Kapitel 5

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Ich stand immer noch vor dem Gepäckfach und versuchte meinen Rucksack dort hinein zu wuchten. Waren diese Dinger eigentlich nur für Riesen gemacht? Mist, dass Vicki schon gestern geflogen war. Die hätte da garantiert keine Schwierigkeiten gehabt und mir geholfen. Ich musste gestern aber noch die Übergabe an Jasi machen, die erst aus dem Urlaub wiedergekommen war. Ein paar Sachen hatten sich ja doch in den letzten Tagen in der Agentur ergeben. Jetzt hatte ich aber erst einmal zehn Tage Urlaub auf Mallorca vor mir. Also nur, wenn ich endlich diesen Mistrucksack in dieses Fach bekam und mich auf meinen Fensterplatz bewegen konnte.
"Kann ich dir helfen?", ertönte auf einmal eine recht sympathische Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und wollte gerade antworten, als ich mich auch schon verschluckte. Ich nickte also nur stumm und rutschte nachdem mein Rucksack verstaut war in meine Sitzreihe. Das war doch echt nicht wahr. Der Typ rutschte auf den Sitz neben mich. Himmelarschundzwirnsfaden, was sollte ich denn jetzt machen. Vicki war natürlich nicht da, die mir einen Tip hätte geben können, genauso wie Franzi und Jasi. Das war dieser superschnuckelige Typ aus dem Vapiano und der saß hier neben mir im Flugzeug und ich hatte vor lauter Aufregung mal wieder meine Zunge verschluckt. Na klasse, was sollte ich denn jetzt die knapp drei Stunden hier im Flugzeug machen? Ich konnte doch nicht die ganze Zeit nur aus dem Fenster starren. Ich schielte also ganz vorsichtig zu meinem Sitznachbarn, der sich gerade mit dem Kerl neben sich unterhielt. Okay, ich würde einfach lesen. Das war doch ganz unauffällig. Taten ja die meisten Leute im Flugzeug, zu mindestens die, die intelligent genug waren ihr Buch nicht in dem Rucksack zu lassen, den sie ins Gepäckfach gelegt hatten und an den sie jetzt nicht rankamen, ohne alle wieder hochzuscheuchen. Ganz zu schweigen von dem Kampf ihn aus diesen Höhen wieder herauszubekommen. Gut oder auch nicht, lesen fiel also weg. Dann schaute ich halt doch aus dem Fenster. Obwohl ich könnte ja auch auf meinem Handy zocken. Jedenfalls solange wie der Akku hielt.
"Was magst du denn trinken?" wurde ich auf einmal angestupst. Mein Kopf schoss hoch und ich starrte in das grinsende Gesicht von meinem Sitznachbarn, der mit dem Kopf Richtung Stewardess deutete, die mich erwartungsvoll anschaute. Stimmt ja, ich hatte diesen dämlichen teuren Tarif gebucht, wo es auch Essen und Trinken gab.
"Eine Cola.", fiepste ich während mein Kopf glühte. Keine Minute später reichte mir auch schon die Stewardess den Becher, den ich mit zittrigen Händen entgegennahm und auf das Tischchen vor mir stellte bevor ich mich wieder meinem Handy widmete.
"Was zockst du denn da?" Wieder schoss mein Kopf hoch und ich schaute in zwei grünblaue Augen, die mich definitiv an Bergseen erinnerten. "Ich bin übrigens Erik und das ist mein Kumpel Dogan." und schon wurde mir eine Hand  entgegengestreckt.
"Free fall.........ähm Kathi.", stotterte ich und spürte schon wieder wie mein Kopf glühte. Man, war das peinlich. Warum bekam ich denn jetzt keinen geraden Satz heraus? Das wäre ja nur noch zu toppen, wenn ich ihm jetzt auch noch meine Cola über die Hose kippte. Ich griff also schnell meinen Becher, um ihn auszutrinken, damit so etwas garantiert nicht passieren konnte als ich wieder angestupst wurde und sich mein Becher über meinem wunderbaren weißen T-Shirt entleerte. Na klasse. Waren wir hier bei Miss Wet T-Shirt.
"Oh, oh, sorry,..... das....das..... wollte ich nicht.", stotterte jetzt zur Abwechslung dieser Erik. Ich schaute ihn an und musste jetzt doch grinsen, denn jetzt glühten seine Wangen und nicht meine als er anfing mit einem Taschentuch wie wild an meinem T-Shirt herumzutupfen. Ich griff nach seiner Hand und nahm ihm das Taschentuch weg, bevor er noch endgültig im Sperrgebiet tupfte.
"Brüste anfassen erst nach dem dritten Date.", rutschte es mir heraus. Nee, oder? Das hatte ich jetzt nicht wirklich gesagt? Das war der Spruch meiner Schwester. Boah, das war ja mal endpeinlich. Das hatte ich doch hoffentlich nicht so laut gesagt, dass er es verstanden hatte. Die Turbinengeräusche übertönten doch alles, versuchte ich mich zu beruhigen. Ich schielte also wieder zu ihm, um an seiner Reaktion zu sehen, ob er es gehört hatte. Sein knallroter Kopf sagte mir da jetzt nichts genaues.
"Geht....geht klar.", fing er auf einmal an zu stottern. Scheiße, er hatte es wirklich verstanden. Jetzt biss er sich auch noch so verdammt sexy auf seiner Unterlippe herum.
"Ähm....ähmm...ich schulde.....schulde dir jetzt aber ein neues T-Shirt." Okay, der Kerl war defintiv total süß, so wie ihm die ganze Sache peinlich war.
"Ist schon okay, ich habe noch zwei mehr davon und man kann es ja auch waschen." Wow, war ich heute mal cool, dachte ich stolz. Ich hatte einen ganzen Satz fehlerfrei herausgebracht.
"Ähm.... aber....ähm, dann lade ich dich auf Mallorca zu einer Cola ein."
Das hatte er jetzt nicht wirklich gesagt, oder? Er wollte mich zu einer Cola einladen. Jetzt raste mein Puls doch. Wie sollte ich denn jetzt reagieren? Vicki und meine Freundinnen hätten diese Einladung jetzt wahrscheinlich voll cool angenommen. Aber bestimmt meinte er das gar nicht ernst und hatte es nur so dahin gequatscht. Das konnte der doch gar nicht ernst meinen. Ich schielte wieder zu ihm rüber. Warum starrte der mich denn so an? Ach ja, er wartete ja noch auf eine Antwort.
"Okay." Wow, für diese umfangreiche Antwort hatte sich doch das lange Grübeln gelohnt. Da hatte ich doch wirklich dran gefeilt. So schnell kommt man nicht darauf. Innerlich klatschte ich mir die Hand vor die Stirn.
"Cool.", wurde ich angestrahlt. Dieser Kerl hatte wirklich unglaubliche Grübchen und diese roten Bäckchen, ließen ihn wie einen kleinen Lausbub aussehen. Was dachte ich denn jetzt schon wieder. "Gibst du mir dein Handy, damit ich meine Nummer einspeichern kann?" Er hielt mir seine Hand hin, also gab ich ihm mein Handy und bekam auch schon seins in die Hand gedrückt. Okay, dann speicherte ich eben auch meine Nummer ein. Ich würde mich sowieso nicht bei ihm melden. Das war mir viel zu peinlich. Aber wenn er sich meldete, okay. Dann könnte man sich ja vielleicht wirklich mal treffen. Gefallen würde er mir ja schon.
"Wo.....wo.... wohnst du denn auf Mallorca?" Erik schaute mich schon wieder erwartungsvoll an.
"Playa de Palma." Ich war schließlich bekannt für meine doch sehr umfassenden und ausschweifenden Antworten. Warum konnte ich nicht einfach so ein Plappermaul wie meine Schwester sein?
"Dogan, hast du gehört. Kathi wohnt auch in  Playa de Palma.", freute sich mein Sitznachbar, während sein Kumpel nur irgendetwas vor sich hin brubbelte. Der war ja mal megasympathisch. Irgendwie erinnerte der mich an einen verwelkten Lauch. "Das ist ja perfekt. In welchem Hotel wohnst du denn?" War das hier eine Quizshow oder ein Verhör?
"Hotel Gran Fiesta." Und wieder könnte ich mir in den Hintern treten für meine ausführliche Antwort. Der Kerl musste doch denken, ich wäre total genervt und desinteressiert. Er riss die Augen auf und strahlte wie ein Atomkraftwerk "Das ist ja unglaublich. Da wohnen wir auch. Hast du gehört Dogan, Kathi wohnt sogar im gleichen Hotel wie wir."

Zwei Schuss, ein Treffer  ✔Teil 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt