77. Der Pudel und das Pferd. Solche Idioten.

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Eineinhalb Wochen, ein weiteres, verneintes Willst du mit mir zusammen sein? von Jean an Ruby – der Junge war ganz schön hartnäckig – und ein Vormittagstraining später waren Ruby und ich etwas verspätet auf dem Weg zum Mittagessen, weil wir noch von Hanji in der Eingangshalle aufgehalten wurden. Allerdings kamen wir nicht sehr weit, da Ruby auf halbem Weg in jemand hineinrannte. Erst als Ruby mit einem dumpfen Geräusch auf ihrem Hintern aufkam, realisierte ich, dass sie nicht mehr neben mir war und drehte wieder um. Als ich bei ihr ankam und fragte, ob alles in Ordnung sein, murmelte sie ein „Ja" und hievte sich auf, bevor sie den Kerl, der ihr hineingerannt war, ankeifte: „Pass doch besser auf!" Ihr Gegenüber rappelte sich ebenfalls auf und stellte sich kurz darauf als Flocke heraus. Na, der hatte uns heute ja noch gefehlt.
„Ich soll aufpassen?! Du machst dich doch im Gang breit!", moserte der rothaarige zurück.
„Ich mache mich breit?! Junge, ich weiß ja nicht, was du dir einbildest, aber neben mir war genug Platz, um einfach vorbeizugehen! Kann ich ja nichts dafür, wenn du wie eine ganze Horde Elefanten durch den Gang trampelst und alles und jeden umrempelst", schoss meine Freundin zurück. Ich hätte mich nur zu gern eingebracht, aber Ruby stauchte so schön zusammen, dass ich mich da lieber raushielt und die Show genoss.

„Eine Horde Elefanten?! Ich ...", wollte Flocke wettern, allerdings schienen ihm die Konter auszugehen, weshalb er schließlich hochnäsig meinte: „Weißt du was? Ich habe dafür keine Zeit. Der Kommandant erwartet mich." Der rothaarige streckte seine Nase in die Höhe und ging an meiner Freundin vorbei. Die ließ das nur nicht auf sich sitzen: „Hey, wir sind noch nicht fertig, du aufgeblasener Pudel!" Ja, gib's ihm! Er hat es verdient! Sofort sprang der Trottel darauf an und drehte sich wieder um. „Wie hast du mich eben genannt?", knurrte der rothaarige und wäre er ein tollwütiger Hund, hätte er vermutlich Schaum vor dem Mund gehabt, so wie der dreinschaute.

„Einen aufgeblasenen Pudel", stellte Ruby mit einer leichten Selbstzufriedenheit fest, „Siehst ja auch ein bisschen aus wie einer mit deinem Etwas auf dem Kopf." „Ein bisschen wie der Pudel aus „Die Prinzessin und das Dorfmädchen". Findest du nicht?", warf ich nun doch ein und Ruby betrachtete Flocke überlegend, ehe sie grinsend meinte: „Schon irgendwie." „Das ist eine wirklich stylische Frisur!", schrie der rothaarige nun zurück. Ist er davon wirklich überzeugt?
Ruby konterte aufgebracht: „Das ist keine Frisur! Das, was du da auf dem Kopf hast, sieht aus wie ein toter Chinchilla!"
„Was zum Teufel ist ein Chinchilla?", kam jetzt wütend zurück.
„Ist das wichtig?!"
„JA!"
„Das ist ein Nagetier!" Wow. Ich wusste gar nicht, dass man diesen einfachen Satz mit so einer Wut sagen konnte.

„Was ist hier los?", wurde das Geschrei der beiden von Erwin unterbrochen. Sofort deutete Ruby auf Flocke und stellte lautstark klar: „Er hat mich niedergerannt!" „Gar nicht wahr! Sie stand im Weg!", erklärte Flocke ebenfalls laut und Ruby begann schon zu kontern: „Ich sagte doch, neben mir ..." Als sie jedoch meine minimierte Version von der Hör auf, sonst wird's brenzlig-Geste bemerkte, schwenkte sie zu einem freundlichen „Wir gehen dann mal Essen. Noch einen schönen Tag, Erwin" um. Erwin verabschiedete uns mit einem Nicken und während wir winkend verschwanden, sah Flocke uns nach wie ein begossener Pudel. Ha! Wir waren eben Erwins Lieblinge ... vermutlich nicht, aber er konnte uns sehr gut leiden.

Als wir schließlich doch noch bei unseren Kameraden ankamen, wurden wir natürlich sofort gefragt: „Wo wart ihr so lange?" Diese neugierige Bande. Nicht einmal hinsetzen, konnte man sich. „Wir haben Hanji getroffen und mussten dann noch einen Pudel baden", beantwortete ich die Frage und Ruby kicherte. Das Thema wurde mit einem „Ah" abgetan und das Essen wurde fortgesetzt. Mittlerweile waren solche kryptischen Antworten von uns vermutlich schon so normal, dass keiner mehr nachfragte. Als meine Schüssel zu einem dreiviertel leer war, schaute Ruby überlegend ins Leere und meinte: „Sag mal ..." Ich schluckte meinen Bissen und sah sie an. „Ja?" „Jean hatte ja mein Handy", stellte meine Freundin fest und ich erwiderte abermals fragend: „Ja?" Worauf wollte sie bitte hinaus? Ruby sah mich mit einem bedeutungsvollen Blick an und konstatierte: „Er war in unserem Zimmer." Es dauerte kurz bis die Bedeutung der Worte in mein Gehirn drangen. Aber als sie es taten, dann so richtig.

Sprachlos klappte mir der Mund auf und Ruby nickte mit diesem bedeutungsschwangeren „Mhm". „Jean", knurrte ich schnaubend und mein Kopf ruckte zu besagter Person. Auch Ruby sah nun zu Jean, der den Blick zu spüren schien und in seiner Bewegung innehielt. Sein Mund stand offen und sein Löffel schwebte in der Luft, während er zu uns schielte. So führten wir ein kurzes Blickduell, bevor Jean seinen Löffel zurück in die Schüssel fallen ließ und uns misstrauisch ansah. „Was habe ich jetzt wieder getan?", kam die genervte Frage. Ruby sah ihn streng an und erwiderte: „Nein, nein, nein, nein. Es geht nicht darum, was du JETZT getan hast. Es geht darum, was du getan hast als du mein Handy geklaut hast." Jean sah uns einen Moment stumm an ... dann stand er einfach auf und ging. Wie konnte er es wagen?!

„Jean! Du verdammter Spanner!", rief Ruby Jean nach. Die Tatsache ignorierend, dass wir noch nicht zusammengegessen hatten, sprangen wir von unseren Plätzen auf und eilten Jean hinterher. „Komm sofort zurück und trage die Konsequenzen, du kleiner ...", schrie ich im Laufen, doch die Pferdefresse interessierte das kein Stück und ging einfach weiter. „Hey! Ich rede mit dir!", rief ich und rannte mit Ruby durch die Gänge, um Jean einzuholen, der nun doch die Flucht ergriff. So jagten wir einmal durch das halbe Hauptquartier, rannten Flocke um – geschieht ihm recht – und machten schließlich eine Vollbremsung vor Levi, der uns daraufhin eine Standpauke über anständiges Benehmen und Tempolimits  hielt.

Attack on Titan becomes reality 3 - We're back!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt