Kapitel 108

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"Diese Kathedrale ist einfach wunderschön." Ich drehte mich einmal um meine eigene Achse und bewunderte die wunderschönen bunten Fenster der Kathedrale von Palma. Erik stand neben mir und hatte Sascha in dieser Babytrage vor seinem Bauch. Ein bisschen sah er aus wie ein Kängeru.
"Ja, das ist hier wirklich wunderschön. Wir können ja hier heiraten." Erik schien auf meine Reaktion zu warten. Klar, wir waren seit Saschas Geburt verlobt, aber irgendwie hatten wir seitdem noch nie ernsthaft über eine Hochzeit gesprochen. Umso erstaunter war ich, dass Erik das Thema plötzlich anschnitt. Aber seine Idee gefiel mir.
"Weißt du, dass ich am liebsten sofort heiraten würde." Ich musste zugeben, dass ich schon ein paarmal darüber nachgedacht hatte. Besonders seitdem Marco bei der Taufe aufgetaucht war und gedroht hatte mir meinen Sohn wegzunehmen und einen Vaterschaftstest zu machen. Ich hatte mich auch sofort bei einem Anwalt erkundigt. So ein Test war ohne meine Zustimmung nicht möglich. Und offiziell stand ja auch Erik in der Geburtsurkunde. Aber sollte es doch jemals zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen, hätte ich mit meinem Ehemann an meiner Seite bestimmt bessere Aussichten meinen Sohn zu behalten. Als alleinerziehende Mutter war das viel komplizierter. Obwohl alleinerziehend war ich ja nicht wirklich. Och man, diese blöden Gedanken sollten aus meinem Kopf verschwinden. Ich wollte Erik heiraten, weil ich ihn liebte und aus keinem anderen Grund. Und dass ich ihn liebte und mir mein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen konnte, war ja gar keine Frage. Aber eigentlich bräuchte ich da als Bestätigung keinen Trauschein für, aber schön wäre es doch.
"Naja, sofort wird schwierig. Außerdem möchtest du doch bestimmt auch so eine Traumhochzeit wie Jasi. Das hast du auch mehr als verdient, aber das braucht auch einige Vorbereitung." Erik schaute mir liebevoll in meine Augen und strich sanft über meine Wange.
"Eigentlich würde mir das völlig ausreichen, wenn wir beide alleine wären und nur Sascha mit dabei wäre.", grinste ich. Es war mir wirklich nicht mehr wichtig so ein riesiges Fest zu feiern. Das war zwar früher immer mein Traum, aber mittlerweile war es mir viel wichtiger dss mit meinem Schatz zu genießen. Das ganze hatte für mich einen ganz anderen Stellenwert bekommen. Mir war klar geworden, dass es wenn nur ein ganz besonderer Moment zwischen mir und meinem Partner sein sollte, den wir ganz alleine für uns genießen konnten. Jede weitere Person außer meinem Sohn würde nur stören. Und dass dieser Partner nur Erik sein konnte, war für mich schon lange klar. Ich brauchte da keine große Feier und keine riesige Robe. Ich brauchte nur den Mann, den ich über alles liebte und mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen würde.
Erik schaute mich überrascht an. Ich konnte sehen, wie er zu grübeln begann. "Na komm, mein Engelchen. Jetzt lass uns noch etwas zum Hafen gehen." Er griff meine Hand und zog mich aus der Kathedrale.
"Schau mal, das ist ja ein Traum von einem Schiff." Ich schaute zu dem wunderschönen Dreimaster vor uns. Da ging mein Seglerherz völlig auf. Dieses wunderschöne Holzdeck und die glänzenden Beschläge, die man sehen konnte. Dieses Schiff war ein wirkliches Liebhaberstück. Ich konnte mich gar nicht mehr von dem Anblick losreißen. Es war garantiert weltbewegend damit auf dem Meer bei strahlender Sonne und schönem Wind zu kreuzen. Ich schaute zu den teuren Hightech Yachten, die daneben standen. Die Besitzer wussten gar nicht, was ihnen da entging.
"Schau mal, das Schiff hat sogar deinen Namen." Erik stupste mich an und deutete auf den feinverschlungen geschriebenen Namen am Bug. Das machte mir das Schiff noch sympathischer. Ich hatte das Gefühl einmal im Kreis zu grinsen und fast zu sabbern.
"Sascha, schau mal, die Mama hat uns ganz vergessen. Die hat nur noch Augen für das Schiff. Da kann man ja fast eifersüchtig werden." Ich schüttelte grinsend mit dem Kopf und riss mich von dem Anblick los "So ein Blödsinn erzählt der Papa. Ihr beide seid immer das wichtigste in meinem Leben." Ich stellte mich auf meine Zehenspitzen und küsste erst Sascha auf seine  Nase und dann Erik auf den Mund."
"Hola.", ertönte eine tiefe Stimme hinter uns. "Sie sind eine wunderschöne kleine glückliche Familie. Ich habe Sie schon in der Kathedrale bewundert."
Ich drehte mich erschrocken um und sah einen älteren Herren, der uns freundlich anlächelte. Dem Aussehen nach, könnte er Spanier sein und auch sein leichter Akkzent deutete darauf hin. "Gefällt Ihnen das Segelschiff oder haben es Ihnen eher die Yachten angetan?" Ich schüttelte angewidert den Kopf "Diese übermotorisierten Yachten sind doch gar kein Vergleich zu diesem herrlichen Segelschiff. Alleine schon die majestätischere Form. Es geht doch nichts über ein Segelboot, das sich im Einklang mit dem Wind und der Natur fortbewegt."
"Sie haben genauso glänzende Augen wie meine Frau sie immer hatte, wenn sie vom Segeln geschwärmt hat." Sein Lächeln verließ zwar nicht sein Gesicht, aber trotzdem schlich sich ein trauriger Ausdruck in seine Augen. "Sie erinnern mich sehr an meine Frau und mich als wir jung waren und unser Sohn gerade geboren war. Meine Frau ist auch in Deutschland geboren und aufgewachsen. Wir haben uns damals in ihrer Heimat Berlin kennen und lieben gelernt." Plötzlich strahlten seine Augrn wieder glücklich. "Sind Sie Seglerin? ", wechselte er plötzlich das Thema. Ich nickte grinsend.
"Kathi kommt auch aus Berlin.", lachte Erik "Wir haben uns aber hier auf Mallorca gefunden." Er zog mich an sich und drückte mir einen Kuss auf mein Haar.
"Mallorca ist ja auch mit den romantischen Sonnenuntergängen wie gemacht für Frischverliebte. Es gibt keinen besseren Ort." Auf einmal kicherte er "Außer vielleicht Berlin. Möchten Sie denn einmal auf dieses wunderschöne Segelboot?" Das hatte er doch jetzt nicht wirklich allen ernstes gefragt. Ich würde ziemlich viel dafür opfern nur einmal auf dieses Boot zu kommen. Aber das war ausgeschlossen. Wir konnten da ja nicht mal einfach so raufspazieren und den Eigner mit einem fröhlichen Hallo begrüßen. Wäre es mein Schiff, würde ich da ausrasten, wenn Kreti und Pleti einfach auf mein Schiff gestiefelt kämen, Auch wenn die Gangway noch so verführerisch in der Sonne glänzte, ich hatte nicht die geringste Lust in Kontakt mit der Guardia Civil oder so zu kommen.
"Dieses Schiff ist ein Traum, wer würde da nicht gerne einmal an Bord gehen." Das war die Wahrheit auch, wenn es bei dem Wunsch bleiben würde. Das Personal an Bord schaute schon skeptisch zu uns herüber und ein Mann in einer Uniform kam in unsere Richtung gelaufen. Wahrscheinlich war er der Kapitän. Er würde uns garantiert gleich ansprechen und auffordern weiterzugehen.
"Na dann lassen Sie uns an Bord gehen und Ihren Traum wahr machen.", lächelte mich der ältere Herr an "Ich bin übrigens Alfonso Herrera.", stellte er sich vor und lief zu der Gangway.

Zwei Schuss, ein Treffer  ✔Teil 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt