67. Missverständnisse sind irgendwie zerstörerisch

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Kaffee am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen. Nach diesem Motto gingen wir frühstücken und Ruby machte sich ihren Kaffee. Und eigentlich war alles in bester Ordnung bis ... ja, bis zu diesem Moment, wo Connie auf uns zu trampelte wie ein Elefant mit einem selbstgefällig grinsenden Pferd im Schlepptau. Während Rubys Gesicht ein Wechselbad zwischen Traurigkeit, Angst und Wut zeigte, hob ich einfach nur genervt eine Augenbraue. Jetzt konnte man nicht mal mehr in Ruhe frühstücken. Wie sagte Ruby vor einiger Zeit: ich hasse Dramen am Morgen. „Was willst du?", fragte ich kalt, bevor hier einer von den zwei Idioten auf dumme Ideen kam. Connie blieb mit ernster Miene vor uns stehen und knirschte durch seine Zähne: „Ich würde gern mit Ruby reden." Seinen aufeinander herummahlenden Kiefer zu urteilen, bezweifelte ich stark, dass sich Connie mit Ruby aussöhnen wollte. Da mich das allerdings nicht wirklich betraf, warf ich einen Seitenblick auf Ruby, die etwas zu mir gerückt war und steif nickte, bevor sie ein „Aber nicht hier" hervorpresste. Sie ging vor und zog mich am Arm ebenfalls mit. Souverän tat ich allerdings so als würde ich von alleine mitgehen. Die zwei Torfköpfe mussten nicht auch noch auf ihr herumhaken, weil sie ihre beste Freundin mitschleppte. Außerdem waren DIE ja auch zu zweit.

Wie schon einen Tag zuvor ging es auch heute wieder in den Gemeinschaftsraum. Kaum war die Tür hinter uns zugefallen, begann Connie schon sich aufzuregen: „Wie konntest du!?!" Verwirrt sah Ruby ihr Gegenüber an und fragte aufgebracht: „What do you mean?!" Sie wollte gerade weiterschreien, besann sich aber darauf vernünftig zu sein, weshalb sie ruhiger fortfuhr: „Würdest du dich bitte etwas genauer ausdrücken?" Nun atmete auch Connie einmal durch, um sein Gemüt etwas zu beruhigen. „Wie konntest du Jean ... küssen?", brachte er mit einer kurzen Unterbrechung heraus. Während ich meinen besten Wo bist du denn angerennt?-Blick aufsetzte, sah Ruby Connie entrüstet an. „Ich soll ...?", setzte meine Freundin an und zeigte von sich auf Jean, bevor sie sich unterbrach und erneut ansetzte, „Ich soll IHN geküsst haben?"  Sie stieß ein wirklich sarkastisches Lachen aus und fuhr fort: „ER hat MICH geküsst!" Ruby stemmte ihre Hände in die Hüfte und sah sauer auf das Pferdegesicht.

„Glaub ihr bloß kein Wort", knurrte Jean und warf uns einen giftigen Blick zu. „Du hältst dich da mal schön raus. Immerhin hast du Trampel diesen ganzen Schlamassel verursacht", fauchte ich Jean an. Der wandte sich allerdings weiter Connie zu: „Ich bitte dich, Connie. Wem glaubst du mehr? Mir? Deinem besten Freund? Oder irgendeiner Tunte, die du gerade mal ein halbes Jahr kennst." Connie sah etwas  zerrissen zwischen Jean und Ruby hin und her, da mischte sich eine weitere Person ein: „Ähm, wenn ich da kurz einhaken dürfte? Jean hat Ruby geküsst und nicht umgekehrt." Verwundert sahen wir zu der fünften Person und erblickten Eren, der mit den Knien am Boden hockte und die Arme verschränkt am Tisch liegen hatte. „Seit wann bist du denn da?", kam überfordert von Connie. Er sah irritiert zu uns und antwortete leicht verlegen: „Eigentlich schon die ganze Zeit. Ich war gestern noch hier und habe was ..." „Ja, ja. Keinen interessiert, was du alles hast", unterbrach Jean. Vermutlich in dem Versuch Erens Einwand aus unserem Gedächtnis zu streichen. Erfolglos wie sich herausstellte. „Du bist dir sicher, dass Jean ..", unsicher zeigte Connie von Jean zu Ruby und traute sich gar nicht den Satz zu vollenden. „Zu hundert Prozent", stimmte Eren zu und gleich darauf wandten sich vier Augenpaare zu Jean.

„Wie konntest du es wagen?!", brüllte Connie seinen besten Freund an ... na ja jetzt vermutlich ehemals bester Freund. „Pah, wer weiß, wie viel sie überhaupt noch für dich empfindet? Hast du schon mal die Dinge auf ihrem ... Dingsbums gesehen?", erwiderte Jean und bekam nur verständnislose Blicke zugeworfen. DAS war seine Verteidigung? Connie schnaubte verächtlich, griff Ruby an der Hand und verließ den Raum mit ihr. Ich warf Jean noch diesen Da hast du's-Blick zu und folgte meiner Freundin. Wir gingen zum Frühstück und ließen uns dort wieder nieder. „Ihr habt euch also wieder vertragen?", fragte Armin und Connie nickte zufrieden, während  Ruby sich an seine Schulter lehnte. „Dann hat reden also geholfen", ergänzte der blonde und ich begann zu lachen. Connie und Ruby waren schon in ihrer eigenen Welt, weshalb ich lachend aufklärte: „Das und ein verlogener bester Freund." Verwirrt sahen mich Mikasa, Armin und Sasha an, doch ich schwieg und genoss. Armin schüttelte hoffnungslos den Kopf und wandte sich wieder seinem Essen zu, was ihm die zwei Mädchen nachmachten.

An diesem Tag wurde Jean von Connie, Ruby und mir vollkommen ignoriert. Von Armin, Sasha und Mikasa wurde er ganz normal behandelt. Anfangs. Eren zog die Pferdefresse natürlich die ganze Zeit auf. Das war ja nichts Neues. Da er allerdings ständig so etwas wie Tja, hättest du dich mal nicht an die falsche Frau rangemacht losließ, wusste bald so gut wie jeder, was los war. Selbst Levi brummte Eren irgendwann an, dass es ihn nicht interessierte, welchen Idioten Ruby nun zum Freund hatte. Damit war erst einmal Ruhe und Jean bei so ziemlich allen unten durch. Das Mittagessen verlief im allgemeinen Ausschluss von Jean, weshalb der sich zu Marlo an den Tisch vertschüsste. Beim Nachmittagstraining, dass mal wieder auf Nahkampf abzielte, musste Levi die Paare einteilen, weil niemand mit Jean trainieren wollte ... na ja, kurze Korrektur: Eren, Armin, Mikasa und Sasha wollten nicht mit ihm trainieren. Ruby, Connie und ich wollten ihn in Stücke reißen. Schlussendlich musste Sasha herhalten, die dem Dorftrottel dann für Ruby und ihren Seelenbruder den Hintern versohlte. Hach, war das ein schöner Moment.

Beim Abendessen wurde Jean abermals ausgeschlossen, weshalb er sich wieder zu Marlo verzog und uns nicht einen Blick würdigte. Er hätte uns vermutlich nicht einmal nachgeschaut als wir den Speisesaal verließen, wenn Ruby und ich nicht noch auf ihn zugegangen wären und Ruby die Pferdefresse mit bemüht ruhiger Stimme aufgefordert hätte: „Du hast noch was von mir." Jean drehte sich mit einem Desinteresse, das selbst Levi nicht an den Tag brachte, zu uns und erwiderte: „Ich weiß nicht, was du meinst." Daraufhin widmete er sich wieder seinem Essen, was Ruby zur Weißglut trieb und sie knurren ließ: „Treib es nicht zu weit, Horseface." Der Angesprochene drehte sich wieder zu uns und gab darauf mit einer Eintönigkeit zurück, wo selbst Levi noch draus lernen konnte: „Tut mir leid. Ich habe bedauerlicherweise nichts von dir." „Jean", warf ich mahnend ein. Er sollte es bloß nicht auf die Spitze treiben, aber wenn er am Ende des Abends wie ein heulendes Kind, das nicht das bekommen hatte, was es wollte, am Boden lag, war er selbst schuld.

„Würdet ihr jetzt bitte gehen und mich in Ruhe lassen?", kam die seelenruhige Frage. Was für eine Dreistigkeit! Ruby reichte es endgültig. Sie packte Jean am Hemdkragen und zog ihn von der Bank, um ihn dann wütend anzufunkeln: „Du weißt ganz genau, was ich meine. Also gib mir mein Handy zurück." Ohne seine Mimik zu verändern, zuckte der hellbraunhaarige mit den Schultern und meinte: „Ich habe dein Handy leider gerade nicht bei mir." Er befreite sich aus Rubys Griff, nahm sein Geschirr und zog ab. Etwas das Ruby natürlich nicht einfach so hinnehmen konnte. Sauer suchte sie nach etwas, dass sie ihm an dem Kopf werfen könnte. Schlussendlich nahm sie keines der unzähligen Dinge, die um uns herum lagen wie Schüsseln, Löffeln oder so etwas. Nein, sie zog sich einen Stiefel aus und pfefferte ihm diesen an den Kopf, während sie ihm hinterherschrie: „Jean Kirstein! Wo ist mein Handy?!" Entsetzt drehte sich Jean um und keine Sekunde später schrien sich die zwei Dickköpfe gegenseitig an. Da beide gleichzeitig losbrüllten, verstand ich kein Wort, aber nach fünf Minuten beendete Levi das Gezanke in seiner typischen Manier und wir zogen alle drei ab. Ruby nach wie vor ohne Handy.

Attack on Titan becomes reality 3 - We're back!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt