21. Das Teedesaster, das mal nicht unsere Schuld war

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Der nächste Tag begann entspannt. Wir wurden nicht aus dem Bett gestampert, sondern waren so früh wach, dass wir ganz entspannt unserer Morgenroutine nachgehen konnten und uns dann gemütlich auf den Weg in den Speisesaal machten. Im Speisesaal herrschte schon reges Treiben, weshalb wir, während wir uns das Essen holten, unsere Freunde zu finden versuchten. Das war in dem Auflauf an Menschen gar nicht so einfach. Allerdings winkte uns schließlich Sasha zu und so ersparten wir uns das Durchlaufen des gesamten Speisesaals.

Wir ließen uns zwischen Armin und Connie fallen und wünschten allen einen guten Morgen. „Gar kein Marlo?", fragte ich nicht sonderlich interessiert in die Runde. Wortlos deutete Eren, der mir gegenübersaß, hinter mich. Mit hochgezogener Augenbraue drehte ich mich um und erblickte einen Jungen mit Topfhaarschnitt, der sich soeben mit einem anderen Jungen, den ich nicht kannte und in etwa auf das gleiche Alter schätze, zoffte. Ah, wie schön er hat einen Freund gefunden ... der nicht Jean ist ... und ihm Blödsinn erzählte. Hoffte ich zumindest. Mit einem erkennenden „Ah" drehte ich mich wieder nach vorne und biss von meinem Frühstück ab.

Während wir aßen, sagte kaum jemand etwas, allerdings wurde die Stille innerhalb unserer Gruppe jäh unterbrochen als Sasha plötzlich einen Hustenanfall bekam. Als ich meinen Blick auf die Essensliebhaberin richtete, stellte sie gerade ihren Becher ab und Connie klopfte ihr fürsorglich auf den Rücken. Was war denn jetzt los? Als sie sich wieder einigermaßen beruhigt hatte, wurde sie desinteressiert von Jean gefragt: „Na, wieder alles gut?", welcher sogleich ebenfalls einen Schluck trank und das Gesicht verzog. „Verdammt ist der Tee stark", kam mit belegter Stimme von Sasha, während Jean seinen Becher weit weg von sich abstellte. Armin neben mir, der ebenfalls einen Becher Tee vor sich stehen hatte, beäugte diesen analytisch, eher er ebenfalls einen Schluck nahm. Wie Jean vorhin zog auch er ein Gesicht als hätte er gerade Sand im Mund. Interessiert fragte ich meinen Freund: „Darf ich mal?", und nahm ihm, ohne auf eine Antwort zu warten, den Becher aus der Hand.

Ich roch daran und mir schlug ein kräftiger Geruch nach verschiedenen Gewürzen entgegen. Ich zog die Augenbrauen zusammen. Was zum Teufel ist das bitte für ein Tee? Glühweingewürz? Skeptisch nippte ich an dem Becher und stellte fest: „Der schmeckt ja sogar nach was." Auch wenn es schmeckte als würde man auf einer Nelke herumkauen. Ich bekam erstmal einige undefinierbare Blicke zu, die ich jedoch ignorierte. Während ich den Becher wieder neben Armins Teller stellte, kommentierte ich allerdings noch: „Der Zucker fehlt trotzdem." In unserer Runde wurden belustigt die Köpfe geschüttelt, ehe sich jeder wieder seinem Essen widmete und man es akribisch vermied noch einen Schluck von dem Gebräu, dass für mich nun nicht mehr ganz so geschmackloses gefärbtes Wasser war, zu trinken.

So wie an unserem Tisch kam immer wieder ein Husten oder, wenn ich mir die Mühe machte, mich kurz umzuschauen, ein verzogenes Gesicht. Ja, für jemanden, der Tee wohl grundsätzlich ohne Zucker trank, war es vermutlich ungenießbar. Und dann kam ich. Ich würde den Tee noch immer zuckern, weil mir der Geschmack fehlte.

Als Ruby und ich schließlich fertig waren, brachten wir unser Geschirr weg und wunderten uns, dass unsere Teamkameraden nicht nachkamen. Wir warfen uns einen verwirrten Blick zu, bevor wir uns wieder auf den Weg zurück zu unserem Frühstückstisch machten. „Wo bleibt ihr? Ihr verpasst noch das Training", meinte ich am Ende des Tisches stehend. „Wisst ihr's nicht? Heute haben wir frei. Die Abteilungsführer besprechen mit dem Kommandanten nochmal die Mission in zwei Wochen." Aha, schön, dass uns das auch mal wer sagt. „Uns sagt aber auch nie wer was", murrte Ruby und plumpste wieder neben Connie. Dieser tätschelte seiner Freundin lachend den Kopf, während sie genauso finster, wie ich in die Gegend schaute. Was ist das?! Wir hätten noch im Bett bleiben können!

So hatten wir uns noch einen Krug Wasser geholt und saßen nun am Tisch, während wir uns die Tröstungsversuche unserer Kollegen anhörten. Die allerdings wurden schnell unterbrochen. „Wer hat diesen Tee gemacht?!" Ruby und ich brauchten uns nicht umzusehen, um zu wissen, wem diese gelangweilte, wenn auch nun ziemlich wütende Stimme, gehörte. Während sich also nahezu jeder zu dem wohl stinksauren Hauptgefreiten umdrehte und ihn verwundert anglotzte, tranken wir einen Schluck von unserem Wasser. „Levi kennt keinen Spaß, wenn es um seinen Tee geht", warf ich einfach mal in den Raum, obwohl mir sowieso keiner zuhörte, außer Ruby. „Nop", war ihre Antwort und sie fügte nach einem weiteren Schluck hinzu, „Mir tun die Leute, die heute das Frühstück gemacht haben, jetzt schon leid."
„Ja, schon irgendwie. Aber sie können ja für ihren Fehler auch geradestehen. Immerhin sind sie Soldaten, oder?" Zustimmend neigte Ruby ihren Kopf zur Seite und wir tranken erneut einen Schluck.

Während unserer kurzen Unterhaltung war es im gesamten Saal totenstill geworden, weshalb wir uns nun doch zu Levi drehte. Man hätte ja fast nicht bemerkt, dass der schwarzhaarige wütend war, wäre da nicht dieses minimale, leicht übersehbare Augenzucken. Tja, auch Levi kann nicht immer seine Gefühle in seinem Inneren einschließen. Während so ziemlich alle Blicke auf dem Hauptgefreiten lagen oder im Raum auf der Suche nach einem Schuldigen waren, meldete sich zaghaft eine verschüchterte Stimme: „D-Das w-waren wir, Hauptgefreiter." Alle Blicke flogen zu einem schmächtigen Jungen mit einer schwarzen Strubbelfrisur, der aufgestanden war und neben dem ein ähnlich dürrer Junge mit dunkelblonden beinahe schulterlangen Haaren stand.

Levi marschierte stramm auf die zwei Jungs zu, die unter seinem Blick immer kleiner zu werden schienen, packte sie am Kragen und schleifte sie aus dem Saal. Es kam einiges Gemurmel auf. An unserem Tisch murmelte Armin: „Arme Teufel. Die zwei sind erst vor einer Woche von der Mauergarnison zu uns gekommen." Ah ja. Schulterzuckend nuschelte ich halb in meinem Wasserbecher: „Früher oder später muss sich jeder Levi stellen. Ich glaube nämlich, dass dem keiner auskommt." Zustimmendes Gemurmel breitete sich am Tisch aus und keine Minute nach dem kleinen Vorfall wurde schon wieder munter geplaudert.

Attack on Titan becomes reality 3 - We're back!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt