32. Morgen? Es ist mitten in der Nacht.

20 5 1
                                    

Die Nacht war eindeutig zu kurz als uns ein gewisser Abteilungsführer mit einem leichten Hang zum Sadismus zu Sonnenaufgang aus dem Bett schmiss. Na ja, eigentlich war Mikasa putzmunter und wir anderen drei konnten kaum unsere Augen offenhalten, weshalb wir Levi einfach nur wie hirnlose Zombies anglotzen und kaum etwas mitbekamen. Mit einem Knallen schloss sich die Tür hinter unserem Vorgesetzten und von Ruby kam die Frage: „War in dem Gefasel eben irgendwas Wichtiges dabei? Ich hab's mir nicht gemerkt." Dazu musste man sagen, dass das Gefasel aus ein bis zwei, maximal drei Sätzen bestand. Oder zumindest, nahm ich das an. Ehrlich gesagt klang sein Gerede um diese Zeit für mich mehr wie das Rauschen eines Radios. „Er hat was gesagt?", kam nun von Sasha und ich konnte einfach nur im Bett sitzen und „Ääääähhhh" antworten. „Aufbruch in zwei Stunden", wiederholt Mikasa, die schon fertig war und das Zimmer verließ. Äääähh, soviel Motivation und Energie am Morgen! Wie furchtbar!

Während ich langsam aus dem Bett robbte, fragte ich: „Warum genau sind wir nochmal beim Militär?" „To change the plot?", kam gedämpft von Ruby, die mit dem Gesicht schon wieder im Kissen lag. „Ah ja", gab ich von mir und schlurfte zu meiner Tasche. Während ich mir meine zweite Garnitur Kleidung herausnahm, grummelte ich: „Warum musste Eren dem Aufklärungstrupp beitreten? Ehrlich. Hätte er die Titanen nicht in einem Blumenladen bekämpfen können? Da wären die Arbeitszeiten bei weitem humaner." Von meiner Freundin kam ein nach wie vor gedämpftes, zustimmendes: „Äh", ehe sie sich mit einem Ächzen aus dem Bett rollte und mit den Beinen voran auf den Boden rutschte. Mit Blick auf meine Freundin zweifelte ich daran, dass wir schon in zwei Stunden abreisen würden.

Knapp eine halbe Stunde später schleiften wir uns über die Gänge zur Kantine, wo ich gleich einmal gegen den Türrahmen knallte. Und weil ich die Augen kaum offenhalten konnte, kam es sogar noch so weit, dass ich mich bei ihm entschuldigte, weil ich dachte, es wäre ein Mensch. „Äh, Tonia? Geht's dir gut?", stellte man mir die Frage als ich es endlich durch die Tür geschafft hatte. Ich drehte mich zu der Person, die mich angesprochen hatte und sah in die blauen Welpenaugen von Armin. „Ja, klar, wieso?", antwortete ich, ging weiter und flog die einzige Stiege im Raum hinunter. Gerade noch rechtzeitig wurde ich aufgefangen und wieder gerade hingestellt. „Weil du dich gerade bei einem Türrahmen entschuldigt hast", erklärte mir Armin, der noch immer meinen Arm festhielt und seinen Arm um meine Taille gelegt hatte. Er schien mir wohl nicht ganz zuzutrauen alleine klar zu kommen. Wundert einen aber auch nicht wirklich nach dieser Aktion.

Verwirrt sah ich mich zum Türrahmen um und antwortete dann mit einem stumpfen „Oh" und der Erläuterung: „Na ja, ein Türstock hat auch verdient, dass man nett zu ihm ist." Armin konnte nicht anders und lachte mich gleich einmal aus. Natürlich wirkte er nach außen als würde er nur leicht belustigt sein, aber ich kannte seine finstersten Seiten. Ich war mir sicher, dass er mich eiskalt auslachte ... innerlich. Während ich beleidigt war, weil ich so nichtoffensichtlich ausgelacht wurde, schob mich Armin zu unserem Frühstückstisch und half mir auf die Bank, wo ich trotz Hilfe auch noch fast drüber flog. Jetzt sollte es offiziell bewiesen sein: Früh morgens war ich nicht zu gebrauchen. Und auch Ruby nicht. Denn während ich von Armin auf der Bank platziert wurde, gleich einmal zur Seite kippte und dann mit dem Kopf auf Eren zu liegen kam, plumpste Ruby mit Karacho auf den Platz mir gegenüber, lehnte sich mit dem Kopf an Connie und begann schon wieder leicht zu schnarchen. Jap, wir waren unverbesserlich.

Nachdem ich kurz wieder fast eingeschlafen war, stellte mir irgendjemand eine Schüssel Frühstück hin. Ich vermutete Armin, da er nun neben mir Platz nahm. Weil ich keine Anstalten machte mich aufzusetzen, stemmt mich Eren von sich in eine gerade Position, drückte mir einen Löffel in die Hand und ich kippte nach links auf Armin. Zu früüüüühh!!!! Und weil ich meine Jacke nicht anhatte, war mir natürlich kalt und so missbrauchte ich meinen Freund als Wärmekissen. Aber dafür war er ja da, oder? Nur nebenbei bekam ich mit, dass ich gerade volle Wäsche ausgelacht wurde. Sollen sie doch. Ich war müde und mir war kalt.

Als ich schon wieder am wegdriften war, bekam ich einen kräftigen Schlag auf den Hinterkopf. Mit einem Ruck saß ich kerzengerade und stocksteif auf meinem Platz und zählte auf: „Subjekt, Prädikat und Adjektiv der dritten und vierten Ordnung ... oh, äh, sorry, Objekt!" „Wieder wach?", fragte Levis monotone Stimme hinter mir und ich antwortete vollkommen im Soldatenmodus: „Jawohl, Sir!"
„Lass das „Sir"."
„Ja, Ma'am!", entkam mir, bevor ich es aufhalten konnte.
Bedrohlich leise erklang die Stimme meines Vorgesetzten neben meinem Ohr: „Wie war das?" Hoppla. „Ich bitte um Entschuldigung, Hauptgefreiter! Es ist mir so rausgerutscht! ... Eine Reflexhandlung?", versuchte ich mich höchst unelegant zu erklären. Mit einem „Tz" wandte sich das personifizierte Schicksal von mir ab, ehe ich durchatmete und mein Frühstück zu essen anfing. Das war knapp. Unterdessen umrundete Levi den Tisch und blieb mit verschränkten Armen hinter Ruby stehen, die er mit finsterem Blick erdolchte. Blinzelnd öffnete meine Freundin ihre Augen und sah verschlafen in die Runde. „War es schon ganze Zeit so kalt?", fragte sie leicht fröstelnd. Während ich mein Essen kaute, fing ich ihren Blick ein und ließ meine Augen bedeutungsvoll auf den schwarzhaarigen hinter ihr gleiten. Mit der Erkenntnis, dass sie möglicherweise gleich einen Kopf kürzer sein könnte, drehte sie sich mit einem verkrampften Lächeln um. „Guten Morgen, Levi." Der Angesprochene zog eine Augenbraue nach oben, zischte aber mit einem ermahnenden „Seid pünktlich" ab. Ruby atmete erleichtert auf und widmete sich nun ebenfalls ihrem Frühstück. Puh, Schwein gehabt.

Nach dem Frühstück schlichen Ruby und ich hinter den anderen her zum Stall. Dort suchten wir im blassen Licht der aufgehenden Sonne Dione und Kara und begannen diese im Schneckentempo zu satteln. Als wir gerade die Sättel festzurrten, wurden wir schon wieder von unserem Abteilungsführer angemotzt: „Geht's noch langsamer?" Naaaa, der war aber wirklich ÜBERALL. Ich schaute gar nicht erst hin, sondern ging entspannt meiner Arbeit nach. Nicht provozieren lassen, einfach weitermachen. Ruby hingegen war da nicht so ... sagen wir tolerant. „Shut up, Levi! Wir haben die halbe Nacht durchgemacht, vielleicht vier Stunden Schlaf bekommen, wenn's viel ist und die Sonne ist noch nicht einmal richtig aufgegangen! Also nimm dir dein „Geht's noch langsamer?" und schieb's dir sonst wohin!" Danach wandte sie sich wieder genauso verschlafen wie fünf Sekunden zuvor ihrer Arbeit zu. Als ich kurze Zeit später nun auf die Stelle schaute, die Ruby vorhin angeschrien hatte, war niemand mehr zu sehen. Hm, hat wohl gewirkt.

Pünktlich zur Abreise reihten wir uns in die Masse aus Fuhrwerken und Reitern ein. Erwin brüllte wieder eine seiner Motivationsreden im Sinne von „Opfert eure Herzen für den Sieg der Menschheit! Und wenn ihr dabei draufgeht, dann war's nicht umsonst. Dann seid ihr mit Ehre gestorben, auch wenn eure ganze Familie dann todunglücklich ist! Shinzou wo Sasageyo!" Ich will ehrlich sein, ich habe mir das nicht gemerkt, was er da herumbrüllte. Außerdem wurde die Hälfte sowieso vom Herunterkrachen der Zugbrücke übertönt, ehe man brüllend in die Ebene ritt. Es war schon ein Wunder, dass die Soldaten bei so viel Rumschreien nicht schon längst heiser waren. Daran konnte man mal wieder erkennen, dass es hauptsächlich Männer waren.

Attack on Titan becomes reality 3 - We're back!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt