27. Lost and found

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Ruby setzte neben mir auf den Boden auf und wir gaben uns ganz gechillt ein Highfive. Während wir uns zurück auf die Pferde schwangen, meinte ich noch zu Ruby: „Und da sag noch einer, dass wir unfähig sind." „Ihr seid unfähig." Unsere Köpfe fuhren zu unseren Teamkollegen, welche sich soeben als Jean und Connie herausstellten. „Halt die Fresse, Jean!", pflaumten wir synchron die verschlagen grinsende Pferdefresse an. Connie lachte seinen Freund gleich einmal aus und wir gaben den Pferden wieder die Sporen und ließen die zwei eiskalt stehen. Niemand nannte uns ungestraft unfähig. Das wirst du noch büßen, Jean Kirstein. Früher oder später. Ich vermutete jetzt mal später, aber wer wusste schon, wann uns welche geniale Idee überfiel.

Genauso öde wie der Großteil des Nachmittages bis jetzt verlief auch der Rest des Tages. Als sich der Himmel orange färbte, erschien am Horizont ein großes Gebäude, das schnell näherkam und sich bald als Burg herausstellte. Das war dann wohl die Versorgungsbasis. Umso näher wir der Burg kamen, umso mehr zog sich die Fernaufklärungsformation wieder zusammen. Vor der hochgezogenen Zugbrücke hielt die ganze Kompanie an und sah zwei Soldaten dabei zu, wie sie mithilfe des 3D-Manövers über den Burggraben und über die Mauer sprangen und anschließend die Brücke herunterließen.

Im Burghof wurden Pferde abgesattelt und Wägen abgeladen und das alles auf so einem engen Raum, dass ich mich fühlte wie ein Huhn in Käfighaltung. Ich hasse Menschenmassen! Irgendwie schafften es Ruby und ich Dione und Kara unterzubringen und schnappten uns dann eine Kiste, die wir in den Keller tragen sollten. Dort atmeten wir einmal tief durch, da wir nahezu die Einzigen waren. „Glaubst du, die vermissen uns, wenn wir einfach hierbleiben, bis das Ganze dort oben etwas weniger geworden ist?", fragte ich. Ruby sah mich überlegend an und antwortete: „Naaaa, I think not." Mit einem erleichterten „Na dann" ließ ich mich auf eine breite Kiste nieder und Ruby setzte sich neben mich.

Nach nicht einmal eine Minute begann ich mit dem Fuß nervös auf und ab zu wippen. „Wenn Levi das mitkriegt, sind Titanen unser kleinstes Problem, oder?" Ohne, dass sie mich ansah, erwiderte meine Freundin: „Jap." Ich starrte sie weiter an, bis sie mich ebenfalls ansah und wir eine kurze stumme Kommunikation führten. Am Ende standen wir mit Schwung wieder auf und beeilten uns nach oben zu kommen, bevor Levi anfing uns zu vermissen. Aber wir wären nicht wir, wenn wir nicht irgendwo falsch abgebogen wären und jetzt mutterseelenalleine in einem verstaubten Gang stehen würden. Ich glaube, ich hatte schon einmal erwähnt, dass unser Orientierungssinn etwa so gut war, wie die Sehkraft eines Maulwurfs, oder?

Und so standen wir nach einer gefühlten halben Stunde Herumirren, in der uns keine einzige Person begegnet war, natürlich völlig ratlos irgendwo in dieser nicht unbedingt kleinen Burg auf einem total dreckigen roten Rollteppich mit null Ahnung, wo wir waren, wo wir hinsollten oder wo wir hergekommen waren. „Na klasse und was machen wir jetzt?", fragte ich aufgebracht im Gang hin und her tigernd. Zurück kam in derselben Stimmung: „Woher soll ich das wissen?! And ... could you just stop doing this?!", und ein Herumgefuchtel, das wohl auf mein Herumrennen zeigen sollte, weshalb ich mich schnaubend mit verschränkten Armen Ruby gegenüber an die Wand lehnte und die Wand neben ihr mit meinem Blick durchlöcherte. Wieso gab es eigentlich nirgends einen Lageplan, wenn man einen brauchte, ha? Ich meine, wir sind doch sicher nicht die Einzigen, die sich andauernd irgendwo verlaufen, oder?

„Ruby! Tonia!" Aufgeschreckt schauten wir in die Richtung, aus der die Stimme kam. Wir warfen uns einen Blick zu und schon spurteten wir in Richtung der Stimme. Den Göttern sei Dank, wir mussten nicht in den Gängen dieses Irrgartens verhungern. Als wir um die nächste Ecke bogen, rannten wir sogleich jemanden um ... was auch sonst? Und schon saßen Ruby, ich und die Person, die wir eben mitgenommen hatten wie betrunkene Autofahrer, auf unseren Hintern. „Au", stellte ich fest und rieb mir meinen Allerwertesten, ehe ich mir die Person besah, die uns gerufen hatte. Mit einem „Ihr müsst es aber auch immer übertreiben" richtete sich der gleichaltrige Junge mit blassorangen Haaren auf. Unisono riefen wir: „Connie!", sprangen auf und klammerten uns an den überraschten Soldaten. Doch kaum klebten wir an dem Jungen, stellte Ruby beleidigt fest: „Mein Freund", und zog ihn noch ein wenig zu sich. Während Connie wie irre glückselig zu grinsen anfing, zuckte ich zurück und hob mit einem überrumpelten „Sorry" die Hände zur Kapitulation. „Und du hör auf so dämlich zu grinsen", wandte sie sich nun an Connie. Dieser versuchte angestrengt sich das breite Grinsen aus dem Gesicht zu wischen, allerdings kam es langsam wieder zurück. Weshalb ich belustigt den Kopf schüttelte.

„Was macht ihr überhaupt hier?", fragte Rubys Freund nun, ohne das Grinsen einstellen zu können. „Wir haben uns verlaufen", grummelte Ruby, welche nach wie vor wie ein Äffchen an Connies Arm hing. In Connies Gesicht breitete sich dieser „Aha"-Moment aus, ehe er mit Ruby als Anhängsel kehrt machte und fröhlich meinte: „Na dann bringen wir euch lieber zurück. Es gibt immerhin gleich Abendessen." Während Ruby einfach selig lächelnd neben Connie herging, stellte ich nichtsahnend fest: „Das haben sie aber ganz schön schnell fertig gehabt." Mir wurde von dem blassoranghaarigen ein irritierter Blick zugeworfen, bevor er wieder nach vorne sah und erwiderte: „Wieso? Hat doch eh eine Stunde gedauert." Wie angewurzelt blieb ich stehen und schrie beinahe: „Was?!" „Ich sagte, es hat doch eh ...", wollte Connie wiederholen als ich ihn anfuhr: „Ich habe dich sehr gut verstanden." Ich begann wieder auf und ab zu laufen, während ich murmelte und zum Ende hin immer lauter wurde: „Das heißt, wir sind mehr als eine Stunde durch diese Gänge geirrt?!" Meine leichte Panik nicht beachtend kam zurück: „Jap." Ich starrte den jungen Mann einfach nur sprachlos an. Ruby berührte die Situation dahingegen nicht im Geringsten. Ich versuchte irgendetwas aus meinem Mund zu bekommen, doch er klappte einfach nur stumm auf und zu, bis schließlich ein „Ne" kam und ich weiterging als wäre nichts passiert. Und nein, ich hatte nicht mehr alle Tassen im Schrank ... die standen alle bei Levi im Regal.

Attack on Titan becomes reality 3 - We're back!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt