Als er vor dem Stall ankam, hatte ich Levi schließlich eingeholt. Mal ehrlich für seine Größe hatte der Kerl ein ganz schön ordentliches Tempo drauf. Und wenn ich das sage, dann heißt das was, weil ich nämlich auch nicht langsam ging. Allerdings blieb mein Vorgesetzter nicht wie erwartet stehen, sondern ging schnurstracks zur nächsten Box, legte dem darinstehenden Rappen ein Halfter um und führte ihn vor das Gebäude. Meine Feststellungen dazu:
Erstens: Das ist Levis Pferd.
Zweitens: Levi wird sich einen Spaß daraus machen, mir das auf dem Pferd bleiben so schwer wie möglich zu machen.
Drittens: Das wird bestimmt schmerzhaft.
Nach dieser gedanklichen Auflistung musste ich einmal kurz durchschnaufen. Es wird noch immer besser als ganzen Tag nichts zu tun ... oder?Als das Pferd schließlich vor dem Stall angebunden war, drückte mir der schwarzhaarige eine Bürste in die Hand. Seiner abwartenden Haltung entnahm ich mal, dass er erwartete, dass ich das Pferd aufzäumte. Ich begann den Rappen von dem Minimum an Dreck zu befreien, welcher sich im Fell des Tieres befand. Selbst Levis Pferd ist sauber, das ist ja wirklich unglaublich.
Als ich nach einiger Zeit zufrieden war, wurde mir auch schon der Sattel mitsamt des Halfters in die Hand gedrückt. Wortlos versteht sich. Bevor ich den Sattel umständlich auf den Rücken des Tieres beförderte, hängte ich das Zaumzeug auf einen Haken. Das Satteln funktionierte ja noch ganz gut. Das Aufzäumen dann eher nicht mehr so, weshalb es schlussendlich auch Levi machte und dabei einen Flunsch zog wie ein Kellner, der kein Trinkgeld bekam.
Nach etlichen Minuten fanden wir uns schließlich am Trainingsplatz wieder und ich hievte mich auf Anweisung des Hauptgefreiten auf das Pferd hoch. Das hatte ich irgendwie leichter in Erinnerung. Einfach nur glücklich, dass ich oben saß, ohne gleich auf der anderen Seite wieder hinuntergeflogen zu sein – war ja nicht so abwegig – bekam ich auch schon die erste Trainingsaufgabe: „Fang langsam an. Nimm mit der Zeit an Tempo zu." Ich nickte und lenkte das Pferd auf die Runde. Erst im Schritt, dann im Trab und abschließend im Galopp. Ich behielt Levi bei meinen Runden genauestens im Auge und achtete akribisch auf die noch so kleinste Bewegung. Ich sah im förmlich an, wie er jeden Moment das Pferd zurückpfeifen würde. Ich reduzierte die Dressurübungen, die Levi obligatorisch von mir forderte wie das Kreuzen der Bahn oder das Reiten eines kleinen Kreises auf ein Minimum, um nicht überrascht zu werden.
Allerdings geschah nichts der Gleichen, stattdessen winkte mich Levi einfach ab, weshalb ich das Pferd vor ihm zum Stehen bracht und auf weitere Anweisungen oder auch Kritiken wartete. Er erklärte mir, dass meine Haltung im Gegensatz zum 3D-Manövertraining deutlich besser war. Bei diesem Kommentar musste ich das Augenrollen wirklich unterdrücken. Natürlich kam bei ihm Lob nur in Kombination mit einer Kritik. Er krittelte zwar an ein paar Feinheiten herum, die ich in den nächsten zehn Runden ausbessern sollte. Wie ein braver Lehrling hörte ich natürlich aufmerksam zu ... was mir fast zum Verhängnis wurde. Ich bemerkte wie Levi seine Hand hob, ich naives Ding nahm an, dass er eine erklärende Geste machte und dachte mir nichts Böses. Tja, Naivität bestraft das Leben. Denn schon stieg das Pferd unter mir auf die Hinterhufe. Erschrocken klammerte ich mich an die Zügel, um nicht rückwärts runterzufallen. Oh, ich hasse den Typen.
Als der Rappe und ich wieder in Richtung Boden unterwegs waren, merkte ich, dass das Pferd sich anspannte, um nach vorne wegzustarten. Nicht mit mir. Ich klammerte mich fester an die Zügel und als das Pferd nach vorne wollte, zog ich so kräftig ich konnte in die entgegengesetzte Richtung. Tänzelnd blieben wir am Fleck. Als das Tier wieder entspannt schnaubend stand, ließ ich die Zügel locker, tätschelte den kräftigen Hals und warf Levi einen Blick zu, der einen See blitzfrieren hätte lassen. „Das habe ich genau gesehen", knurrte ich den Hauptgefreiten an. Dieser stritt das jedoch eiskalt ab: „Was redest du für einen Stuss?" Ich. Hasse. Dich. Warum hatte ich mich nochmal auf heute gefreut? Ach ja, es war besser als nichts zu tun. Ich nehme alles zurück. Ich will wieder krank sein.
Ich traktierte meinen Trainer, sofern man Levi denn so nennen konnte, weiter mit Todesblicken, doch der ließ sich davon in keinster Weise beeindrucken. Natürlich nicht. „Wird das heute noch was?", wurde ich nach einem Blickduell von gefühlten Stunden gefragt. Ich setzte mich schnaubend wieder geradehin und gab dem Pferd die Sporen, woraufhin wir sofort im Galopp davonstoben. Ja gut. Das war SO jetzt nicht geplant, aber es sah cool aus. Vor allem da ich nach außen absolut unbeeindruckt im Sattel saß und man mir nicht ansah, wie ich innerlich einen Herzinfarkt erlitt.
In den folgenden Runden versuchte ich Levis Verbesserungen umzusetzen, die hauptsächlich aus „Sei da und dort nicht so verkrampft", „Bleib locker" und „Vertrau dem Pferd" bestanden. Beim Letzten hätte ich ihm vorhin fast noch ins Gesicht gesagt, dass ich dem Pferd durchaus vertraute, nur ihm nicht. Zumindest nicht beim Training. Hat sich ja kaum eine Minute später auch bestätigt. Sadistischer Gartenzwerg. Nach weiteren zwanzig Runden winkte mich Levi abermals zu sich und ich hielt erneut vor ihm.
Aus dem Nichts zauberte er eine Longe und hakte sie am Zaumzeug fest. Sofort saß ich steifer auf dem Pferd als ein durchgefrorener Ast. Ich sah mich den Tag schon mit einer Platzwunde am Kopf beenden. Ich merkte gar nicht wie das Tier anfing Kreise, um seinen Besitzer zu ziehen, so eingefroren war ich. „Tz, komm wieder runter", riss mich die Stimme meines Vorgesetzten aus meiner Schockstarre, „Wir fangen ja langsam an." Ich vermute, die Worte hätten beruhigend sein sollen, allerdings machte der leicht genervte Unterton diese Bemühung dem Erdboden gleich. Ich atmete einmal tief durch, um mich zu beruhigen, ehe ich verunsichert fragte: „Wie fangen wir an?" Ich konnte von Glück reden, dass das Pferd mehr Levis äußere Erscheinung spiegelt als meine. Denn sonst, wäre ich wohl schneller mit dem Hintern auf dem Boden als mir lieb wäre.
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Attack on Titan becomes reality 3 - We're back!
FanfictionTeil 3 der Attack on Titan becomes reality-Reihe Nachdem die Charaktere aus der Attack on Titan-Welt wieder in ihre Heimat abgereist waren, versanken Ruby und Tonia in tiefer Melancholie ... aber nur bis sie die Idee hatten, ihren Freunden nachzurei...