Kapitel 91

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"Mensch Dogan, jetzt setz dich doch mal hin und halte die Füße still. Das ist ja echt nicht auszuhalten. Du hast schon zwei mal Staub gesaugt. Der Abwasch ist fertig verräumt, die Wäsche zusammengelegt und es blitzt hier als wäre Meister Propper persönlich zum Putzen hier gewesen." Vicki schüttelte lachend den Kopf, während sie auf dem Sofa saß und ihren eingegipsten Fuss hochgelegt hatte. Natürlich war der Knöchel gebrochen gewesen umd meine Schwester für die nächsten Wochen an Krücken gefesselt. Glücklicherweise hatte sie sich dann doch ziemlich schnell von Dogans Hilfsbereitschaft überzeugen lassen. Heute drehte er aber wirklich an der Uhr, denn heute war der Tag an dem Erik aus dem Trainingslager zurückkam. Man konnte glatt glauben, er wollte alles perfekt haben.
Ich saß auch bei Vicki auf dem Sofa. Wir schauten gerade zusammen einen Film. "Was hälst du davon, wenn du auf der Terrasse zur Entspannung etwas shisherst. Das wird dir bestimmt gut tun. Und glaube mir. Das mit Erik bekommen wir schon hin. Da brauchst du gar nicht so nervös sein." Ich klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter.
"Ich hoffe du hast Recht.", brummelte er, ehe er sich zusammen mit seiner Shisha auf in den Garten machte.
"Mannomann, der ist ja total durch." Vicki schaute mich kopfschüttelnd an "Aber ich muss dir recht geben, er ist echt kein schlechter Kerl, wenn man ihn erst einmal richtig kennenlernt." Genau dazu hatten wir ja in den letzten Tagen genug Zeit. Und es war schon lustig wie sich die vorherige Feindschaft der beiden in ein sehr kumpelhaften Umgang gewechselt hatte. Dogan und Vicki waren schon fast ein Dreamteam. Irgendwie hatten sie scheinbar den gleichen eigenartigen Humor. Mitten in unserer Unterhaltung hörte ich das Türschloss schließen. Das bedeutete, dass Erik zurück war. Quietschend sprang ich auf und rannte ihm entgegen. Im Flur ließ Erik sofort alle Taschen fallen und zog mich in die Arme als ich ihm um den Hals fiel.
"Engelchen, ich habe dich so vermisst.", flüsterte er an meine Haare während er mir ständig Küsse darauf hauchte. Keine Minute später waren seine Lippen aber zu meinen gewandert und wir küssten uns so intensiv wie schon lange nicht mehr. Naja, wir hatten ja auch eine Woche nachzuholen. Nach dem wir uns gelöst hatten, griff Erik leicht außer Atem meine Hand und lief mit mir ins Wohnzimmer "Wie geht es unserem.", er stopte mitten im Satz und schaute zu Vicki und ihrem Gips "Was hat das zu bedeuten? Warum weiß ich nichts davon?" Erik deutete auf den Fuß meiner Schwester und sein Ton war eine Mischung aus Besorgnis und Verärgerung "Jetzt sag mir nicht, dass du in deinem Zustand auch noch deine Schwester betuddelt hast. Du solltest dich schonen. Du musst doch an dich und den Kleinen denken. Warum habt ihr mir nichs gesagt? Ich wäre doch sofort gekommen. Wie lange hat sie schon den Gips?" Seine Miene schwankte zwischen besorgt und vorwurfsvoll.
"Genau deshalb haben wir nichts gesagt. Du solltest dein Trainingslager nicht abbrechen. Und wir hatten die fünf Tage eine hervorragende Hilfe.", versuchte ich ihn zu beruhigen.
"Fünf Tage schon." Erik schüttelte ungläubig den Kopf "Franzi und Jasi haben doch genug mit ihren Kindern zu tun. Warum haben mir Marco und Roman nichts erzählt. Oder haben die beiden es ihren Männern auch verheimlicht." Plötzlich ging Eriks Gesicht zur Terrasse und er schnüffelte. Okay, es zog jetzt etwas von Dogans Shisha herein. Ehe ich mich versah stürzte Erik auch schon hinaus.
"Sag mal spinnst du? Was machst du überhaupt hier? Willst du meine Frau mit deiner Shisha vergiften. Und wie kommst du hier überhaupt her? Ich habe dir doch den Schlüssel abgenommen.", brüllte Erik gleich los. Ich lief also schnell zu ihm und strich ihm beruhigend über den Arm. Dogan schaute wie ein Kleinkind, das gerade von seinem Vater zusammengestaucht wurde. "Erik, ich habe Dogan erlaubt hier zu shishern und damit vergiftet er uns garantiert nicht." Erik drehte sich zu mir und schaute mich ungläubig an "Wieso?", war alles, was er herausbrachte. "Weil Dogan derjenige war, der uns die ganze Zeit geholfen hat. Was meinst du, wer das kleine Video vom Ultraschall gefilmt hat, das ich dir geschickt habe oder mich immer gefahren hat und den Haushalt hier auf Hochglanz poliert hat. Bei ihm durfte ich ja nicht einmal meine Handtasche tragen. Wir haben uns wieder versöhnt. Und jetzt möchte ich hier nicht noch irgendwelche Vorwürfe hören. Ist das klar?" Erik schaute mich mit großen Augen an "Ihr habt euch versöhnt?" Warum guckte der denn so fassungslos. Wir waren doch nicht Nord- und Südkorea. Und selbst die bekamen das ja langsam auch einmal auf die Reihe.
"Ja, haben wir. Und das solltet ihr auch ganz flott machen, denn ich habe nicht vor auf meinen besten Freund Dogan wieder zu verzichten." Erik nickte nachdenklich und musterte mich. Scheinbar konnte er es immer noch nicht glauben. "So, ich lasse euch dann mal alleine. Und wenn ihr euch ausgequatscht habt, erwarte ich euch drinnen, damit wir alle zusammen essen können." Während ich mich umdrehte, zwinkerte ich Dogan aufmunternd zu. Er saß wirklich da wie ein Häufchen Elend. Ich hoffte, dass es jetzt kein Fehler war die beiden alleine zu lassen, aber es waren ja eigentlich erwachsene Männer. Die sollten das doch wohl geregelt bekommen.
Vicki und ich versuchten uns auf den Film zu konzentrieren. Von der Terrasse hörten wir immer wieder die Stimmen der beiden. Was dauerte das denn jetzt so lange?
"Wollen wir mal gucken gehen, ob die einen Konfliktlotsen brauchen?" Vicki grinste mich an. Mit Sicherheit bekam sie genauso wenig vom Film mit und war genauso neugierig wie ich. Ich nickte nur und Vicki schnappte sich ihre Krücken und humpelte neben mir los. Als wir auf die Terrasse traten, standen Dogan und Erik gerade da und umarmten sich schulterklopfend.
"Dann muss ich dir danken, dass du dich so um mein Engelchen gekümmert hast, Bro." Vicki und ich schauten uns an und quietschten glücklich los. Dogan und Erik fuhren erschrocken auseinander.
"Dann habt ihr euch auch wieder versöhnt.", freute ich mich. Erik kam zu mir und zog mich in seine Arme "Weißt du eigentlich was du für eine Wahnsinnsfrau bist? Du wusstest genau, dass Dogan mir fehlt. Aber das nächste Mal, wenn was passiert, verheimlichst du es mir nicht. Ist das klar?" Ich nickte glücklich. Mein Plan hatte funktioniert. Erik hatte seinen Bestbro wieder und unsere Welt war jetzt noch ein bisschen heiler, denn ich wusste, dass ich jetzt auch einen besten Freund hatte, auf den ich mich verlassen konnte. Und ich wusste, dass mein Sohn einen tollen Onkel bekam, der ihn auch beschützen würde. Das wusste ich seit dem Moment als Dogan mir seinen alten Teddy geschenkt hatte. Denn ein Geschenk mit so viel Bedeutung war einfach ein Versprechen.

Zwei Schuss, ein Treffer  ✔Teil 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt