Als ich wieder in Rubys und meinem Zimmer ankam, lag meine Freundin noch immer schnarchend auf dem Bett und schlief die Nachwirkungen ihres Rausches aus. Der Rest würde es mit hoher Wahrscheinlichkeit genauso machen, weshalb ich niemanden hatte bei dem ich mich aufregen konnte. Wobei ... ich hatte Mikasa und Jean. Aber Mikasa war mir zu emotionslos, um ein Gespräch zu führen, wo ich mich so richtig aufregen wollte, und Jean war eben Jean. Also gut, dann eben warten, bis Ruby aufsteht oder das Mittagessen anfängt. Je nachdem, was zuerst eintritt. So setzte ich mich mit einem Seufzen wieder auf den Stuhl und begann zu lesen ... bis ich merkte, dass ich eigentlich keinen Plan hatte, um was es gerade ging. Ich stieß einen frustrierten Laut aus und blätterte wieder zu dem Kapitelanfang, um alles noch einmal zu lesen.
Zwei Stunden später war Ruby wach und machte sich mit mir etwas verschlafen auf den Weg zum Mittagessen. Währenddessen erzählte ich ihr, was in Erwins Büro passiert war und ließ mich über den Gnom aus. „Weißt du, ER verlangt eine Entschuldigung von mir und dabei ist er doch, derjenige, der sein Team um Haaresbreite umgebracht hätte, mit seinem exzessiven Training. Und dann wundert er sich noch darüber, dass ich die Nerven verliere", labberte ich meine Freundin voll, die zwischendrin immer mal wieder ein verstehendes Nicken in Kombination mit einem „Mhm" fallen ließ, „Das regt mich so auf!" „Verständlich", erwiderte Ruby noch leicht schlaftrunken und trat durch die Tür zum Speisesaal. Ich atmete einmal tief durch und bedankte mich dann mit einem leichteren Gefühl: „Danke, dass ich mich bei dir aufregen durfte." „Kein Problem", winkte meine Freundin lächelnd ab, ehe wir uns unser Essen holten.
Da unsere Teamkollegen nirgends zu sehen waren, suchten wir uns einfach einen freien Tisch und ließen uns dort nieder. So wie die anderen heute beim Training ausgeschaut hatten, erwartete ich sie auch nicht zum Mittagessen. Doch wie sich etwas später herausstellte, schätze ich unsere Freunde falsch ein, denn sie schlurften langsam und mit fahlen Gesichtern auf uns zu. Begleitet von Mikasa und Jean. „Hätte nicht gedacht, euch vor dem Abendessen noch einmal zu sehen", stellte ich fest, während sich das Team zu uns an den Tisch setzte. „Äääähh", war daraufhin die aufschlussreiche Antwort der gesamten Saufgemeinschaft. Unterdessen klatschte Eren in sein Essen. Keiner schenkte dem Titanenjungen viel Beachtung. Immerhin passierte so etwas öfter, daher war das auch nichts Neues.
Dann wurde angefangen zu Essen ... oder zumindest versucht. Denn Eren inhalierte sein Essen ja lieber im Schlaf, während Sasha und Connie die Schüssel vor sich mit leicht grünem Gesicht betrachteten und sich kaum trauten den ersten Bissen zu nehmen und Armin stützte sich mit den Ellbogen auf den Tisch und massierte sich die Schläfen, ohne sein Essen eines Blickes zu würdigen. Tja, Alkohol war eben ein Teufelszeug, aber auf mich hörte ja keiner, deswegen waren sie jetzt alle selbst schuld an ihrer Situation. Als nach einiger Zeit alle noch gleich dasaßen, während Jean, Mikasa, Ruby und ich schon zur Hälfte unser Essen weghatten, hob ich eine Augenbraue und meinte: „Nehmt ein Aspirin, dann geht's euch besser." Ich aß einen weiteren Bissen. Unterdessen bekam ich drei müde Blicke, die wohl Verständnislosigkeit darstellen sollten, doch irgendwie sahen sie einfach aus wie drei begriffsstutzige Zombies. „Oder Artischockensaft. Das soll angeblich auch helfen", ergänzte ich deshalb noch und bekam die leise Frage von Armin: „Was sind Artischocken?" Ich seufzte und erwiderte: „Egal. Vergiss es." Alle wandten sich wieder ihrem Essen und ihrem Leiden zu und es wurde wieder geschwiegen.
Als Ruby und ich fertig waren, brachten wir brave Soldaten unser Geschirr weg und wollten uns wieder auf unser Zimmer zurückziehen, wurden jedoch auf dem Weg dorthin aufgehalten. „Ruby! Warte!", rief jemand und wir wussten beide sofort, wer es war. Wir blieben stehen und drehten uns zu Jean, der gerade vor uns zum Stehen kam. „Können wir uns kurz unterhalten?", fragte er Ruby, welche daraufhin leicht eine Augenbraue anhob. Jean warf mir einen Blick zu, als wäre ich ein Fleck auf seinem Hemd, den er nicht herausbekam und fügte dann betont hinzu: „Alleine?" Also wirklich. Und deswegen bekam ich einen Blick, als wäre ich der letzte Dreck?
Ich sah zu Ruby und wartete darauf, was sie nun tun würde. Ob ich sie alleine ließ oder nicht, war einzig und allein ihre Entscheidung. Wenn sie mich bat, zu bleiben, würde ich es tun. Wenn sie mich bat, zu gehen, würde ich Jean einen Blick zu werfen, der ihn warnte, dass wenn er etwas Falsches tat, ich es ihm doppelt und dreifach vergelten würde und gehen. Ruby warf mir einen besänftigenden Blick zu und antwortete Jean: „Gut." Also, Option zwei. „Ich warte in unserem Zimmer", teilte ich Ruby mit und bedachte Jean vor dem Gehen noch mit meinem besten Ich behalte dich im Auge-Blick.
Dann zog ich mich auf unser Zimmer zurück, wo ich mich erst einmal wieder in den Schreibtischstuhl setzte, bevor ich vor lauter Unruhe aufstand und einen Kreis in den Boden lief. Hoffentlich geht das gut. Ansonsten ist diese kleine, miese Pferdefresse ein ausgestopftes Museumsschaustück.
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, in der ich mir schon ein Horrorszenario nach dem anderen ausmahlte, die ich Jean in einer anderen Situation nicht einmal im Ansatz zugetraut hätte. Als endlich die Tür aufging und Ruby hereinkam, fragte ich sofort: „Und? Hat er dich verletzt? Soll ich ihm eine verpassen?" Etwas überrumpelt schloss Ruby die Tür hinter sich, bevor sie mich anlächelte und mir beruhigend die Hände auf die Schultern legte. „Es ist alles gut. Du musst ihm keine verpassen." Ich hob skeptisch meine Augenbraue und forschte weiter nach: „Und was wollte er dann?" Verlegen lächelte Ruby: „Er hat mich noch einmal gefragt, ob ich mit ihm zusammen sein will." „Und was hast du geantwortet?", fragte ich, da nichts weiter kam. Bitte, sag, dass du „Nein" gesagt hast. Aber Ruby enttäuschte mich und erwiderte: „Ich habe „Ja" gesagt." Dabei zog sie ein Gesicht als würde sie erwarten, dass ich gleich ausrastete, setzte aber noch schnell nach: „Aber er macht mir weiter meinen Kaffee." Ich seufzte ergebend und ließ meinen Kopf fallen, während ich murmelte: „Na gut." Immerhin macht er weiter ihren Kaffee. Ist doch wenigstens etwas Gutes. Doch gleich darauf ruckte mein Kopf wieder nach oben und ich hielt meiner Freundin den Zeigefinger unter die Nase. „Aber wenn er nur einmal etwas Falsches sagt oder auch nur falsch schielt, dann mach ich ihn alle." Ruby begann zu lachen, tätschelte mir die Schulter und meinte: „In Ordnung. Ich sag dir, wenn ich Hilfe brauche." Zufrieden verschränkte ich die Arme und nickte: „Gut."
Dann jedoch ließ ich meine Haltung fallen und fragte skeptisch: „Wie willst du das eigentlich den anderen erklären? Vor allem Connie, diesem hohlköpfigen Eifersüchtler." Ruby sah mich leicht unsicher an und antwortete mit hoher Stimme: „Naaaahh, Connie muss es doch nicht unbedingt erfahren, oder?" Ich zog eine Augenbraue hoch und fragte: „Du weißt, aber schon, dass die Soldaten hier eine einzige herumlaufende Klatschzeitung sind, oder?" Ruby verzog ihr Gesicht und grummelte: „Ja. Leider." „Also?", fragte ich und sie meinte mit einem Lächeln, das einen leichten Hauch von Verschlagenheit hatte: „Ich warte einmal, bis Connie ausgenüchtert ist und dann denke ich darüber nach. Eines nach dem anderem." Kopfschüttelnd lächelte ich in mich hinein. Ruby wusste eben schon immer, wie sie Dinge hinauszögern konnte.
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Attack on Titan becomes reality 3 - We're back!
FanfictionTeil 3 der Attack on Titan becomes reality-Reihe Nachdem die Charaktere aus der Attack on Titan-Welt wieder in ihre Heimat abgereist waren, versanken Ruby und Tonia in tiefer Melancholie ... aber nur bis sie die Idee hatten, ihren Freunden nachzurei...