Kapitel 76

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Für diesen Freitag hatte ich mich mit Jenny und Lisa in einem süßen Cafè der Stadt verabredet. Den Vormittag über gingen Marcel und ich lange mit Vico spazieren, frühstückten unterwegs und machten es uns dann in der Sonne auf seinem Balkon gemütlich. Gegen 14 Uhr begann ich mich für das Treffen fertig zu machen. Missmutig stapfte ich zu Marcel und sah ihn traurig an: "Wie soll ich ihnen eigentlich das hier erklären?" Dabei kniff ich in meinen Bauch, wo noch genug Pfunde der Schwangerschaft vorhanden waren und verzog dabei das Gesicht. Marcel stand auf, kam zu mir und gab mir einen Kuss auf die Stirn: "Du siehst super aus, dafür, dass du eine Schwangerschaft hinter dir hast. Ist doch normal, dass da noch etwas Babyspeck vorhanden ist." Immer noch schmollte ich: "Ja, aber die Beiden wissen ja halt nichts von der Schwangerschaft." Klar, ich muss es ihnen, bzw allen in meinem Freundeskreis irgendwann erzählen, aber erst, wenn geklärt ist, wer der Vater ist. Marcel sah mich mitfühlend an: "Also pass auf. Zieh dir eine schöne Hose an und dazu ein weites Oberteil, weil deine Beine sind immer noch der Hammer. Dann fällt das gar nicht auf." Das war eine gute Idee und so hatte ich es beim Tanzen ja auch gemacht. Ich lief ins Gästezimmer, zog mir eine enge blaue Jeans an und dazu und ein weites Shirt. Marcel hatte Recht. Wenn man nicht wusste, dass unter dem Shirt noch etwas Babyspeck war, sah man es auch gar nicht. Meine Haare band ich zu einem hohen Zopf und dann schminkte ich mich noch leicht. Ich war mit meinem Spiegelbild zufrieden. Jetzt schnappte ich mir noch meine Tasche und lief ins Wohnzimmer. Was mich da erwartete, ließ mein Herz einen Sprung machen und ich war davon emotional ergriffen. Vico lag in seinem Babykissen auf dem Sofa und Marcel lag eng an ihn gekuschelt daneben. Auch Marcel war eingeschlafen. Gott, war das süß. Ich konnte mal wieder nicht die Bedenken vermeiden, dass Vico so runter fallen könnte, aber ich vertraute Marcel. Er würde nie riskieren, dass Vico etwas passiert. Um die zwei nicht zu wecken, schrieb ich einen Zettel, auf dem stand, dass ich spätestens um 19 Uhr zurück war. 3 Stunden mit den Mädels sollten reichen. Leise verließ ich die Wohnung und machte mich auf den Weg zu dem Cafè.

Als ich dort ankam, sah ich durch die Scheibe schon, dass die Beiden schon dort waren. Als ich das Innere betrat, sprangen sie sofort auf und kamen auf mich zugestürmt. Erst umarmte mich Lisa eng und dann Jenny, wobei ich das Gefühl hatte, erdrückt zu werden. Die anderen Gäste müssen auch denken, wir wären geisteskrank. "Es ist so schön, dass du uns endlich mal wieder besuchst." Begann Jenny das Gespräch, nachdem wir alle bestellt hatten. "Ja, wir waren schon richtig sauer, weil man nichts mehr von dir gehört haben." pflichtete Lisa ihr bei, lachte dabei aber. Es war so schön, die Beiden endlich wieder zu sehen. Mit ihnen hatte ich mich zu der Zeit als das mit mir und Marco war am besten verstanden. Wir quatschten ohne Punkt und Komma. Aber das war ja auch kein Wunder. Wir hatten uns ewig nicht gesehen und geschrieben haben wir auch eher selten. Sie erkundigten sich nach meinem Leben in Berlin, der neuen Arbeit und ich interessierte mich natürlich auch dafür, was bei ihnen hier in Dortmund so passiert ist. "Und Roman und Marcel geht es auch gut?" Lisa nickte sofort, doch Jenny sah etwas nachdenklicher aus. "Was ist denn los?" fragte ich dann Jenny besorgt. Sie atmete einmal tief durch und meinte dann: "Hast du gehört, dass Marcel nicht für die EM nominiert wurde?" Kurz musste ich überlegen. Stimmt, diesen Sommer ist ja wieder EM. Fußball war einfach kein Bestandteil mehr meines Lebens. "Ne, sorry. Ist mir irgendwie entgangen. Aber warum wurde er nicht nominiert?" Sie schüttelte den Kopf: "Was weiß ich denn. Er hat eine tolle Saison gespielt, aber wurde trotzdem nicht mitgenommen. Die Zeit nach der offiziellen Bekanntgabe des Kaders war sehr schwer für Marcel. Er hat viel an sich gezweifelt und auch für mich war es schwer ihn wieder aufzubauen. Er hat es halt einfach nicht verstanden." Plötzlich änderte sich ihre Stimmung und sie begann zu lachen: "Aber jetzt ist zum Glück wieder alles gut. Marcel hat es akzeptiert und kann inzwischen nur noch über die Entscheidung lachen." Jetzt grinsten wir alle. "Naja, aus Dortmund ist ja eh nur Julian dabei." Jetzt wurden meine Augen riesig und ich sah Lisa geschockt an: "Roman auch nicht?" Sie schüttelte den Kopf. Naja, Roman hatte diese Saison auch relativ wenig gespielt. Aber dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen: "Mats und Marco auch nicht?" Jetzt lachten beide herzlich auf. Lisa begann zu erklären: "Süße, du hast echt ne Menge verpasst. Mats ist nach München gewechselt." Wieder drohten meine Augen raus zu springen. Die Beiden begannen dann von dem Wechsel zu berichten und ich konnte nur mit dem Kopf schütteln. Das hätte ich nie von Mats gedacht. Offiziell ist es wegen der Familie, aber wer's glaubt. Doch dann kam ich zum viel wichtigeren Thema. Vorsichtig und ohne die Beiden anzugucken fragte ich: "Und was ist mit Marco?" Lisa sah mich mitfühlend an: "Er hat sich im Pokalfinale verletzt und ist daher nicht dabei." Ich nickte nur. Es tat mir wirklich leid für ihn. Die WM 2014 verpasst und die EM jetzt auch. "Naja, aber nächste Woche fliegt er ja mit Scarlett in den Urlaub. Das sollte ihn ablenken." Und Zack, stich ins Herz. Ich hätte am liebsten los geschrien. Danke Jenny, sehr einfühlsam. Lisa war wohl der gleichen Meinung und zischte: "JENNY!" Dabei griff Lisa nach meiner Hand. "Schon gut Lisa, ich muss damit leben." Traurig sah sie mich an. Nachdem die Beiden dann 10 Minuten um das Thema unserer "Trennung" herum eierten, erzählte ich ihnen davon, wobei ich die Sache mit Moritz und der Schwangerschaft weg ließ. Das würde ich ihnen nicht heute erzählen. Nachdem ich mit allem fertig war, sah mich Jenny zufrieden an: "Naja endlich wissen wir jetzt, was zwischen euch passiert ist. Marco hat ja keinen Ton von sich gegeben in Bezug auf das Theman. Er war einfach nur immer scheiße drauf, wollte aber mit keinem sprechen." Ich nickte nur traurig und dann wechselten wir auch zum Glück das Thema. Wir saßen bis 18.30 Uhr im Cafè, bis ich dann meinte, dass ich langsam wieder zu Marcel müsse. Der Nachmittag mit den Beiden war wirklich schön und ich konnte den ganzen Trubel der letzten zwei Tage etwas verdrängen.

Sind alle Fußballer arrogante Arschlöcher?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt