Kapitel 97

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Ein leises, zaghaftes Klopfen ertönte an der Tür als sie auch schon schwungvoll aufgerissen wurde. Ich setzte mich schnell in meinem Bett auf und schielte zur Uhr. Es war gerade einmal 9 Uhr.
"Mensch Martin, nun geh' doch mal aus dem Weg und stehe hier nicht wie eine schweizer Bergföhre im Weg herum. Ich will jetzt zu meinem Enkel." Ich musste grinsen als ich Karins Stimme erkannte. Aber woher wusste sie, dass ich im  Krankenhaus war? Mein Sohn war doch gerade einmal 7 Stunden alt. Erik, der sich mit in mein Bett gekuschelt hatte, rieb sich verschlafen die Augen und sprang erschrocken aus dem Bett als Karin mich in ihre Arme zog.
"Ach, meine Kleine. Das ging jetzt aber schnell. Gestern als wir telefoniert haben, hast du noch gar nichts gemerkt. Und als mich dann Erik um 3 Uhr angerufen hat, war ich total überrascht." Gut, dann wusste ich wenigstens, woher Karin Bescheid wusste. Schon lief sie zu Erik, der gerade Martin die Hand geschüttelt hatte.
"Das war wirklich lieb, dass du uns wie versprochen gleich angerufen hast." Karin strahlte mindestens einmal im Kreis. "Aber jetzt will ich den Kleinen erst einmal sehen." Schon wieder lief sie zu mir zum Bett, wo das kleine Babybeistellbett neben stand. Diesmal schlich sie aber wie Winnetou auf dem Kriegspfad.
"Och Martin, schau doch nur mal wie süß der Kleine ist und die ganzen schwarzen Haare.", flüsterte sie ganz aufgeregt und winkte ihren Mann zu sich, der nur mit dem Kopf schüttelte "Ihr glaubt ja nicht, wie diese Frau mich aus dem Bett getreten hat. Wir mussten sofort losfahren, kaum dass sie aufgelegt hatte. Und dann ständig die Nörgelei, dass ich doch mal schneller fahren solle. Nachts würde schon keine Radarkontrolle sein. Als ich vom Bezahlen auf der Tankstelle zurückkam, hat sie allen Ernstes auf dem Fahrersitz gesessen und darauf bestanden den Rest zu fahren."
"Glücklicherweise. Bei deinem Fahrstil wären wir ja erst zum ersten Geburtstag unseres Enkels hier gewesen.", unterbrach Karin ihren Mann sofort. "Darf ich ihn mal hochnehmen?" Sie schaute mich bettelnd an und ich nickte nur lächelnd. "Wie heißt er eigentlich? Eu, gucke doch mal die kleinen Fingerchen und dieses süße Näschen." Mein Sohn hatte seine Oma definitiv schon um seinen kleinen Finger gewickelt. Aber auch Martin, der Karin über die Schulter schaute, musterte seinen Enkel lächelnd.
"Er heißt Sascha" kam es stolz von Erik.
"Das ist aber ein hübscher Name. Der passt zu einem so hübschen Kerlchen." Karin strich mit ihrem Finger dem Kleinen sanft über die Wange. "Wie lange müsst ihr beiden denn noch hier bleiben?" Das war eine gute Frage. So genau wusste ich es selber noch nicht.
"Also wenn alles in Ordnung ist, darf ich nach der Visite nach Hause. Aber ich habe noch keinen Plan, wann die genau ist." Ich hoffte so sehr, dass ich bald nach Hause konnte, denn Krankenhaus gefällt ja niemandem wirklich. Gerade als ich meinen Satz beendet hatte, wurde auch schon wieder die Tür aufgerissen. "Na, schon wach.", die Hebamme, die mich heue Nacht bei der Geburt unterstützt hatte, kam in das Zimmer  "Oh, wie ich sehe, haben Sie sogar schon Besuch. Trotzdem würde ich Sie jetzt gerne kurz zur Untersuchung entführen und auch den Kleinen mitnehmen. Und wenn alles okay ist, dürfen Sie in zwei Stunden nach Hause." Das hörte sich doch mal gut an. Ich schaute zu Erik, der mir aufmunternd zuzwinkerte.
"Dann drückt mir die Daumen, dass wir bald hier weg können." Ich stand auf und folgte der Hebamme, die Sascha Karin abgenommen und ihn wieder in sein Bettchen gelegt hatte, das sie jetzt vor sich her schob.

Als ich nach zwanzig Minuten wieder in mein Zimmer zurück kam, saß Erik alleine dort auf meinem Bett und starrte aus dem Fenster. Sofort drehte er sich zu mir "Und, Engelchen, alles okay." Ich nickte nur strahlend und schob das Babybett weiter und schaute mich suchend um. "Wo sind Karin und Martin?" Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass Karin das Krankenhaus freiwillig verlassen hatte, ohne sich noch einmal von mir oder ihrem Enkel zu verabschieden.
"Die beiden wollten sich eigentlich ein Hotel suchen. Ich habe aber darauf bestanden, dass sie in unserem Gästezimmer schlafen, also habe ich ihnen meinen Schlüssel in die Hand gedrückt. Karin wollte unbedingt schnell noch etwas einkaufen gehen, damit sie für uns kochen kann. Sie meinte du brauchst jetzt unbedingt gutes Essen, damit du den Kleinen gut stillen kannst." Erik zog einen Schmollmund "Scheinbar traut sie es mir nicht zu, dass ich dich verrnünftig bekoche." Ich musste grinsen. Wusste dieser Kerl eigentlich wie umwerfend er aussah, wenn er so schmollte? Und Karin war bestimmt schon in ihrem Element. Wahrscheinlich scheuchte sie Martin schon durch den Supermarkt. Es würde sicherlich nicht lange dauern bis sie in meiner Küche Essen für eine ganze Armee kochte. Erik zog mich auf seinen Schoß. Ich zischte kurz auf. "Was ist mein Engelchen? Tut dir etwas weh? Soll ich schnell einen Arzt oder eine Schwester holen?" Mein Schatz musterte mich besorgt  und seine Wangen färbten sich schon leicht rot.
"Nein, alles okay. Ich habe mich nur ein wenig zu schwungvoll auf deinem Schoß plumpsen lassen und da zwickt die Naht von dem Dammschnitt dann schon etwas unangenehm. Ich muss halt nur daran denken und vorsichtiger sein." Ich spürte, wie Erik erleichtert aufatmete umd seine Arme um meine Taille schlang, ehe er mir einen Kuss in die Halsbeuge gab.
"Du glaubst gar nicht wie stolz ich auf euch beide bin.", flüsterte er mir ins Ohr. Ein leises Babyschreien kam auf einmal aus dem Bettchen.
"Da hat wohl jemand Hunger oder volle Windeln." Ich schaute zu Sascha, der seine linke Hand zu einem kleinen Fäustchen geballt grummelig in die Luft streckte. Ja, der hatte mit Sicherheit Hunger. Ich stand also wieder von Eriks Schoß auf. "Wenn du ihn gestillt hast, Engelchen, dann kann ich ihn ja wickeln. Und du kannst dich anziehen, damit ich meine beiden Schätze nach Hause bringen kann. Ich gebe Dogan schon einmal Bescheid, dass er uns abholen kann." Ich nickte nur. Wie sich das anhörte. Wir waren seine beiden Schätze. Ich freute mich auch schon darauf, meinem kleinen Sohn sein zu Hause zu zeigen. Und was mich noch mehr freute war, dass Erik sogar freiwillig Sascha wickeln wollte. Ich musste daran denken wie oft Franzi darüber gemeckert hatte, dass der liebe Herr Reus sich bei seinem Nachwuchs nur zu gerne darum drückte und sich mehr in der Rolle des Bespassers und Kuschelers sah. Erik schien wirklich alle Aufgaben mit mir teilen zu wollen, auch die weniger angenehmen.

Zwei Schuss, ein Treffer  ✔Teil 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt