51. Wir lassen Ihre Fenster glänzen!

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Die zehn Extrarunden liefen Eren, Ruby und ich am nächsten Morgen, ohne Muh oder Mäh zu sagen.
...
Habt ihr mir das jetzt wirklich abgekauft? Also ... eigentlich haben Ruby und ich herumgejammert, bis Levi uns mit zehn weiteren Runden drohte. Ab da beließen wir es bei Killerblicken für unseren Vorgesetzten und unseren titanischen Leidensgenossen.
An diesem Tag hatten wir Eren wie Luft behandelt, weil ER nämlich die Schuld dafür trug, dass wir früher aufstehen konnten, uns beim Frühstück beeilen mussten und dann noch mehr Sport machen durften als ohnehin schon. Pah ... der hatte es sowas von verdient. Als Eren merkte, dass wir nicht sonderlich gut auf ihn zu sprechen waren, wich er uns nach besten Möglichkeiten aus.

Na ja, und das „demnächst" in Levis Putzdrohung verschob sich, aufgrund des vielen Trainings und der nicht vorhandenen freien Tage, auf drei Wochen später.
Somit war heute, drei Wochen nach Erens Zusammenbruch, der 24. November, was bedeutete, dass in einem Monat Weihnachten war. Ruby und ich waren da schon mal die totalen Weihnachtsfanatiker. Wir hatten schon letzte Woche unser Zimmer dekoriert und es sogar ein weiteres Mal geschafft, Erwin zu überreden, dass wir auch die Gänge ein wenig schmücken durften. Allerdings hellte das unsere Stimmung heute nicht auf. Levi hatte heute einen trainingsfreien Tag angesetzt, wegen was weiß ich. Und das hieß für alle anderen ausschlafen, während Ruby und ich wie gewohnt früh aufstanden und uns im Speisesaal mit Eren trafen. In den letzten drei Wochen hatten wir Eren einigermaßen vergeben, dass wir wegen unserer bloßen Anwesenheit die Strafe mittragen mussten. Aber er hatte sich dafür ja auch oft genug entschuldigt.

So saßen wir nun hundemüde beim Frühstück. Keiner sagte etwas. Wir alle kauten einfach nur schweigend unser Essen ... na ja bis auf Eren ... dem fielen nämlich gerade die Augen zu und er kippte nach vorne. Eigentlich hätte ich gedacht, dass er durch den Aufprall auf dem Teller aufwachen würde, aber er blieb einfach liegen, während er in Zeitlupe mit dem Teller auch noch vom Tisch zu rutschen drohte. Mit skeptischen Blick sahen wir auf Eren und kauten unseren Bissen Brot fertig. Nachdem Ruby geschluckt hatte, keifte sie über den Tisch: „EREN!" Mit einem Mal zuckte der braunhaarige nach oben und meinte mit seinem Brötchen in der Hand: „Bin wach!" Ich fand das so lustig, dass ich einfach nicht anders konnte als zu lachen, was mir einen verwirrten Blick von Eren einbrachte. Langsam wieder einkriegend schüttelte ich den Kopf und stopfte mir den letzten Rest meines Frühstücks in den Mund. Da Ruby schon fertig war, warteten wir nur noch auf Eren.

Nachdem auch Eren schließlich fertiggegessen hatte und wir die nötigen Putzutensilien zusammen hatten, füllten wir drei Eimer mit Wasser und etwas, das laut Eren so etwas ähnliches wie Fensterputzmittel sein sollte. Dann machten wir uns mit den halbvollen Eimern, einem ganzen Haufen an Lappen und Tüchern und einer Leiter, die Eren netterweise herumschleppte, auf in den dritten Stock. Dort begannen wir mit dem Flur, in dem sich die ganzen Büros der Führungsriege des Aufklärungstrupps befanden. Unser Glück hier: Der Gang besaß kein einziges Fenster. Unser Pech: Wir durften an ganz, ganz viele Türen klopfen. Unser erster Halt war die letzte Tür links im Flur, von der ich wusste, dass sie Hanji gehörte und worauf auch ein Türschild hinwies. Ruby klopfte an und rief: „Zimmerservice!" Es dauerte ein wenig bis die Tür aufgerissen wurde und Hanji verwirrt und neugierig fragte: „Wie darf ich das verstehen?" Ruby ging an der Irren vorbei und erklärte: „Levi", dann ging ich durch die offene Tür und ergänzte: „Strafe abarbeiten", und Eren wünschte der Wissenschaftlerin höflich und formell einen guten Morgen. Als Hanji sah, dass wir ihr Fenster zu putzen anfingen, fragte sie schließlich grinsend: „Was habt ihr angestellt?", woraufhin wir ihr alle einen Frag nicht-Blick zuwarfen. Ihre einzige Reaktion bestand aus einem Kichern, ehe sie sich wieder an ihr Schreibtischchaos setzte und weiterarbeitete.

Nach Hanji gingen wir zur Tür schräg gegenüber, welche zu Erwins Büro gehörte. Mit der Information „Fensterputzdienst" klopfte ich an die schwere Flügeltür und wartete auf eine Antwort. Als schließlich das „Herein" kam, traten wir ein und das Erste, das uns entgegenkam, war: „Was habt ihr jetzt schon wieder angestellt?" Ruby und ich warfen uns diesen Blick zu, der gleichzeitig sagte Nicht schon wieder und Das war so klar. Seufzend wandten wir uns wieder Erwin zu und Ruby antwortete: „We were there." Vermutlich war sie jetzt schon genervt von der Frage, die uns heute vermutlich noch öfter begegnen würde, dass sie gleich einmal unbewusst ins Englisch wechselte. Da mir nur allzu bewusst war, dass Erwin meine Freundin nicht verstand, meinte ich genervt: „Wir haben gar nichts getan." Ich ging zu dem großen Fenster hinter Erwins Schreibtisch zu und ließ den Kübel fallen. Herumgestikulierend erklärte ich: „Wir waren ... wie Ruby gesagt hat ... wir waren einfach nur da." Ich bedachte Erwin mit so einem Kannst du dir das vorstellen?-Blick. Erwin nickte und murmelte: „Verstehe", ehe er sich wieder seiner Arbeit widmete. Ich bezweifelte stark, dass er sich soeben wirklich Gedanken gemacht hatte, aber immerhin hatte er so getan.

Nach Erwin kamen noch zwei andere Büros, wobei eines davon nicht besetzt war, ehe wir vor der unseres Abteilungsführers standen. Genervt donnerte Ruby ihre Faust auf das Holz und rief: „Die Sklaven sind da!" Ohne auf eine Antwort zu warten, stieß sie die Tür auf und über ihre Schulter konnte ich erkennen, dass sie von Levi einen ziemlich missbilligend Blick zugeworfen bekam. Aber Ruby wäre nicht Ruby, wenn sie das in irgendeiner Weise interessieren würde. Ohne ein Wort des Empfangs wandte sich Levi so wie jeder andere zuvor auch wieder seiner Arbeit zu, während wir sein Fenster putzten. Da es nicht sonderlich dreckig war, waren wir schnell fertig und ich kommentierte in der wagen Hoffnung, die Strafe verschieben zu können: „Weißt du, Levi, es gibt wirklich kein schlechteres Wetter, um Fenster zu putzen." Ich sah nach draußen auf die grauen Wolken und die reifbedeckte Welt außerhalb des Fensters. Die Temperaturen waren in den letzten drei Wochen rapide gefallen, sodass ich hoffte bald Schnee zu sehen. Ich liebte Schnee! Allerdings war Levis Antwort, die ich bekam, eisiges Schweigen, weshalb ich seufzend den anderen zum nächsten „Kunden" folgte.

Bis zum Mittagessen hatten wir etwa die Hälfte aller Fenster geputzt, wurden von dem ein oder anderen angeblafft, was wir denn wollten und blafften dann zurück, dass das nun mal unser Job war und man sich gefälligst beim Hauptgefreiten beschweren gehen sollte. Da waren die meisten still und ließen uns machen. Beim Mittagessen versuchten uns unsere Teamkollegen etwas aufzubauen, was zwar nicht sonderlich viel half, aber dafür nervten Ruby und ich Eren den Nachmittag dann mit Weihnachtsliedern, während wir putzten.

Gegen Abendessen war es draußen schon längst dunkel und wir putzten noch die letzten Fenster. Jeder hatte noch zwei vor sich und Ruby und ich sangen Winter Wonderland im besten Duett. Ich wischte gerade die letzten Tropfen weg als mir die weißen Pünktchen in der Nacht auffielen. Begeistert unterbrach ich den Refrain, sowie meine Arbeit und meinte wie ein glückliches Kleinkind: „Es schneit!" Eren hielt auch inne und lächelte glückselig: „Du hast recht." „Wo?", kam von Ruby, die sich in den Fensterrahmen gesetzt hatte, um die Außenseite des Fensters zu putzen. Sie verrenkte sich, um sich das Spektakel ansehen zu können und fiel rücklinks nach draußen. „Ruby!", rief ich erschrocken und stürzte mit Eren zum Fenster und sah hinaus. Unten lag Ruby auf dem Rücken mit den Beinen an der Mauer und sah in den Himmel. „Wow", meinte sie nur und schaute den weißen Flocken auf ihrem Weg nach. Eren und ich begannen zu lachen und warteten, dass Ruby wieder aufstand. Wir zogen sie schließlich irgendwie durch das Fenster wieder nach drinnen und beendeten unsere Arbeit mit den nächsten Fenstern.

Attack on Titan becomes reality 3 - We're back!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt