Kapitel 96

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Den restlichen Abend saßen wir gemütlich beieinander, bestellten Pizza, tranken das ein oder andere Bier und unterhielten uns gut. Trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, dass sich die Jungs mir gegenüber anders verhielten. Blickkontakt herrschte fast gar nicht zwischen uns und auch die Stimmung war durchgehend etwas angespannt. "So, ich werde los. Ramsey kommst du mit?" meinte dann Armin gegen 21 Uhr und erhob sich auch sofort. Ramsey sprang auch förmlich auf. "Jap, mein Bett ruft." Bett, um 21 Uhr? Das glaubt er doch wohl selber nicht. "Bleibt doch noch." flehte Marco fast. Armin schüttelte entschieden den Kopf: "Sorry, Marco. Heute ist für mich echt Sense. Wir sehen uns Sonntag bei Robin." Leicht geknickt stand auch Marco auf und verabschiedete sich. Auch Robin brach mit den anderen Beiden zusammen auf. "Tut mir leid." meinte ich kleinlaut als sich Marco wieder aufs Sofa fallen ließ. Er runzelte die Stirn: "Was tut dir leid?" Ich schnaufte kurz: "Dass die Situation jetzt so scheiße ist." Marco zuckte mit den Schultern. Also war es ihm auch aufgefallen und ich hatte mir das nicht eingebildet. "Haben es doch relativ gut aufgenommen." versuchte Marcel die Situation herunter zu spielen. Marco schnaufte: "Hast du nicht gemerkt wie Ramsey und Armin sich verhalten haben?" Marco war sauer, bzw. eher angepisst. "Was hast du erwartet?" wendete sich Marcel wieder an ihn. "Eigentlich haben die sich daraus zu halten. Ist doch meine Sache." Bestürzt sah Marcel zu Marco: "Du willst, dass sie sich daraus halten? Das sind deine Kumpels. Sei froh, dass ihnen das nicht am Arsch vorbei geht." Marco sah ihn nachdenklich an: "Trotzdem können die sich mal ein bisschen entspannen." Ich sagte einfach gar nicht, weil mir die ganze Situation sehr unangenehm war. Ich war das größte Miststück auf Erden und Marco muss es jetzt für mich ausbaden. Ich hoffe nur, dass sich die Jungs jetzt nicht von ihm abwenden. Plötzlich schlug Marco auf den Tisch und erhob sich auch. Ich zuckte zusammen. "Ich werde auch los." Ich richtete meinen Blick auf den Mann vor mir. Ich sah seine angespannte Haltung. Klar machte ihm das alles zu schaffen. Er war verletzt und dann auch noch der Stress mit Scarlett und den Jungs. Und wer war Schuld? Ich natürlich. "Wegen Sonntag schreiben wir nochmal?" vergewisserte sich Marco und sah mich dabei an. Ich nickte nur, sagte aber nichts. Er lehnte sich zu mir runter, gab mir einen flüchtigen Wangerkuss. Dann gingen die beiden Jungs durch den Flur und zur Tür. Ich vernahm Stimmen, die sich aufgebracht anhörten, verstand aber nichts. War vielleicht auch besser so.

Nachdem ich noch kurz mit Marcel geredet hatte und wir noch einen Tee getrunken hatten, lag ich jetzt im Bett und war immer noch hellwach. Ich grübelte. Und meine Gedanken machten mich fertig. Immer wieder begann mein Herz zu rasen. Als ich Marco das erste Mal sah, spürte ich so einen Hass ihm gegenüber, wie ich ihn selten gespührt hatte. Ich weiß nicht woran das lag. Er kam einfach überheblich und geldgeil rüber. Ich wollte mich auch überhaupt nicht vom Gegenteil überzeugen lassen, doch er ließ nicht locker. Was dieser Mann alles tat, um mich zu beeindrucken, war der Wahnsinn. Das Highlight war der Abend in der Eishalle. Wir Beide ganz allein auf dem Eis. Als wir dort unseren kleinen Unfall auf dem Eis hatten und wir lachend nebeneinander lagen, wurde mir klar, dass dieser Typ doch nicht ganz so schlimm sein konnte. Immer mehr schloss ich Marco in mein Herz. Nie hatte ein Mann sich so viel Mühe gegeben um mich zu beeindrucken. Und dann unser erster Kuss. Den werde ich nie vergessen. Als ich an diesen Moment dachte, raste sofort mein Herz und mir wurde ganz anders. Mit Marco hatte ich alles, was ich brauchte um glücklich zu sein. Er hat mich auf Händen getragen. Klar, wir hatten auch schwere Zeiten. Ich war eingespannt durch meinen Beruf und er natürlich auch. In den englischen Wochen war es einfach unmöglich sich zu sehen. Und dann ließ ich mich auf Moritz ein. Mir wurde schlecht als ich daran dachte. Ich fühlte mich schäbig. Ich war sauer auf Marco und zack, springe ich sofort mit einem anderen ins Bett. Gott, war ich eine Hure. Marco hatte das nicht verdient. Er hat sich nie etwas zu Schulden kommen lassen und ich? Ich betrüge ihn eiskalt. Und noch viel schlimmer, belüge ich ihn und alle anderen. Als ich so über mein Verhalten nachdachte, begann ich einfach hemmungslos zu weinen. Ich konnte es einfach nicht zurückhalten. Alles war so verzwickt. Und nur weil ich so dumm war. Alles könnte jetzt schön sein, hätte ich diesen einen dummen Fehler nicht begangen. Aber es war zu spät. Ich musste jetzt das beste aus der Situation machen, meinem Sohn zuliebe.

Marcos POV

Es war 14 Uhr und ich war mit meinem Auto auf dem Weg zu Fornis Wohnung, um ihn und Vico abzuholen. Heute stand ja der erste Männernachmittag auf dem Plan. Ich freute mich wirklich, auch wenn meine Laune getrübt wurde. Ich hatte Scarlett immer noch nicht erreicht. Sie war wie vom Erdboden verschluckt. Ich wusste nur, dass sie in Hagen war, mehr nicht. Sie antwortete auf keine Nachricht und ans Handy ging sie auch nicht. Hoffentlich braucht sie einfach nur Zeit. Länger konnte ich nicht grübeln, denn ich war angekommen. Ich lief zur Tür und dort begrüßte mich schon ein grinsender Marcel, der eine dicke Tasche über der Schulter und meinen Sohn auf dem Arm hatte. Quietschend nahm ich ihn sofort entgegen und knuddelte ihn, dann begrüßte ich auch meinen besten Freund. "Auf geht's." strahlte mich Marcel an. "Wo ist Lea?" erkundigte ich mich sofort. "Bei Lisa und Jenny." Ich zog die Augenbraue hoch: "Erzählt sie es ihnen?" Marcel zuckte mit den Schultern: "Sie wollte gucken, ob es sich ergibt." Verwirrt sah ich ihn an: "Kann sie das nicht mit mir absprechen? Ist doch logisch, dass es dann Roman und Schmelle auch sofort wissen und dann nachher sofort die ganze Mannschaft oder was?" Marcel schob mich aus der Tür und wieder Richtung Auto. Wie konnte er das so gelassen sehen? "Chill mal. Lea macht das schon und außerdem ist es ihre Sache wem sie erzählt, dass sie ein Kind hat." Ich schüttelte grinsend den Kopf: "Darf ich anmerken, dass es auch mein Kind ist?" Marcel nickte: "Kannst ja mal fix durchrufen." Mit meinem freien Arm boxte ich ihm gegen die Schulter. Er grinste: "Nun lass uns den Nachmittag bei Robin genießen." Stöhnend platzierte ich Vico in seinem Sitz und dann fuhren wir los. Bei Robin angekommen, waren Ramsey und Armin schon da. Wir gingen sofort in den Garten und sahen die drei. Alle erhoben sich sofort, um uns zu begrüßen. "Na du kleiner Scheißer." meinte Robin grinsend und streichelte Vico über die Wange. "Wir haben ein Geschenk für euch." meinte Armin dann etwas zaghaft. Ich schob meine Sonnenbrille nach oben und musterte die Jungs. "Ok?" meinte ich nur verunsichert. Armin gab mir eine kleine Plastetüte. Wie auf Kommando nahm mir Marcel Vico ab. Ich guckte etwas fragend, öffnete dann aber die Tüte. Als ich das Geschenk sah, musste ich sofort breit grinsen. "Ihr Spinner." meinte ich nur und auch die Jungs lachten. In der Hand hielt ich einen Strampler mit der Aufschrift: "Ich schrei für dich, Borussia." Ich freute mich wirklich über die Aufmerksamkeit. Das waren halt meine Jungs.


Sind alle Fußballer arrogante Arschlöcher?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt