Kapitel 97

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Inzwischen saßen wir alle oberkörperfrei und mit einem Bier in der Hand zusammen. Robin und Armin sühlten sich im Pool, Forni, Ramsey und ich saßen am Rand des Pools. Vico hatte ich in seine Schale gesetzt und den kleinen Sonnenschirm, den mir Lea mitgegeben hatte, so platziert, dass es für ihn nicht zu warm war. "Sorry, wenn ich das Thema nochmal anschneiden muss, aber ich muss dich einfach nochmal fragen. Wie kannst du ihr das alles einfach so verzeihen?" Es war Armin, der nachfragte. Ich nippte an meinem Bier und atwortete erstmal nicht, denn ich wusste, dass er gleich fortfahren würde. Er kam direkt zum Poolrand und musterte mich. "Ich meine... Also... Das war nicht nur eine Notlüge oder sowas. Sie hat dir extrem weh getan indem sie einfach abgehauen ist und dann verschweigt sie dir, dass sie von dir schwanger ist?" Immernoch sagte ich nichts. "Wie kannst du das einfach alles vergessen?" Jetzt platzte es aus mir heraus: "Ich vergesse hier gar nichts, das kannst du mir glauben. Jedes Mal, wenn ich sie sehen, zieht es in meinem Herzen. Jedes beschissene Mal. Jedes Mal erinnere ich mich daran, wie sehr sie mich verletzt hat und wie sehr ich sie geliebt habe. Immer wieder sehe ich die Szene vor Augen, wie sie mir eiskalt gesagt hat, dass sie nach Berlin geht. Und du bist der Meinung, dass ich das einfach so vergesse?" Jetzt war Stille. Niemand rührte sich oder sagte einen Ton. Selbst die Vögel zwitscherten nicht mehr. Robin kam an den Poolrand geschwommen: "Und warum tust du dir das dann an?" Ich lachte auf und drehte mich zu Vico: "Weil dieser kleine Fratz dahinten mein Kind ist. Mein Fleisch und Blut. Ich will für ihn da sein, sehen wie er aufwächst, hören wie er das erste Mal Papa sagt. Könnte ihr das denn gar nicht verstehen?" Enttäuscht ließ ich mich zurück auf den Stuhl fallen und nahm einen Schluck von meinem Bier. "Ich war so unheimlich froh, als ich durch den Vaterschaftstest erfuhr, dass ich der Vater bin, das könnt ihr mir gar nicht glauben." Und fuck, da war es mir rausgerutscht. Eigentlich hatten wir abgesprochen dieses Detail außen vor zu lassen. Robin, Ramsey und Armin sahen mich verwirrt an. "Warum Vaterschaftstest?" Ich sah hilfesuchend zu Marcel. "Sag es ihnen." meinte er ruhig und gab mir damit Beistand. Ich atmete tief durch und erzählte ihnen dann auch Leas Ausrutscher mit Mo. Ja, die drei waren schockiert. Wobei, das ist gar nicht der richtige Ausdruck, sie waren fassungslos. Niemand hätte Lea das zugetraut. "Ej ganz ehrlich Bov, das musst du dir von diesem Flitchen nicht bieten lassen. Du kannst das Sorgerecht einklagen. Lea spinnt doch. Wie konnte sie nur? Ich habe mich echt in ihr getäuscht." meinte Armin abwertend als er aus dem Wasser stieg. Sofort sprang Forni wütend auf und tippte ihm immer wieder auf die Brust: "Gehts dir noch gut? Nenn sie nie wieder so?" Armin konterte: "Und du beschützt sie immer noch? Bist du noch ganz dicht? Was bist du für ein Freund?" Marcel und Armin standen nur wenige Zentimeter auseinander. Marcel: "Du hast kein Recht über sie zu urteilen. Keiner weiß wie beschissen es ihr ging und sie weiß, dass sie einen Fehler gemacht hat." Jetzt schaltete sich auch noch Ramsey ein: "Trotzdem rechtfertigt das ihr Verhalten nicht." Marcel wieder: "Ist schon klar, sage ich ja auch nicht. Trotzdem braucht Armin sie nicht derart zu beschimpfen.", "Er hat aber Recht." meinte Ramsey wieder. Ich erhob mich schon und wollte einschreiten, da hörte ich schon Robins Stimme: "Jungs, können wir bitte alle runter kommen? Das bringt jetzt nichts, wenn wir uns hier gegenseitig voll maulen." Ich sah Robin dankend an. In der Zwischenzeit hatte ich Vico zu mir auf den Arm geholt, da er unruhig wurde, kein Wunder bei dem Stress hier. Als wir alle wieder saßen, ergriff Robin wieder das Wort: "Also... Ja, Lea hat Mist gebaut, großen Mist, aber dieser kleine Kerl dadrüber kann überhaupt nichts dafür. Er hat es verdient mit beiden Eltern aufzuwachsen. Und deswegen finde ich es super, dass Marco so extrem gut mit der Situation umgeht." Armin sah ihn unschlüssig an: "Aber..." Doch Robin funkte wieder dazwischen: "Nichts aber... Er ist der Vater und ich finde es super, dass er zu seinem Sohn steht, auch wenn die Situation wie das alles gekommen ist, mehr als scheiße ist. Aber das kann keiner mehr ändern, am wenigsten wir. Und wir sollten als seine Freunde zu ihm halten und ihm keine Vorwürfe machen, dass er mit der Mutter seines Kindes versucht normal umzugehen. Jeder von uns weiß, dass das mehr als schwer für ihn ist." Verdutzt sah ich Robin an, so kannte ich ihn überhaupt nicht. "Alter Robin, ich glaub aus deinem Mund ist noch nie so viel sinnvolles Zeug gekommen." bemerkte jetzt auch Forni. Ich musterte Armin, der mit seinen Fingern spielte. Plötzlich meinte er ganz leise flüsternd: "Du hast Recht." Grinsend sah ihn Robin an: "Was hast du gesagt?" Armin verdrehte die Augen und schrie fast: "Du hast Recht." Robin grinste zufrieden: "Ich weiß." Um ehrlich zu sein, war ich froh, dass die Jungs jetzt wirklich alles wussten. Klar, werden sie Lea jetzt noch komischer angucken, aber da muss sie durch, auch wenn es sich jetzt krass anhört. Und ich war froh, dass meine Jungs nun wieder zu mir halten.

Gegen 19 Uhr verabschiedeten Marcel und ich uns, weil Vico rumgnöterte und ins Bett musste. "Es ist gut, dass die drei jetzt alles wissen." meinte Marcel im Auto zu mir. Ich nickte: "Ja, denke ich auch. Ich hab echt genug von den ganzen Lügen. Auch, wenn der Umgang zwischen Lea und den dreien wohl nie wieder so wird wie früher.", "Wir werden sehen, was die Zeit bringt." Ja, das werden wir. Als wir bei Marcel ankamen, stand Leas Auto bereits dort, sie war also zurück. Als wir die Tür öffneten und sie uns in Leggins, einem weiten Pulli und Kuschelsocken entgegen gerannt kam, zwickte es wieder in meinem Herzen, wie jedes beschissene Mal, wenn ich sie sehe. Zu tief steckt der Schmerz immer noch. "Endlich. Man erreicht euch ja auch nicht. Ich dachte ihr wärt verschwunden." meinte sie hibbelig und nahm mir sofort Vico ab und knuddelte ihn. Sie hatte ihn vermisst. "Komm runter, sein Vater war ja wohl auch dabei." meinte Marcel nur und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Gemeinsam liefen wir durch den Flur ins Wohnzimmer. "Ich mache ihn gleich bettfertig." meinte sie immer noch voll auf Vico konzentriert und zischte ab. Marcel verschwand in die Küche, also entschloss ich mich Lea nachzugehen. Ich blieb in der Tür zum Gästezimmer stehen. Lea hatte unseren Sohn auf die Komme gelegt, die zum Wickeltisch umfunktioniert wurde und grinste übers ganze Gesicht. "Na Puschel, hattest du Spaß mit Papa und Onkel Marcel?" sprach sie an Vico gewandt und kitzelte leicht seinen Bauch. Irgendwie machte mich dieser Anblick traurig. Warum auch immer. "Du hast es Jenny und Lisa erzählt?" platzte es dann aus mir heraus und ich ging ins Zimmer. Ruckartig drehte sie sich um: "Gott, hast du mich erschreckt." Während ich näher an die Beiden herantrat, drehte sie sich wieder um. "Ja habe ich." meinte sie dann kurz angebunden. "Sorry, dass ich vorher nicht Bescheid gesagt habe." Es hörte sich irgendwie bockig und vorwurfsvoll an. "Ist ja deine Sache." meinte ich dann nur. Traurig sah sie mich kurz an, wendete die Blick aber wieder ab. "Ich habe ihnen alles erzählt." meinte sie dann und betonte dabei alles. "Ich den Jungs auch." Erschrocken drehte sie sich zu mir. Ich hasste es sie so zu sehen. "Wieso?", "Ist mir raus gerutscht.", "Aha." Wieder wendete sie sich Vico zu. "Was haben Lisa und Jenny gesagt?", "Waren fassungslos und geschockt, was ja zu erwarten war." Ich nickte: "Aber jetzt ist alles gut?" Sie nickte: "Ja, so halbwegs." Irgendwas hatte sie. Die Spannung im Raum war richtig zu spüren. Plötzlich drehte sie sich direkt zu mir und stemmpte die Arme in die Hüfte: "Warum hast du mir nicht gesagt, dass Moritz nach Rom gewechselt ist?" Ich lachte auf, darum ging es also. "Wusste nicht, dass dich das so brennend interessiert." Sie schüttelte den Kopf: "Du wusstest, dass ich nochmal mit ihm reden wollten.", "Reden, aha." Böse funkelte sie mich an: "Marco, was soll das?" Ich drehte mich um und tigerte durch das Zimmer: "Was soll was? Entschuldige bitte, dass Moritz nicht Thema Nummer 1 ist, über das ich mit dir reden will." Inzwischen hatte sie Vico auf dem Arm und legte ihn ins Kinderbett. "Eine kurze Anmerkung, dass er nicht mehr hier ist, hätte gereicht." Wieder grinste ich verschwörerisch: "Warum? Wärst du dann in Berlin geblieben, wenn du gewusst hättest, dass er nicht mehr hier in Dortmund ist?" Wütend sah sie mich an: "Raus." Ich runzelte die Stirn: "Was?", "Raus aus dem Zimmer." Sie ließ mir gar keine Zeit, sondern drückte mich aus dem Zimmer und knallte die Tür vor mir zu. Rums, nur wenige Zentimeter vor meiner Nase. "Was war das denn?" erkundigte sich Marcel besorgt. Ich zuckte mir den Schultern und ging Richtung Ausgang: "Keine Ahnung. Ich fahr jetzt." Mehr sagte ich nicht, sondern haute einfach ab. Aus dem Nichts hatten Lea und ich uns gestritten. Was war das bitte gerade und wie ist dieser Streit überhaupt entstanden? Frustriert fuhr ich zu mir.

Sind alle Fußballer arrogante Arschlöcher?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt