Kapitel 62

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"So, jetzt will ich aber noch meine andere Schwiegertochter begrüßen." Karin kam auf mich zugestürzt und zog mich in eine überscchwängliche Umarmung. Das war genau der Moment vor dem ich Angst gehabt hatte. Marco hatte es also seinen Eltern noch nicht geasgt und Roman hatte sich auch zurückgehalten. Toll, jetzt blieb das auch noch an mir hängen.
"Kommt Marco dieses Wochenende auch her?", löcherte mich Karin gleich weiter.  Was sollte ich denn jetzt sagen? Oder noch viel mehr, wie sollte ich ihr denn jetzt sagen, dass er mich einfach abserviert hatte. Garantiert war sie dann auch nicht mehr so nett zu mir. Was ging ich sie schließlich noch an. Wieder durchfuhr mich ein Stich in der Brust, denn ich hatte Karin und Martin wirklich liebgewonnen. Genau in diesem Moment brach wieder meine Fassade zusammen, die ich mir die letzten zwei Wochen so schwer erarbeitet hatte. Sofort rebellierte auch wieder mein Magen und ich stürzte los Richtung Toilette.
Als ich wieder zurück ins Wohnzimmer kam, saßen alle am Kaffeetisch und unterhielten sich. Die Männer waren schon beim Endspurt der Bundesliga angekommen und die Frauen lästerten über irgendwelche Influenzer. Das war gut, dann war ich wenigstens nicht das Gesprächsthema mit meinem Auftritt.  Vielleicht hatte Karin ja auch ihre Frage vergessen. Ich setzte mich also ganz klamm heimlich auf den noch freien Stuhl.
Als Leo anfing zu weinen, sprangen sofort beide Omas auf und rannten los.
"Heute lasse ich dir den Vorrang, aber morgen bin ich dann dran meine Enkelin zu verwöhnen.", grinste Karin.
"Na, dann bist du ja bald im Stress.", rutschte es Jasi heraus. Alle schauten sie überrascht an.
"Wie meinst du das?" Karin sah man ihre Verwirrung an.
"Naja, du wirst doch bald wieder Oma.", kam es von Vicki. Super, meine Schwester konnte sich auch nicht zurückhalten. Warum konnte sie nicht einmal einfach ihre Klappe zu lassen. Jetzt würde doch gleich diese dämliche Trennung aufploppen und die ganze Stimmung wäre ruiniert.
Karin riss ihre Augen auf und sprang auf, um mich zu umarmen "Ach komm her, meine Süße. Ich freue mich ja so für euch. Wie weit bist du denn schon? Als ich dich vorhin gesehen habe, habe ich mir das fast gedacht, aber ich habe mich gar nicht getraut zu fragen und dann quält dich auch noch diese olle Übelkeit. Warum hat Marco denn gar nichts erzählt? Oder wolltet ihr uns damit zusammen überraschen?" Karin stand völlig unter Strom. Scheiße, wie sehr hätte ich mir diese Reaktion so gewünscht. Wieder gab es diesen fiesen Stich und mir wurde klar, was ich außer dem Mann, den ich geliebt hatte, noch verlieren würde. Ich spürte diesen elend dicken Kloß im Hals. Wie sollte ich ihr damit die Wahrheit sagen. Meine Nase fing von den aufsteigenden Tränen auch schon an zu kribbeln.
"Stop, Karin. Meine Schwester ist nicht schwanger. Dein Sohn wird nur Vater.", griff jetzt Vicki ein.
"Wie jetzt?", Karin schaute verwirrt von mir zu Vicki und dann zu Jasi "Du bist schon wieder schwanger. Roman, du hättest dich ja wohl ein wenig zurückhalten können. Jasis Körper muss sich doch erst wieder von der Schwangerschaft erholen." Sie verpasste ihrem Sohn einen Klaps an den Hinterkopf.
"Mama, was denkst du denn von mir? Jasi ist nicht schwanger.", empörte sich dieser.
"Dann verstehe ich jetzt gar nichts mehr." Karin ließ sich wieder auf ihren Stuhl plumpsen und schaute mich an. Plötzlich runzelte sie die Stirn "Das ist jetzt nicht wahr, oder? Was hat dein Bruder für Scheiße gebaut? Und wieso erfahre ich das erst jetzt, Roman." Sie schaute ihren Sohn sauer an, während sie mir liebevoll über den Rücken strich.
"Boah, ich habe gedacht er hätte es euch schon längst gesagt.", stöhnte Roman.
"Was gesagt? Raus jetzt mit der Sprache, sonst werde ich gleich richtig stinkig. Ihr steckt doch wie immer unter einer Decke." Karin funkelte Roman an.
"Nee, tun wir nicht. Er baut die Scheiße und ich werde wie immer mit zur Rechenschaft gezogen, während er sich irgendwo darum drückt. Ich habe so die Nase voll davon.", meckerte Roman und fuhr sich mit der Hand durch seine Haare. Nö, ich wollte nicht schon wieder für einen Streit in der Familie Bürki verantwortlich sein.
"Marco hat sich von mir getrennt, weil er sich mit Alexia versöhnt hat.", schniefte ich "Sie wohnt bei ihm in Belgien und sie haben sich verlobt. In einem halben Jahr werdet ihr dann auch Großeltern.", leierte ich verbittert alles herunter. So, dann war es jetzt wenigstens heraus. Dani sprang auf und zog mich in ihre Arme "So ein Idiot.", flüsterte sie mir ins Ohr. Das tat irgendwie richtig gut.
"Das ist doch jetzt nicht wahr, oder?" Karin war völlig fassungslos. "Martin, dein Sohn ist so ein Idiot." Auch Martin schüttelte nur ungläubig mit dem Kopf "Der kann doch nicht wirklich diese unmögliche Person heiraten wollen. Die braucht er gar nicht bei uns anschleppen. Wenn sie dann die Nase voll hat, lässt sie ihn wieder sitzen. Und wenn er dann denkt, dass er das Kind bei uns abladen kann, hat er sich geschnitten." Mein Kopf schnellte hoch. Marcos Eltern waren ja alles andere als begeistert von ihrer zukünftigen Schwiegertochter.
"Mensch Süße, verjiss den Kerl einfach, der ist gar nicht jut jenuch für dich.", auch Chris umarmte mich liebevoll und zog mich in seine kräftigen Arme "So einen Hallodri brauchst du nicht. Da kommt noch einer, der dich viel mehr verdient hat. Andere Mütter haben auch schöne Söhne." Jetzt musste ich doch ein bisschen lächeln. Chris war einfach so liebevoll wie ein großer Teddybär.
"Mein Sohn ist der dümmste Mensch auf Erden, wenn er sich eine Frau wie dich entgehen lässt.", meldete sich auch Martin zu Wort und strich mir sanft über den Arm. Mit der Reaktion hätte ich nicht einmal im Ansatz gerechnet. Aber es tat unwahrscheinlich gut.
"So, jetzt lasst uns auf den Schreck erst einmal weiter Kaffee trinken.", versuchte Roman wieder alle auf ihre Plätze zurück zu bekommen und fing an den Kuchen zu verteilen. Und es senkte sich eine gefrässige Stille über den Raum als plötzlich Jasis Stimme ertönte "Aber Kathi, bist du dir wirklich sicher, dass du nicht schwanger bist? Karin hat schon Recht, dass du dich irgendwie verändert hast. Und diese ständige Übelkeit und der Kreislauf." Alle Blicke lagen jetzt wieder auf mir.

Zwei Schuss, ein Treffer  ✔Teil 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt