26. Levi: Promi und notorische Spaßbremse

28 5 1
                                    

Wir flüchteten gerade auf eine weitläufige Ebene als wir uns umdrehten, um zu sehen, wie nahe wir dem Tod schon waren. Der Titan zwängte sich gerade mit seinem zu großen Bauch und seinen zu kurzen Armen durch zwei Häuser durch und zerstörte ganznebenbei die Dächer, da schwang sich ein grüner Wirbelwind in die Luft und streckte den Titanen mit einer Drehung nieder. Als wir Levi erkannten, der elegant wieder auf seinem Pferd landete, musste ich ein lautes Fangirl-Kreischen unterdrücken, allerdings quietschte ich trotzdem durch zusammengepressten Lippen wie ein pfeifender Teekessel. Der Fidget Spinner der Animes im Einsatz. „Hört auf so dämlich zu grinsen", wurden wir gleich mal angemotzt als Levi zu uns aufgeschlossen hatte. Äh, könnten wir tun, aber wer wären wir schon, wenn wir in lebensbedrohlichen Situationen aufhörten einfach so dämlich in die Gegend zu grinsen. Zumal war es zehn Mal cooler Levi in der REALITÄT in Aktion zu sehen als in 2D auf einem Bildschirm. Sorry, Armin, aber Levi war nun mal Levi ... und ich, dank einer gewissen besten Freundin, ein beinahe absolutes Fangirl. Zumindest, wenn mein Leben auf dem Spiel stand. Beim Training konnte Levi gerne in eine Grube fallen und dort verhungern. Also nein. Frech wie wir waren, grinsten wir einfach weiter. Vielleicht lag das Grinsen auch ein bisschen am Adrenalin, aber wer weiß das schon so genau.

Kaum waren alle Soldaten aus der verlassenen Stadt draußen, wurde in die Fernaufklärungsformation gewechselt. Ruby und ich blieben zusammen, während sich unser Team links von uns auffächerte, sodass wir nun linker Hand von der Spezialeinheit flankiert wurden und sich rechts von uns die Fuhrwerker befanden. So froh ich auch war, nicht wieder blindlings in eines dieser Riesenbabys zu laufen, so beleidigt war ich gleichzeitig. Also wirklich, man traute uns aber auch gar nichts zu. Nicht mal ein Reservepferd hatte man uns zugetraut. Frechheit. Während ich weiterhin beleidigte Leberwurst spielte, sah ich mich ein wenig in der Umgebung um. Auf den ersten Blick keine weiteren Titanen. Nur Gras und Gras und Blumen und Gras und ... oh, da stand ein Busch. Vermutlich ein Highlight der Umgebung und Touristenmagnet. Toll, ich war schon wieder sarkastisch. Das wurde bestimmt ein laaaanger Tag.

Wir ritten einige Zeit unbehelligt weiter, bis von rechts die ersten roten Rauchgranaten kamen. Natürlich ließ die Richtungsänderung nicht lange auf sich warten und wir drehten nach links ab. Das ging ein paar Mal so. Schwarze Rauchgranaten waren dabei eine Rarität, kamen aber doch ab und zu vor, allerdings bekamen wir diese Abnormen nie zu sehen. Das war ja schon fast öde. Weil mir langweilig war, wandte ich mich an Ruby und fragte gegen den Wind: „Ruby! Hast du irgendwas zur Unterhaltung in deinen Taschen?" Sie überlegte kurz und schüttelte anschließend den Kopf. „Nein, aber du!" Hä, wieso denn ich? Ich hatte doch nur Powerbanks, Proviant und eine zweite Garnitur Kleidung mit. Meine Freundin erklärte mir auf meinen verwirrten Gesichtsausdruck hin: „Ich hatte keinen Platz mehr in meiner Tasche, deswegen habe ich den Kassettenrekorder zu dir!" „Woher hast du einen Kassettenrekorder?!", fragte ich verständnislos, während ich meine Taschen durchwühlte und gleichzeitig versuchte nicht vom Pferd zu fallen. „Von meinem Bruder!", kam zurück als ich das handgroße Gerät, in dem sich schon eine Kassette befand, aus meiner Tasche fischte. Ich machte nur ein Ah-Gesicht und reichte Ruby das Gerät, damit sie es einschaltete. Fünf Sekunden später dudelten schon Gitarrenriffs aus dem kleinen Kasten, den sich Ruby mithilfe eines Bandes wie eine Tasche umgehängt hatte.

Als ich erkannte, von welcher Band die Kassette stammte, hätte ich fast laut gekreischt. Wer hätte gedacht, dass Linkin Park noch eine Kassette herausgebracht hat. Notfalls hätte ich auch eine Peter Alexander-Kassette gehört, aber Linkin Park war da doch um einiges besser. Und so brachten wir es zusammen, im Titanengebiet lautstark Lieder wie „What I've Done", „Numb" und „Talking to myself" zu schmettern*. Alles vollkommen normal. Auch wenn ich es nicht sah, ich könnte wetten, dass uns jetzt jeder, der uns hörte, anstarrte. Vielleicht vertrieb der Gesang ja die Titanen ... oder sie würden uns nur fressen, damit wir endlich leise waren ... ach, was soll's. „I'm just talking to myseelf, uuuuh, talking to myseelf!" Jap, wir hatten einen Heidenspaß.

Allerdings kam dann mal wieder der Spielverderber vom Dienst und motzte uns an, gefälligst diesen Lärm auszustellen. Also wirklich, Levi, tse tse tse. Keinen Sinn für guten Rock. Aber weil wir dann doch irgendwie befürchteten, dass er uns als kleine Lektion einfach mal so als Titanenfutter irgendwo aussetzen würde, befolgten wir widerwillig sein Rumgemotze.

Irgendwann, ich hatte natürlich wieder jegliches Zeitgefühl verloren und so nebenbei bemerkt auch jede Orientierung, sammelten wir uns in einem kleinen Dorf, von dem nur noch fünf Häuser standen. Ein wirklich freundlicher kleiner Ort. Die Sonne brannte vom Himmel herunter und brachte meine Gehirnzellen zum Kochen. Deshalb hatten Ruby und ich uns irgendwo in den Schatten eines Hauses verzogen und aßen einen Teil unseres Proviants und tranken einen ordentlichen Schluck Wasser. Die Pause war schnell wieder vorbei, da man Titanen sichtete und schon wurde wieder weiter gehetzt. Habe ich schon einmal erwähnt, dass ich Stress hasste? Nein? Ich hasse Stress.

Der Tag verging weiter recht unspektakulär. Ein paar Rauchgranaten, aber sonst auch nichts weiter. Wobei da war dieses eine Mal, kurz bevor wir unser Ziel, eine Versorgungsbasis des Aufklärungstrupps, erreichten. Irgendwie hatte es ein Titan durch die Reihen der Spezialeinheit geschafft und hampelte auf uns zu. Ernsthaft rennen konnte man dieses Herumgehüpfe nicht mehr nennen. Ich wechselte einen Blick mit Ruby und wir nickten uns zu. „Ferse", meinte ich, während sie mir mit „Nacken" antwortete. Als der Titan, verfolgt von zwei unserer Teamkollegen, nah genug für das 3D-Manöver war, hockten wir uns auf die Pferde und schossen die Hacken in den Titanen. Ich flog dabei zwar fast vom Pferd, aber dafür erwischte ich die Ferse wirklich elegant für meine Verhältnisse. Ohne zu stolpern, was einem Wunder gleichkam, setzte ich auf den Boden auf und der Titan riss neben mir mit seinem Gesicht ein Loch in den Boden. Ich pfiff die Pferde zurück und schaute Ruby dabei zu wie sie dem Titanen den Gar ausmachte.

----------------------

*Die drei Lieder sind original nicht alle auf einer Kassette, zumindest hätte ich keine gefunden.

Attack on Titan becomes reality 3 - We're back!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt