut mit einer kalten Dusche drohte. Ich hatte in den zwei Wochen ganz vergessen, dass ich ihn so sehr hassen konnte.

Aus Jux und Tollerei begann Ruby bei der Hälfte unserer ersten Runde in einem Sprechgesang zu rufen: „Ohne meinen Teddybär!" Und ich machte den Kanon dazu: „Ohne meinen Teddybär!" „Geh ich nicht zum Militär!" „Geh ich nicht zum Militär!" Wir bekamen von unseren Teamkollegen einen ziemlich verwirrten Blick zugeworfen, doch wir stellten unseren Marsch nicht ein. „Sterben werd' ich sowieso!" „Sterben werd' ich sowieso!" „Schneller geht's mit Alkohol!" „Schneller geht's mit Alkohol!" Da wir so unsere Runden durchmachten, fielen sie dieses Mal noch kürzer aus als vorhin bei der Leistungsbeurteilung.

Und so standen wir nach drei Runden aus dem letzten Loch pfeifend bei Levi und versuchten nicht wegen Sauerstoffmangels umzukippen. Natürlich war unser Vorgesetzter nicht glücklich darüber. Allerdings verlor er kein Wort und wartete mit uns nichtrauchenden Raucherlungen auf den Rest der Meute. Stattdessen ließ er seine Missbilligung durch seine Aura strömen, die sich wie eine immer größer werdende schwarze Wolke um ihn  herum ausbreitete ... oder,zumindest kam es mir so vor.

Attack on Titan becomes reality 3 - We're back!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt