Kapitel 54

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Ich stieg aus meinem Auto und schaute hinauf zu den Fenstern von Marcos Wohnung. Es brannte in jedem Zimmer Licht. Ich musste schmunzeln bei dem Gedanken wie er wahrscheinlich gerade noch schnell mit dem Staubsauger durch die Wohnung turnte. Ich freute mich schon riesig auf unser Wiedersehen, denn wir hatten jetzt schon Anfang Februar und das hieß, dass wir uns schon fünf Wochen nicht gesehen hatten. Leider hatte mich die Arbeit doch so in Beschlag genommen, dass ich nicht früher weg konnte und Marco konnte auch nicht zu mir kommen, weil er durch seine Verletzung noch eine Menge Trainingsrückstand aufzuholen hatte. Jetzt stand ich aber endlich hier in Waregem und mein Herz fing an von Minute zu Minute schneller zu schlagen. Ich hatte Marco gestern einfach mit der Nachricht überrascht, dass ich kommen würde. Ich griff mir also meine Reisetasche aus dem Kofferraum und marschierte los.
"Hallo Kathi, du bist ja schon da.", wurde ich sofort von meinem Schatz begrüßt, als ich ihm auch schon um den Hals fiel.
"Uih, da hat mich aber jemand total vermisst.", grinste Marco mich an und wirbelte mich im Kreis während ich mich an ihn klammerte.
"Du glaubst gar nicht wie sehr ich dich vermisst habe.", murmelte ich an seinen Hals. "Ich freue mich schon die ganze Fahrt über auf einen Kuschelabend mit dir."
Marco stöhnte kurz auf "Daraus wird leider nichts. Ich muss jetzt noch einmal zum Trainingsgelände und dann ins Mannschaftshotel. Aber wir haben dann ja noch morgen Abend. Du musst doch erst am Sonntag mittags wieder zurück, da können wir ja dann am Sonntag ausschlafen." Und schon wurde mir ein Kuss zum Abschied auf die Schläfe gedrückt und Marco verschwand zusammen mit seiner Sporttasche aus der Tür. Na toll, so hatte ich mir das ja nicht vorgestellt. Wieso musste Marco überhaupt ins Mannschaftshotel? Das musste er doch sonst nie. Naja, vielleicht wollte der Trainer mal was neues ausprobieren. Das war ja beim BVB auch von Spiel zu Spiel verschieden. Ich lief also ins Wohnzimmer und ließ mich auf das Sofa plumpsen. Was sollte ich jetzt mit mir anfangen? Fernsehn fiel auf grund der Sprache schon einmal weg. Mein Blick streifte durch die Wohnung. Es brannte ja überall noch Licht. Das musste ja nun auch nicht sein. Also stand ich auf, um das Lichtermeer auszutrocknen. Als ich im Bad ankam, blinkte mich der Wäschetrockner vorwurfsvoll an. Okay, dann würde ich den erst einmal ausräumen. Mit der warmen Wäsche bepackt stiefelte ich also ins Schlafzimmer und fing an sie wegzuräumen. Boah diese dämlichen Socken stellten sich schon wieder quer und das blöde Schubfach klemmte. Wutentbrannt schob ich die Sockenknäule also hin und her. Warum waren die eigentlich so widerspenstig? Was war das denn jetzt? Ich hielt in meinen Fingern eine samtene Schachtel. Was machte die denn zwischen den Socken? Was da wohl drin war? Das geht dich überhaupt nichts an, scholt ich mich selber und packte sie wieder unter die Sockenknäule, ehe ich dann doch das Schubfach zu schob. Ich widmete mich also wieder der restlichen Wäsche. Viellleicht war Marco ja das Samtkästchen versehentlich in das Sockenfach geraten und er suchte es verzweifelt. Ehe ich diesen Gedanken weierverfolgen konnte, gab mein Handy Geräusch. Das war bestimmt Marco. "Hallo, mein Schatz.", meldete ich mich also ohne auf das Display zu schauen.
"So lieb hast du mich ja noch nie begrüßt.", kam mir Vickis Stimme entgegen "Aber ich denke du wolltest zu Marco, warum erwartest du ihn dann am Telefon? " War ja klar, dass sie das gleich mitschnitt. "Der musste ins Mannschaftshotel.", brummte ich also missmutig.
"Okay, das ist jetzt mal echt blöd, wo ihr euch so selten seht, erklärt deine Stimmung aber nicht im Ansatz. Wenn du so rumbrummst, ist doch noch etwas anderes." Klasse, meine Schwester kannte mich einfach zu gut.
"Man, ich habe die Wäsche weggeräumt und dann ein Samtkästchen zwischen den Socken gefunden."
"Und was ist da drin? " , wurde ich sofort von Vicki untetbrochen.
"Weiß ich nicht. Ich kann da doch nicht einfach reingucken." Vicki stöhnte nur auf "Klar kannst du das, wenn er das so offensichtlich rumliegen lässt." Na ja offensichtlich würde ich jetzt in einem Schubfach unter einem Dutzend von Socken nicht gerade nennen, aber irgendwie hatte Vicki recht. "Los jetzt mach' schon." Feuerte sie mich an. Witzig, dass ich schon vor der Schublade stand und sie geöffnet hatte. Mein Unterbewusstsein schien mit Vickis Ansicht konform zu gehen. Ich griff also das Schächtelchen und öffnete es. Was ich da sah, raubte mir fast den Atem.
"Oh  Gott, oh Gott.", stotterte ich vor mich hin.
"Mensch Kathi hör auf zu stottern und sag endlich was Sache ist.", kam es nervös von Vicki.
"Da...da ist der hübscheste Verlobungsring drin, den ich jemals gesehen habe.", quietschte ich los. Auf der anderen Seite der Leitung brach auch Indianergeheul aus.
"Das ist ja der Hammer. Mach mal ein Foto und schicke es mir." Ich klappte schnell die Schachtel wieder zu und stopfte sie wieder unter die Socken.
"Nix da, den siehst du, wenn er dann an meinem Finger steckt." Mein Grinsen ging garantiert einmal um meinen ganzen Kopf. Gerade als Vicki zu quängeln anfing, zeigte mein Display einen Anruf von Marco an.
"Ich muss dich abhängen, Marco ruft an. Ciao." Schnell nahm ich den Anruf von meinem Ratatouille an.
"Na mein Ratatouille, was gibt es?" Ich hoffte nur, dass er mir meine Aufregung und auch mein schlechtes Gewissen nicht anmerkte.
"Was bist du denn so aufgedreht?" Okay, er merkte es scheinbar doch. So ein Mist.
"Ach ich habe nur gerade den Wäschetrockner ausgeräumt." Ein Lachen scholl mir entgegen. " Na, wenn dir das so gute Laune zaubert, dann lasse ich dir jetzt immer die Wäsche da. Ich hoffe, deine Laune bleibt so gut, wenn ich dir jetzt sage, dass wir morgen wieder ein Mannschaftsessen haben. Das wird also morgen dann doch nichts mit einem Kuschelabend." Heute konnte nichts meine Laune wirklich trüben, dachte ich als ich mich später auf das Sofa fallen ließ. Meine Gedanken schwebten sofort wieder zu dem Ring in dem Schubfach. Was sich Marco wohl für den Antrag ausdachte? Vielleicht plante er ja schon etwas ganz bestimmtes. In meinem Kopf setzte sich ein Film in Gang, der in Venedig auf der Rialtobrücke spielte. Wir hatten beschlossen gleich nach Saisonende die Woche dort zu verbringen. Das war aber noch unendlich lange hin bis Anfang Juni. Wie sollte ich das denn aushalten, ohne mir etwas anmerken zu lassen. Obwohl, vielleicht plante ja Marco auch etwas anderes. Wie sollte ich heute nur einschlafen können? Durch meinen Kopf glitzerte die ganze Zeit ein Brillantring.

Zwei Schuss, ein Treffer  ✔Teil 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt