Zwei Schuss, ein Treffer ✔Teil 3

Kapitel 7

"Kathi, kannst du mir mal erklären, was das eben beim Essen war?" Wir hatten kaum die Tür hinter uns geschlossen, als Vicki auch schon über mich herfiel.
"Naja, Erik war der Typ, der die Cola über mich gegossen hat. Und vielleicht haben wir im Flugzeug auch miteinander geredet und die Nummern getauscht.", gab ich kleinlaut zu. "Ich muss mich aber schnell noch umziehen und schminken, damit ich fertig bin, wenn er mich gleich abholt."
Vicki musterte mich irritiert "Seit wann schminkst du dich? Und seit wann ziehst du dich extra um?" Gut, ich war jetzt nicht so ganz das Modepüppchen, genau wie meine Schwester. Wir standen mehr auf Urban look. Aber ich wollte ja jetzt nicht wie die letzte graue Maus aussehen, wenn ich mit Erik unterwegs war. Hier auf Mallorca war die bunte und schillernde Konkurrenz ja nicht ganz so klein.
"Was war eigentlich mit dir und Dogan?" Ein bisschen Ablenkung von mir schadete ja nicht wirklich und außerdem interessierte es mich wirklich, was da los war.
"Naja, der Typ ist doch nicht ganz echt. So wie der dich angestarrt hat, konnte man ja denken, der ist die böse Schwiegermutter oder du spannst ihm gerade seinen Lover aus. Vielleicht habe ich ihm so ein, zwei Worte gesagt.", grinste Vicki.
"Was für ein, zwei Worte?" Wenn meine Schwester so anfing, konnte das nichts Gutes bedeuten. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass sie ihre Körpergröße zur Einschüchterung einsetzte. Schon früher in der Schule hatte sie das genutzt. Gut, oft genug hatte sie mich da auch beschützt. Wir waren ja nur ein Jahr auseinander. Aber ehrlich gesagt war es schon komisch, dass die Leute immer dachten von großen Frauen ging mehr Gefahr aus als von kleinen. Die hatten wohl noch nie etwas von den tasmanischen Teufeln gehört, die in uns Zwergen steckten, wenn wir erst einmal zur Hochform aufliefen. Da konnten wir auch ganz alleine ganze Europalletten verschieben.
"Lass' Dogan einfach in Ruhe. Das ist einfach ein guter Freund von Erik und bestimmt sein Wingman.", setzte ich also sicherheitshalber nach, bevor das entartete.
"Das ist kein Wingman, das ist ein echter Wachhund mit Verlustängsten. Der beißt alles weg, was Erik nur etwas näher kommt. Bei dem musst du aufpassen, sonst hast du keine Chance. Aber glücklicherweise hast du ja mich. Ich halte den schon in Schach und ich bekomme auch noch raus, warum der so eifersüchtig ist." Ohoh, meine Schwester war voll in ihrem Element, da hatte man kaum noch eine Chance sie zu bremsen. Oder auch anders gesagt, sie hatte einen Bremsweg wie ein Supertanker. Sie kam erst zum Stehen, wenn sie bereits alles überrollt hatte. Mir tat Dogan jetzt schon leid. Ehe ich weiter darauf eingehen konnte, klopfte es auch schon an der Tür. So ein Mist, jetzt hatte ich mich durch das ganze Gelaber doch nicht mehr umgezogen. Ich warf noch einen schnellen Blick in den Spiegel bevor ich die Tür öffnete. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Hoffentlich brachte ich wenigstens eine halbwegs vollständigen Satz heute zusammen.
"Ich....ich hoffe...hoffe, ich bin nicht zu früh. Du....du....du siehstechthübschaus.", stotterte Erik sofort los als ich vor ihm stand. Puh, da war dann ja wohl nicht nur ich nervös. Das baute mich irgendwie auf.
"Danke.", kam auch gleich meine umfangreiche Antwort. Man, ich übertraf mich ja heute wieder selber.
"Dann lass uns gehen. Ich habe mal an der Rezeption gefragt, an der Strandpromenade soll eine ganz tolle Cocktailbar sein. Ich habe auch schon auf dem Handy mir die Karte angeguckt. Die haben da Swimming Pool, Sex on the beach, Pina Colada....." Erik quasselte jetzt in einem Tempo, dass man echt sehen musste alles mitzubekommen. Ich fragte mich gerade, ob er mir jetzt wirklich die ganze Cocktailkarte auswendig aufzählte. Aber andererseits wenn er redete, konnte ich mich wenigstens nicht blamieren.
"So, da sind wir schon." Erik lief zu einem Tisch und schob mir den Stuhl zurecht. So ein bisschen Gentleman war er ja schon. Ich musste sagen, das gefiel mir.
"Das ist echt eine tolle Aussicht." Wow, ich hatte einen ganzen Satz zusammengebracht. Die Aussicht auf das Meer war aber wirklich schön, besonders als der Himmel jetzt knallorange war und die Sonne am untergehen war. Das hätte wirklich in jeden Schnulzenkitsch Film gepasst.
Erik grinste mich an "Du bist aber eine noch viel tollere Aussicht." Uih, das hörte man doch als Frau gerne. "Kommst du eigentlich auch aus Dortmund oder bist du nur von da geflogen?"
Okay, das war ja mal keine schwere Frage und ich merkte, wie sich mein Puls langsam beruhigte und meine Zunge sich entknotete.
"Eigentlich komme ich aus Berlin, aber ich wohne jetzt in Dortmund. Und du?" Wow, ich klopfte mir auf die Schulter. Ein Hauptsatz, ein Nebensatz und eine Frage.
"Naja, eigentlich komme ich aus Pirmasens, aber ich wohne jetzt schon seit fast sechs Jahren in Dortmund. Ist echt witzig, euch Berlinerinnen muss es ja nach Dortmund ziehen. Zwei von meinen Kumpels haben auch berliner Frauen.", lachte Erik.
"Tja, wir Berlinerinnen sind halt spitzenklasse. Hast wohl schlaue Kumpels.", flutschte es mir raus. Okay, jetzt war ich definitiv aufgetaut. Innerlich atmete ich auf.
"Ich bin eigentlich auch ein ziemlich schlaues Kerlchen.", zwinkerte er mir zu.
"War das eine Warnung? Sollte ich mich jetzt vorsehen?", zwinkerte ich zurück. Okay, so langsam bekam ich vor mir selber Angst. Was stellte dieser Kerl mit mir an.
"Vielleicht." Jetzt konnten wir beide unser Lachen aber doch nicht mehr zurückhalten und der Ober, der gerade unsere Getränke brachte schaute uns irritiert an.
"Dann lass uns anstossen auf einen schönen Abend und auf einen noch schöneren Urlaub." Erik hielt mir sein Glas hin. Ja, ich hatte das Gefühl, das könnte ein wirklich vielversprechender Urlaub werden, so wie er schon anfing. Mit Erik würde ich mit Sicherheit viel Spaß haben und vielleicht ergab sich ja auch noch mehr daraus als ein Urlaubsflirt, schließlich wohnten wir beide in Dortmund. Das war doch schon einmal eine ziemlich gute Basis. Aber trotzdem sollte ich nicht schon irgendwelche Pläne machen. Lieber einen Schritt nach dem anderen, sagte ich zu der Schmetterlingsarmee in meinem Bauch.