104. Der Traum eines jeden Aufklärers

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Wir warteten noch zehn Tage, bis wir Zeke noch einmal benutzten, um das Gedächtnis der Schiffsbesatzung zu löschen. Natürlich konnten wir nur hoffen, dass es funktioniert hatte, aber wir waren einfach mal so optimistisch und ließen Eren Zeke fressen. Zeke war davon, milde gesagt, nicht sonderlich begeistert. Hieß so viel wie er schmiss bis zum Abwinken mit Flüchen und Beleidigungen um sich und heulte wie ein Baby als sich Erens fünfzehn Meter hohe Gestalt vor ihm aufbaute. Zu meinem Bedauern bekam Eren, nachdem er Zeke gefressen hatte, keine Haare am ganzen Körper oder wurde zu einem fliegenden Wal. Im Ernst, das wäre doch mal was gewesen.

Na ja, aber auch ohne einen titanischen Weltraumwal brachen wir Mitte Juli auf, um ans Meer ein bisschen plantschen zu gehen. Und dank Hanjis Höllischem Henker kamen uns dabei so gut wie keine Titanen in die Quere. Na gut, es kam uns nur einer in die Quere und der war mehr ein Hügel in der Landschaft als etwas Lebendiges, dass sich fortbewegte. Dementsprechend wenig Beachtung schenkten wir ihm. So ganz ohne Unterbrechung kamen wir am späten Vormittag des zweiten Tages an der Mauer an, die die Marley verwendet hatten, um die Menschen in Titanen zu verwandeln. Wir umrundeten sie im Galopp und endeten auf einem kleinen Abhang, von welchem aus wir einen wunderbaren Ausblick auf den Strand unter uns hatten. Abgesehen von Levi, Eren, Ruby und mir schaute jeder ziemlich bewundernd auf die Wassermassen, die sich bis zum Horizont erstreckten. Selbst Mikasa staunte nicht schlecht.

Es dauerte ein bisschen, bis sich alle von dem überwältigenden Anblick lösen konnten und wir einen Weg zum Strand fanden, der auch für die Pferde benutzbar war. Aber als wir dann erst einmal am Strand anhielten, konnte es kaum einer erwarten, sich dem salzigen Nass zu näheren. Wenn auch mit einem ordentlichen Batzen Respekt.

Während sich also jeder langsam an das Wasser heranwagte, blieb Levi möglichst weit entfernt stehen und betrachtete das Meer skeptisch. Und dann waren da noch Ruby und ich. Wir hatten natürlich vorausschauend Badetücher eingepackte und uns Badesachen unter der Uniform angezogen. Da es heute auch perfekte Badetemperaturen hatte, holten wir unsere Strandtücher aus den Satteltaschen und breiteten sie im Sand aus. Danach entledigten wir uns unserer Stiefel, aus denen wir einiges an Sand leerten, und gleich darauf folgte der Rest unserer Kleidung. Unsere Kameraden sahen uns dabei ziemlich irritiert und beschämt an, was uns aber nicht sonderlich interessierte.

Vorsichtig hielt ich einen Zeh ins Wasser, ehe ich mich in die Fluten stürzte. Optimale Temperatur ... für's Meer zumindest. Ruby folgte mir auf den Fuß und schnell waren wir einige Meter draußen und konnten nicht mehr stehen. „Seid vorsichtig!", rief uns Connie zu und ich rief zurück: „Stell dich nicht so an! Du Weichei!" Lachend begann ich am Rücken herumzuschwimmen als ich plötzlich unter Wasser gezogen wurde. Mein Schrei schallte kurz über die Wellen, ehe er ins Gurgeln überging. Mich überkam kurz Panik. Als ich jedoch merkte, dass mich Hände am Fuß gepackt hatten und beim Auftauchen Rubys Lachen hörte, konnte ich irgendwie nicht anders als ebenfalls zu lachen anzufangen. „Macht das nie wieder!", schallte sauer zu uns und wir konnten nicht anders als einfach weiterzulachen. Unsere Kameraden nahmen das nur kopfschüttelnd hin, während wir lachend weiter plantschten.

Ruby und ich wollten gerade aus dem Wasser raus und schwammen bereits zurück Richtung Strand, da meinte Ruby: „Äh, Toni?" Ich drehte mich zu meiner Freundin und bemerkte, dass sie auf der Stelle schwamm und etwas in einiger Entfernung beobachtete. Ich sah ebenfalls in die Richtung und versuchte mit zusammengezwickten Augen irgendetwas zu erkennen. „Was ist das?", fragte Ruby verunsichert und ich versuchte angestrengt das zu identifizieren, was Ruby meinte, scheiterte aber daran. „Was meinst du? Meine Brille liegt am Strand, ich sehe nichts außer Wellen", erwiderte ich, konnte aber plötzlich etwas entdecken, dass keine Welle war. „Vergiss, was ich gesagt habe. Ich weiß, was du meinst", revidierte ich meine Aussage als ich die markante Flosse im Wasser sah.

„Jetzt nicht in Panik verfallen und ganz ruhig zurück zum Strand, okay?", meinte ich und Ruby nickte. Ohne ihren Blick von der Flosse abzuwenden, schwammen wir zurück Richtung Strand. Als wir wieder in seichterem Gewässer waren, rief ich einmal quer über unsere Kollegen: „Verlasst sofort das Wasser und vermeidet dabei ruckartige Bewegungen." Überrascht sahen mich unsere Freunde an, während wir zurück an den sicheren Strand gingen. „Ja, ha ha. Noch einmal lassen wir uns von euch nicht veräppeln", meinte Jean und alle gingen wieder ihren vorherigen Tätigkeiten nach.

„Das ist kein Scherz", erwiderte Ruby, „Ihr müsst sofort aus dem Wasser!" „Na klar. Sonst verschlingt uns ein Meeresungeheuer, oder was?", kam sarkastisch von Jean. Okay, dann probieren wir eben die sarkastische Art. „Wenn du einen knapp vier Meter langen Fisch mit rasiermesserscharfen Zähnen, der dich hin und her schleudert, um dir ein Häppchen nach dem anderen herauszubeißen, so nennen willst, dann ja", zuckte ich mit den Schultern und wurde erst einmal ziemlich doof angeschaut. Genervt verdrehte ich die Augen und befahl: „Raus! Sofort!" „Ist ja gut", grummelte Jean und watete zurück zum Strand. Langsam folgten auch die anderen. Allerdings schaffte es Sasha vorher noch, sich am Fuß zu verletzen, woraufhin sich das Wasser um sie leicht rot färbte. Und schon hielt die Flosse direkt auf unsere Kameradin zu.

Noch rechtzeitig kam Sasha an Land und plumpste in den Sand. Mit schmerzverzerrtem Gesicht hielt sie sich ihren blutenden Fuß, war kurz darauf dann jedoch viel interessierter an dem Riesenfisch, der durch das flache Wasser pflügte. „Was ist das?", fragte Hanji und sah in das knietiefe Wasser. Ich legte den Kopf schief und schätze: „Ziemlich verschwommen, aber wenn ich raten müsste, dann würde ich auf einen Tigerhai tippen. Einer von den Top drei der Menschenfresser ... oder in Jeans Fall, ein Meeresungeheuer." „Ist ein Tigerhai kein Meeresungeheuer?", fragte Jean und sah dabei mit einem Blick zu mir, der mich praktisch als dumm bezeichnete.

„Jean", mahnte Ruby, „You should never discuss with her." Daraufhin sah er leicht verwirrt zu seiner Freundin, während sich auf meinem Gesicht ein breites Grinsen ausbreitete. „Nein, Jean. Ein Tigerhai ist kein Meeresungeheuer. Ein Tigerhai ist einfach nur eine Unterart eines Raubfisches von dem es hunderte verschiedene Arten gibt. Die Meisten greifen keine Menschen an, aber manche verwechseln Menschen nun mal mit ihren Beutetieren und dann kann es schon mal passieren, dass einem plötzlich ein Stück vom Bein fehlt", erklärte ich. „Du machst dich über mich lustig", lachte die Pferdefresse unsicher und ich schüttelte hoffnungslos den Kopf. „Ihr habt eindeutig zu wenige Naturdokus gesehen als ihr unserer Welt wart", grinste ich und sah dem Raubfisch dabei zu wie er elegant durchs Wasser glitt.

„Jetzt wo alles vorbei ist, was habt ihr zwei vor?", erkundigte sich Eren, nach einiger Zeit, in der wir zusammen dem Hai zugesehen hatten, bis er wieder in den Untiefen verschwand. Ruby und ich sahen uns an und wir konnten nicht anders als uns verschwörerisch anzugrinsen. Ich schaute überlegend in den Himmel, wo einige Möwen kreisten, „Hm, ich denke ...", begann ich und Ruby vollendete meinen Satz, „... wir werden dir erst einmal die Haare schneiden." Eren sah uns erst irritiert an, ehe er grinsend den Kopf schüttelte. „Nein, ernsthaft, Was wollt ihr machen? Geht ihr wieder zurück in eure Welt? Oder wollt ihr hierbleiben?", fragte er erneut nach. Ruby und ich wechselten einen Blick, bevor wir uns wieder Eren und unseren restlichen Kameraden zuwandten, die uns erwartungsvoll ansahen.

„Ihr seid ja richtige Scherzkekse", lachte ich und man konnte schon sehen, wie die Hoffnung aus ihnen schwand, dass wir hierblieben. „Wo denkt ihr denn bitte hin?", fuhr ich weiter fort als wären wir fest entschlossen nach Hause zurückzugehen, „Wir bleiben natürlich hier." „Wirklich?", fragte Connie ungläubig und uns blieb nichts anderes übrig als zu lachen. „Ja, du Dummkopf. Hier hat das Leben mehr Sinn als bei uns ... aber um den Haarschnitt kommt Eren trotzdem nicht rum", grinste meine Freundin und auf den Gesichtern unserer Freunde breitete sich Erleichterung aus.

„Ihr habt uns absichtlich glauben lassen, dass ihr wieder zurückgeht", meinte Armin und sein ernstes Gesicht gefiel mir so gar nicht. „Das bedeutet Rache", grinste Jean boshaft und Ruby und ich sahen uns mit schlechten Vorahnungen an. Das konnte nichts Gutes bedeuten. „Lauf", meinten wir zeitgleich und schon wurden wir von unseren Freunden einmal quer über den Strand gejagt.

Tja, und so endete unsere Geschichte. Wie sagt man normalerweise an dieser Stelle? Und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie noch heute in Friede, Freude und mit viel Eierkuchen ... vermutlich nicht, weil wir nun mal im Gegensatz zu Büchern oder Animes nicht unsterblich sind, aber wir lebten lange in Friede, Freude und mit Eierkuchen ... und mit viel Gemecker und Putzaufgaben von Levi.

Attack on Titan becomes reality 3 - We're back!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt