Kapitel 86

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"Ich wollte dich nie verletzen, aber auch das habe ich viel zu spät begriffen. Ich war in meiner eigenen Welt und habe mir von niemandem etwas sagen lassen. Auch Marcel hat mir die ganze Zeit vorgebetet, wie dumm mein Weg ist, den ich einschlage." Marco nickt nur und sieht niedergeschlagen aus. Trotzdem tut es gut, dass wir endlich mal alles klären. "Warum hast du mit Moritz geschlafen? Hat es dir an irgendwas gefehlt?" Sofort schüttelte ich heftig den Kopf: "Nein, du hast alles für mich gemacht. Es lag auf keinen Fall an dir. Ich weiß auch nicht, was mit mir los war. Ich habe mich von Anfang an mit ihm super verstanden. Und an dem Abend war ich halt sauer auf dich, Moritz war da, hatte auch Stress mit Lisa und dann ist es eben passiert." Ich redete sehr langsam, da ich jede von Marcos Reaktionen deuten wollte. Er sah verletzt aus. Sein Kiefer arbeitete sehr stark, aber es half nichts. Ich musste endlich den Mund aufmachen und zu meinen Fehlern stehen. "An welchem Abend?" fragte Marco nur kurz angebunden. Ich schluckte. Ich konnte erst nichts sagen. Doch dann sah er mich eindringlich an. Es gab nur einen Ausweg, und zwar die Wahrheit: "Auf der Pullerparty von Roman und Lisa." Ausdruckslos sah mich Marco an. Dann schüttelte er seinen Kopf, warf ihn in den Nacken und fuhr sich mit seinen Händen durch seine Haare und über sein Gesicht. "Das ist hart." meinte er kaum hörbar. Mir wurde flau im Magen und mein schlechtes Gewissen drohte mich umzubringen. Was hat mich zu der Zeit nur geritten? Ich hatte Marco, der mich über alles liebte und damit hatte ich alles, was ich brauchte, um glücklich zu sein. Und ich habe alles aufs Spiel gesetzt. Und verloren. "Bitte Marco, hör auf dir den Kopf zu zerbrechen. Es war der größte Fehler meines Lebens, das weiß ich. Aber ich kann es leider nicht rückgängig machen. Auch, wenn ich bereits 23 Jahre alt war, war ich einfach noch nicht reif. Ich nahm das Leben auf die leichte Schulter. Erst seitdem ich Vico habe, wurde mir der Ernst des Lebens bewusst." Endlich sah er mich wieder an. Seine Augen durchbohrten mich und es schien mir, als würde er überlegen, ob er mir glauben konnte oder nicht. "Wirklich. Ich würde heute nie wieder so handeln. Wären wir noch zusammen, dann..." Doch er ließ mich nicht weiter reden: "Lea nicht. Wir sind nicht mehr zusammen, also bitte philosophiere nicht, was dann wäre." Es versetzte mir einen Stich in mein Herz. Ich hatte für diesen Kerl, der mir gegenüber saß, immer noch Gefühle. Aber er hatte mit uns abgeschlossen und das muss ich akzeptieren. "Tut mir leid." meinte ich nur kleinlaut und trank den letzten Schluck meines Kaffees aus. "Eine Sache beschäftigt mich immer noch." meinte Marco dann, während er seinen Kaffee auf den Tisch stellte. "Warum bist du wirklich nach Berlin?" Ich atmete schwer und überlegte wie ich das erklären sollte, denn eigentlich wusste ich es selbst nicht. Vorsichtig begann ich: "Mein Chef hat mich gefeuert, mir aber sofort einen Job in Berlin angeboten. Ich sollte mir das überlegen und ihn dann informieren. Ich habe euch allen erzählt, ich hätte Urlaub, dabei war ich arbeitslos. Als du dann bei mir in der Wohnung warst, mich der Öffentlichkeit vorstellen wolltest und mir deine Liebe gestanden hast, war das einfach zu viel für mich. Ich hatte mich eigentlich noch gar nicht entschieden nach Berlin zu gehen, doch ich fühlte mich in diesem Moment so eingeengt und überfordert, dass ich einfach den leichtesten Weg genommen habe und mich an diesem Abend für Berlin entschieden habe." Ungläubig musterte er mich: "Also war es gar keine Entscheidung, die du schon länger gefällt hattest?" Ich schüttelte den Kopf: "Nein, weil ich einfach nicht wusste, was ich machen sollte. Ich wollte nicht weg von dir, aber ich brauchte einfach einen Job." Marco stützte seine Arme auf die Knien und vegrub sein Gesicht in den Händen. Bitte sag was. Lass mich hier nicht so schmoren. Ich hörte ihn schwer atmen und dann sah er mich wieder an. Mit trauriger Stimme meinte er dann zaghaft: "Man Lea, du hättest einfach mit mir reden müssen. Mir sagen müssen, was in dir vorgeht. Wir hätten das geschafft." Und dann war es aus mit mir. Ich zog meine Beine an meinen Körper und begann hemmungslos zu weinen. In meinem Kopf lief gerade ein Film ab, wie alles gelaufen wäre, wenn ich in Dortmund bei Marco geblieben wäre und mit offenen Karten gespielt hätte. Ich hatte es versaut. Eigentlich ist es schon wieder traurig, dass ich hier heule, denn ich bin selbst Schuld. Nur ich ganz allein. Schluchzend sah ich wieder hoch und wischte mir die Tränen weg. Unbeholfen saß Marco auf dem Sofa und wusste nicht, was er machen sollte. Plötzlich sah er noch einmal hilflos in die Gegend, doch dann rutschte er dichter zu mir und nahm mich einfach in den Arm. Seine starken Arme schlangen sich um meinen Körper. Ich kroch im Schneidersitz halb auf seine angewinkeltes Bein und ließ meinen Kopf gegen seine Brust fallen. Eine seiner Hände lag auf meinem Kopf und streichelte mich sanft. Es war so unglaublich, wie sehr mich seine Nähe beruhigte. Immer noch. Ich weiß nicht, wie lange ich in seinem Arm lag, doch irgendwann lösten wir uns voneinander. Marco musterte mich: "Gehts wieder?" Ich nickte nur stumm. "Ok pass auf. Ich bin froh, dass ich jetzt einen Teil der Antworten auf meine Fragen habe. Das heißt nicht, dass ich das jetzt alles vergessen werde, dafür hast du mich zu sehr verletzt. Aber es bringt nichts in der Vergangenheit zu leben. Wir haben ein gemeinsames Kind und ich werde dazu stehen. Jetzt ist der Blick in die Zukunft wichtig."

Sind alle Fußballer arrogante Arschlöcher?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt