Kapitel 105

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Erik hielt vor einem hübschen Einfamilienhaus. "So, da sind wir.", grinste er und ich konnte schon an seinem Lächeln erkennen, wie sehr er sich auf seine Familie freute. Wir hatten uns noch nicht einmal abgeschnallt als auch schon die Hintertür aufgerissen wurde "Wo ist denn mein kleiner Neffe?" Lisa steckte ihren Kopf ins Auto und Sascha quietschte fröhlich los, als er sofort aus seinem Kindersitz befreit und geknuddelt wurde. Kaum dass ich ausgestiegen war, wurde ich auch umarmt und mitgezogen. Lisa schaute über ihre Schulter "Brüderchen, du kannst ja schon mal das Auto ausladen." Ich drehte mich auch um und sah wie Erik kopfschüttelnd und lachend am Kofferraum stand. Er schien seine Schwester und ihr Temprament wohl ausreichend zu kennen. Im Haus wurde ich gleich wieder liebevoll von Thomas und Christine begrüßt. So fühlte es sich also an zur Familie nach Hause zu kommen. Meine Eltern waren zu Weihnachten wieder Skifahren und hatten nur vorher eine großzügige Überweisung auf unsere Kontos gemacht. Wir waren ja schließlich alt genug uns unsere Geschenke selber zu kaufen, war ihr Originalton. Sie hatten wohl übersehen, dass es an Weihnachten um einiges mehr als nur Geschenke ging. Also jedenfalls sollte es eigentlich so sein. Ich freute mich nämlich schon sehr auf das gemütliche Zusammensein mit meinen liebsten Menschen."Heh Schwägerin, träum' nicht. Ich habe dich gefragt, ob du schon alle Geschenke hast?", stupste mich Lisa an. "Naja, die Grundausstattung, aber es könnte ruhig noch etwas dazukommen." Als ob man jemals zu viel Geschenke hätte.Lisa klatschte in ihre Hände "Prima, dann gehen wir morgen shoppen und machen einen Weibertag mit Cocktailschlirfen zum Abschluß. Mama kommst du auch mit?" Christine schaute genauso skeptisch wie ich "Ich kann doch Sascha nicht so ewig durch die Gegend schleppen.", gab ich also zu bedenken. "Das sollst du auch nicht. Da sind doch die beiden Kerle da." Sie zeigte auf ihren Vater und Erik "Die können einen richtigen Männertag mit deinem Sohn machen, so mit Windeln wickeln und Brei kochen, wie es sich für richtige Kerle gehört." Thomas lachte nur kopfschüttelnd, während Erik zu grübeln schien, also Freude sah jetzt anders aus. "Ich...ich habe...habe aber einen Termin.", stotterte er auf einmal los. Was hatte er denn für einen Termin? Da hatte er ja gar nichts von erzählt. " Na zum Friseur wirst du ja wohl deinen Sohn mitnehmen können.", nahm ihm seine Schwester gleich den Wind aus den Segeln. Er nickte nur wenig überzeugt. Also in seiner Kindheit hatte er da bestimmt nicht viel zu melden. Plötzlich fing er an zu grinsen. "Nee, du hast recht. Das ist eigentlich total perfekt. Wir machen einen tollen Männertag, nicht wahr Sascha." Er krabbelte dem Kleinen auf den Bauch, der wie zur Bestätigung sofort aufquietschte und grinste.

"Boah, so langsam tun mir echt die Füße weh.", stöhnte Lisa neben mir."Wie kannst du eigentlich die ganze Zeit in diesen mörderischen Heels durch die Gegend laufen ohne irgendwelche Ermüdungserscheinungen? Oder sind deine Füße sowieso schon tot?" Ich schüttelte lachend den Kopf "Alles Übungssache. Wenn du so ein Zwerg wie ich bist, dann ist das etwas was zur Grundausbildung gehört."
"Danke, heilige Mutter Gottes, dass du mich hast größer wachsen lassen und vor diesem Märtyrium beschützt hast." Lisa faltete ihre Hände und schaute zum Himmel, ehe sie in ihre Hände klatschte. "So, wir waren beim Friseur und zur Maniküre, außerdem haben wir Massen an Geschenken gefunden und der Himmel wird auch nur noch durch den Mond und die Sterne beleuchtet. Das heißt es ist Zeit für einen entspannten Weihnachtsmarktbesuch mit anschließendem Einkehrschwung in diese neue Cocktailbar am Marktplatz." Lisa hakte sich sowohl bei mir als auch bei Christine unter und zog mit uns los. Dafür, dass ihr gerade noch die Füße weh getan hatten, entwickelte sie gerade eine unglaubliche Energie.

Wir hatten gerade unsere Cocktails bestellt und saßen in diesen bequemen Loungesesseln. Ich griff in die Tasche nach meinem Handy. Ich sollte Erik einmal schreiben, ob alles okay war. Irgendwie vermisste ich meine beiden Männer so langsam ganz mächtig. Genau in diesem Moment vibrierte mein Handy. Ich schaute und sah, dass Erik mir eine Nachricht geschickt hatte. Ich öffnete sie sofort nervös. Es gab doch hoffentlich keine Probleme. Das was ich da aber sah, ließ mein Herz nur schneller schlagen. Es war ein Foto von Erik, der Sascha in seinem Arm auf seiner Brust liegen hatte. Beide schliefen seelig und grinsten dabei süß. Bei diesem Bild musste einem einfach das Herz aufgehen. Thomas hatte also die Nachricht geschickt. Als Text hatte er anstrengender Männertag dazu geschrieben. Ich musste grinsen und reichte mein Handy weiter zu Christine, die auch genauso gerührt aussah wie ich mich fühlte.
"Na dann können wir uns ja Zeit lassen, wenn die beiden Babys so friedlich schlafen.", grinste Lisa "Ich wusste gleich, dass du die eine für Erik bist, als er mich das erste Mal aus Mallorca angerufen hat. So hat er noch nie von einer Frau geschwärmt."
"Naja, wir hatten da ja auch schon so manches Problem hinter uns. Wir brauchten halt den zweiten Anlauf und den Umweg über England." Ich war glücklich, dass wir es doch noch hinbekommen hatten.
"Ich meinte das erste Mal Mallorca, nicht das zweite Mal." Jetzt war ich doch ziemlich verwirrt. Scheinbar sah man mir das auch an.
"Erik hat in England ziemlich an seiner Entscheidung zu kauen gehabt. Ihm ging es total mies und als er dann auch noch das mit deinem neuen Partner mitbekommen hat, hat er sich nur noch verzweifelt in den Fussball gestürzt. Du bist also sozusagen an seinem Karriereschub schuld." Wow, das waren ja mal Informationen. Aber irgendwie machten sie mich noch glücklicher, denn sie sagten mir, dass Erik mich wirklich liebte und gleichzeitig fragte ich mich, warum wir damals so dumm waren. Wieso war ich einfach nur eingeschnappt und bin nicht einfach zu ihm nach England geflogen und habe ihn zu einer Aussprache gezwungen. Dann hätten wir das vielleicht geklärt und wären schon viel früher glücklich geworden. Mir fielen wieder Eriks Blicke bei diesem Testspiel in Essen ein. Es musste doch furchtbar für ihn gewesen sein als ich Marco geküsst hatte, genauso wie uns auf Jasis und Romans Hochzeit zu sehen. Obwohl eigentlich hatte da schon mein Unterbewusstsein rebelliert als ich seine Wade herausgefunden hatte und mit ihm getanzt hatte und alles um mich rum uninteressant war. Aber scheinbar mussten wir den Umweg gehen, sonst hätte ich jetzt nicht meinen wunderbaren Sohn, für den ich mehr als dankbar war.
"Man, jetzt hör auf zu grübeln. Jetzt wird entspannt und gechillt." Lisa boxte mich leicht gegen meinen Unterarm. Ja, sie hatte Recht. Mein Leben war so wie es jetzt war perfekt, also wozu grübeln über das was wäre wenn gewesen. Ich drückte einen Knutscher auf das Foto und steckte mein Handy wieder lächelnd ein.

Zwei Schuss, ein Treffer  ✔Teil 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt