Kapitel 100

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"Und hast du schon alles für Sonntag vorbereitet?" Franzi schaute mich neugierig an. Ich nickte nur während ich zu meinem Sohn schaute, der in seinem Wipper lag und quietschend versuchte die Feder, die ich darüber befestigt hatte, zu greifen. Er konnte sich damit sehr ausdauernd beschäftigen. Am Sonntag würde er getauft werden. Immerhin war er schon fast vier Monate alt. Aus der anderen Ecke war plötzlich ein empörter Aufschrei zu hören. Franzi schaute genau wie ich schnell was los war. Wir beide hatten nämlich heute Dienst in unserer privaten Freundeskita, wie wir sie immer spassig nannten. Es funktionierte bis jetzt wirklich gut mit unserer eigenen Kinderbetreuungsgruppe.
Franzi hob ihre Tochter, die empört geschrien hatte auf den Arm "Na Tessa, ist der blöde Ball schon wieder weggerollt? Es ist unglaublich, was die Mädels verrückt nach Bällen sind." Kopfschüttelnd setzte Franzi ihre Tochter wieder auf den Boden, die sofort wieder in die Richtung des Balls krabbelte. Das Mädel legte aber auch ein Tempo vor. Leokardia dagegen zog sich gerade wieder an meinem Stuhl hoch und versuchte loszulaufen und das obwohl sie gerade einmal neun Monate alt war. Maxi tapperte auf einmal neben sie als sie auch schon wieder protestierend auf ihrem Hintern gelandet war. Er kniete sich neben sie und drückte seinen kleinen Mund auf ihr Wange, um sie scheinbar zu trösten. Das war wirklich ein Bild für Götter.
"Dein Sohn fängt ja schon früh an.", lachte ich. Maxi war aber auch wirklich immer um die kleine Leo herum.
"Naja, wer kann schon solchen Bambiaugen und schwarzen Löckchen widerstehen." Da hatte Franzi recht. Leokardia sah wirklich süß aus. Da würden Roman später garantiert so einige graue Haare wachsen, wenn ihr die Jungs die Tür einliefen. Während sich mein Kopfkino in Bewegung setzte wie Roman verzweifelte, ertönte ein Klopfen an der Tür und Dogan steckte seinen Kopf herein. "Braucht ihr vielleicht noch ein bisschen Unterstützung und was macht mein kleiner Bär?" Dogan kam kurz auf mich zu und umarmte mich, ehe er sich auch schon zu Sascha beugte umd ihm einen Kuss auf seine kleine Hand gab. "Was machst du denn hier? Musst du gar nicht arbeiten?" Dogan schüttelte seinen Kopf, ohne sich von meinem Sohn abzuwenden "Heute ist Berufsschule ausgefallen. Ich wollte eigentlich Muffin abholen, aber sie ist noch nicht fertig mit ihrer Arbeit. Und da sie mir gesagt hat, dass du heute hier bist, wollte ich gleich die Chance nutzen meinen kleinen Bären zu sehen."  Franzi guckte grübelnd "Wieso nennst du Sascha kleiner Bär und Vicki Muffin? Was läuft da zwischen dir und Muffin?" War klar, dass sie sich nicht zurückhalten konnte. Aber ehrlich gesagt war ich auf die Antwort gespannt. Ich schaute zu Dogan, der eine ziemlich gesunde Gesichtsfarbe hatte und sich mit seiner Hand durch den Nacken fuhr ehe er sich räusperte "Naja, schaue dir doch nur die Teddybäraugen von Sascha an. Der sieht doch aus wie ein kleiner Bär. Wann soll ich am Sonntag eigentlich da sein und was muss ich da eigentlich machen? Ich kenne mich doch damit nicht so aus." Also vom Thema Muffin hatte er jedenfalls gut abgelenkt. "Naja als Taufzeuge stehst du mit den Taufpaten zusammen am Taufbecken. Eigentlich musst du nichts weiter machen als freundlich zu lächeln." Dogan atmete erleichtert auf "Also muss ich nicht irgendeinen Spruch aufsagen oder etwas machen?" Die Erleichterung war ihm wirklich anzusehen. "Du weißt aber, dass ihr das nicht hättet machen müssen. Ich wäre auch so immer für Sascha da und würde mich für ihn verantwortlich fühlen."
"Was ist denn ein Taufzeuge?" Franzi schaute mich neugierig an. "Naja halt jemand, der nicht in der Kirche ist und deshalb nur die Taufe sozusagen bezeugt, weil er nicht Taufpate werden kann. Und Dogan ist ja nun mal Moslem. Da ging das halt nicht anders." Franzi nickte nur verstehend "Wer sind denn die anderen Taufpaten? Und hat sich Marco schon einmal nach seinem Sohn erkundigt? Kommt er eigentlich auch zur Taufe?" Ich schüttelte den Kopf "Er hat sich seit seiner Antwort auf Romans Nachricht nicht ein einziges Mal erkundigt. Also mir ist das auch ganz recht so." Wenn ich ehrlich war, war ich mehr als glücklich darüber, dass er uns völlig in Ruhe ließ. Mein Sohn hatte einen Vater, der ihn über alles liebte. Erik ging völlig in seiner Vaterrolle auf. Da wäre überhaupt kein Platz für seinen Erzeuger. Der würde nur Unruhe in unser Leben bringen. Also konnte ich gut auf ihn verzichten und vor allem auch auf seine Anwesenheit bei der Taufe, vielleicht noch mit seiner zickigen Ehefrau. Das sollte der Tag meines Sohnes und unserer kleinen Familie werden. Und es sollte ein glücklicher und friedvoller Tag werden. Das war mit Sicherheit viel einfacher, wenn er mehrere hundert Kilometer entfernt war. Außerdem sollte er niemals eine Rolle im Leben meines Sohnes spielen. "Nur Martin und Karin kommen und Roman wird Taufpate." Ich wollte dann schon, dass sein Onkel auch sein Pate wird und so doch eine kleine Verbindung zur Familie Bürki immer bestehen bleiben würde. "Vicki ist dann auch noch die andere Patin." Ich sah wie es in Franzis Augen aufblitzte. Was hatte das denn jetzt zu bedeuten "Apropos Vicki. Dogan, du hast uns noch immer nicht darüber aufgeklärt, was da zwischen dir und Muffin läuft." Dogan stieß laut Luft aus und schaute mich verzweifelt an. Es tat mir wirklich leid, dass ich Franzi durch die Erwähnung Vickis Namen wieder an ihre Frage erinnert hatte. Dogan hatte sich wahrscheinlich schon in Sicherheit gewägt gehabt. Wieder schoss ihm das Blut in den Kopf. "Naja...ähm...naja also Muffin und ich ....wir....Wir machen ......machen halt eine Menge zusammen und verstehen uns ganz gut.", stotterte er. Franzi wackelte mit ihren Augenbrauen "Natürlich ganz platonisch.", schob er deshalb schnell hinter her. "Ja, klar. Was sonst. Wir hätten doch nichts anderes erwartet. Nicht wahr Kathi.", zwinkerte mir Franzi zu und fing lauthals an zu lachen . Irgendwie tat mir Dogan gerade leid, wie er plötzlich anfing seine Hände zu kneten und sich schnel, wieder meinem Sohn  widmete. Wenn ich ehrlich war, hatte ich das Gefühl, dass er schon eine ganze Menge nicht Platonisches für meine Schwester empfand. Aber ich war mir nicht sicher wie Vicki das sah. Bis jetzt hatte sie noch nie etwas von  einer festen Beziehung gehalten. Und ich fürchtete, dass sich das so schnell auch nicht änderte. Wahrscheinlich waren Dogans Gefühle einseitig und sie sah nur einen guten Kumpel in ihm. Sie flatterte immer wie ein Schmetterling von einer Blüte zur anderen. Ihr Motto war drum prüfe wer sich ewig bindet , ob er nicht was besseres findet. Bis jetzt war sie noch nie über die Prüfphase hinausgekommen. Ich würde mich freuen, wenn sich das endlich ändern würde. In Dogan hätte sie mit Sicherheit einen tollen Partner. Hoffentlich verletzte sie ihn nicht. Aber auch wenn er ewig nur hoffte, war das mit Sicherheit nicht leicht für ihn und verletzend.

Zwei Schuss, ein Treffer  ✔Teil 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt