52. Spaß im Schnee

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Die nächsten Wochen waren der Wahnsinn. Nahezu jeden dritten Tag schneite es, sodass die Schneedecke immer höher wurde. So viel Schnee waren Ruby und ich nicht mehr gewohnt. Bei uns schneite es gerade mal so viel, dass der Schnee etwa die Höhe einer Handbreite erreichte und am nächsten Tag knallte wieder Sonne drauf, bis nur noch in den schattigsten Tälern etwas von dem Weiß übrigblieb. Und da ich Schnee abgöttisch liebte – ja ich konnte auch Dinge lieben – war das hier mein persönliches Paradies. Selbst das Training bei eisigsten Temperaturen machte mir nichts aus ... was jeder andere einfach nur mit verständnislosen Blicken kommentierte. Ja, selbst Ruby hatte nach zwei Tagen die Schnauze voll und verstand nicht, wie ich jeden Tag mit bester Laune aufstehen konnte und mich schon mit Freude ins Freie stürzte. Wenn wir dann doch mal einen halben Tag frei hatten, schmückten Ruby und ich das Hauptquartier festlich oder bastelten Baumschmuck. Immerhin kam Weihnachten ohne festliche Stimmung und Weihnachtsbaum nicht in Frage.

Und heute hatten wir den ersten ganzen freien Tag seit dem Tag mit der Fensterputzaktion. Außerdem war heute der dritte Adventsonntag und damit war in weniger als zwei Wochen Weihnachten. Woher ich das wusste? Glaubt ihr wirklich Ruby und ich würden den Dezember ohne Adventskalender überleben? Also wirklich, was denkt ihr von uns! Deshalb schliefen wir heute auch aus, bevor wir unser dreizehntes Kästchen öffneten und das Bonbon daraus aßen. Wir hatten aus unserer Welt logischerweise einiges an Süßigkeiten und Knabberzeug mitgenommen, die wir jetzt in unseren Kalender gesteckt hatten. Als Weihnachtstradition Nummer eins für heute abgeschlossen war und wir uns fertig gemacht hatten, gingen wir zum Frühstück, wo Weihnachtstradition Nummer zwei für heute wartete. Uns waren von Halloween noch drei Kerzen übriggeblieben, aus denen wir mit einer vierten Kerze, die wir irgendwie aufgetrieben hatten, einen Adventteller gemacht hatten. Und dieser stand jetzt gut sichtbar auf einer Kommode im Speisesaal ... wieder durch Erwin abgesegnet. Wenn ich so überlege, lässt er uns ganz schön viele Freiheiten. Aber ehrlich gesagt, störte mich das nicht, wenn Ruby und ich unsere Weihnachtsstimmung voll auskosten konnten. Und so zündete Ruby drei Kerzen an, ehe wir uns zu unseren Freunden setzten und unser Frühstück aßen.

„Und was steht heute an?", mampfte Sasha mit vollem Mund und ich fragte rhetorisch: „Rausgehen?" Sofort kam einstimmiges Aufstöhnen und Connie fuchtelte zum Fenster: „Wie kannst du dieses besch-scheuerte Wetter nur mögen?" Ich sah auch zum Fenster, durch das man die seicht fallenden Flocken tanzen und auf den verschneiten Wald sehen konnte. Dann wandte ich mich wieder Connie zu. „Es ist Schnee", erwiderte ich nach dem Motto Was fragst du so blöd? Das ist doch offensichtlich. Daraufhin widersprach Jean: „Aber es ist kalt", woraufhin ich einfach nur den besten Wetterspruch unserer Welt raushaute: „Es gibt kein falsches Wetter. Es gibt nur falsche Kleidung." Damit sah man mich verständnislos an und ich nahm das mal als eins zu null für die Schneefanatikerin. Erfolg!

Allerdings wollte nach dem Frühstück trotzdem keiner mit mir hinausgehen, weshalb ich mich einsam und alleine in einen Mantel warf, mir Handschuhe überstreifte und eine Mütze auf den Kopf pappte. Und so stapfte ich alleine hinaus in die weiße Umgebung. Meine erste Aufgabe für heute: Schneeengel machen. Innerhalb von einer Minute erledigt. Deswegen widmete ich mich meinem zweiten Punkt auf meiner Winter-To-Do-Liste: Schneemann bauen. So begann ich einen Schneeball zu formen und ihn dann durch den Schnee zu rollen. Da der Schnee klebte wie sonst was, hatte der Schneeball bald eine beachtliche Größe und war bereit für Kugel Nummer zwei. Als auch diese die optimale Größe hatte, wollte ich sie hinauf hieven, allerdings hatte ich das Gewicht der Kugel unterschätzte, weshalb ich sie keinen Millimeter über den Boden brachte. Überlegend schaute ich auf den Schneeball. Was mache ich jetzt? Ich kann sie nicht heben. Das heißt ich brauche Hilfe, aber keiner will in dieses „grausige Wetter". Das wiederrum heißt, dass ich das alleine machen muss ... Na gut, dann eben zerstören und auf dem Körper aufbauen. Kaum gedacht, zertrat ich den Schneeballen wieder und begann sie per Hand wieder auf der anderen Kugel zusammen zu puzzeln. Das Ganze machte ich dann noch einmal, nur etwas kleiner, sodass am Ende dann zwei Schneebären neben dem Trainingsgelände standen. So jetzt bin ich bereit Mittagessen zu gehen.

Dort stellte sich heraus, dass ich wohl zu den letzten gehörte. Na ja, eigentlich WAR ich dieLetzte. Der Speisesaal war leergefegt und nur mein schwarzhaariger Vorgesetzter saß an einem Tisch bei einer Tasse Tee und grübelte mal wieder über diversen Dokumenten. Schnurstracks ging ich in die Küche, schmierte mir ein Butterbrot, packte eine Scheibe Käse drauf und machte mir eine Tasse Kräutertee. Damit ging ich wieder in den Speisesaal und fragte, während ich mich schon setzte: „Ich darf doch?" Natürlich hatte ich einen gewissen Abstand zu Levi. Ich wollte immerhin nicht, dass dann sowas kam wie „Aber wehe, du tropfst auf meine Dokumente". Ohne seine Arbeit zu unterbrechen oder aufzuschauen antwortete mir meine einzige Gesellschaft: „Wieso fragst du überhaupt, wenn du dich sowieso gleich hinsetzt?" Ich unterbrach mein Mittagessen und sah zu Levi. „Weil ich es höflicher finde. Außerdem gäbe es dir noch die Möglichkeit zu sagen Nein, verschwinde",erwiderte ich und aß weiter. Mit einem Blatt in der Hand sah er nun doch auf und fragte: „Würdest du denn verschwinden, wenn ich so antworten würde?" Ich zuckte mit den Schultern als ich erklärte: „Vermutlich nicht. Ich habe das Bedürfnis nach Gesellschaft, nachdem ich die letzte Zeit Schneebären gebaut habe." „Das habe ich gesehen", erwiderte der Hauptgefreite und setzte seine Arbeit fort. Überrascht schaute ich ihn an. „Ach echt?" Er deutete durch eines der Fenster nach draußen, wo meine zwei Schneekunstwerke standen, ehe er meinte: „Außerdem wäre keiner so dämlich freiwillig bei dem Wetter rauszugehen, wenn es nicht sein muss." Nicht du auch noch. „Aber es ist Schnee", sprach ich entrüstet. Wieso versteht das keiner? Als mich Levi nun mit hochgezogener Augenbraue und diesem gelangweilten Blick ansah, der unterschwellig mitteilte Bist du blöd?, biss ich einfach nur angefressen in mein Käsebrot und nuschelte in meinen Tee: „Keiner versteht mich." So verbrachte ich mein Mittagessen in Schweigen, ehe ich mich wieder einpackte und nach draußen ging.

Attack on Titan becomes reality 3 - We're back!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt