Kapitel 58

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Ich öffnete die Tür zum Büro und schlich hinein. Ich hatte mich die ganze letzte Woche in Ostende verkrochen. Warum genau da, weiß ich nicht. Nachdem ich heulend in mein Auto gestiegen war, war ich einfach drauflosgefahren und irgendwann in Ostende gelandet. Ich wollte auf keinen Fall nach Dortmund zurück. Ich musste erst einmal für mich alleine sein und meine Wunden lecken. In Ostende hatte ich dann viele Spaziergänge am Meer gemacht. Das hatte unwahrscheinlich gut getan, so musste ich wenigstens nicht jedem meine Story erzählen und die mitleidigen Blicke ertragen, dass ich schon wieder der Loser war, den die Männer verarschten. Tja, aber einen Vorteil hatte die ganze Sache ja auch. Ich bekam langsam Übung darin von den Kerlen, die ich liebte einfach sitzen gelassen zu werden. Und ich musste ehrlich sagen beim zweiten Mal also bei Marco tat es schon nicht mehr so weh wie beim ersten Mal bei Erik. Trotzdem nagte es immer noch an mir, dass ich das nicht früher mitbekommen hatte. Außerdem hatte ich vor dem heutigen Tag mächtig Schiss, denn Jasi und Franzi würden es mir garantiert ansehen, dass etwas passiert war. Sie wären die ersten mit denen ich zusammenstoßen würde, denn Vicki war bei Freunden in München, so dass ich sie noch gar nicht getroffen hatte. Bis jetzt wusste also noch niemand etwas davon. Ausser natürlich Marco hatte es seiner Familie schon gesteckt. Aber ehrlich gesagt ging ich nicht davon aus, denn sonst hätte mein Telefon garantiert pausenlos gebimmelt. Obwohl, vielleicht stand ja Jasi auch auf der Seite von Romans Bruder. Immerhin war Marco ihr Schwager und die Familie hielt doch zusammen. Ich musste schlucken. Mir war schon wieder speiübel. Vielleicht war ich dann ja auch meinen Job los. Egal, dann würde ich mir halt etwas neues suchen und mich voll auf mein  Studium konzentrieren.
"Hallo Kathi, na hast du die Zeit mit meinem Schwager genossen?", riss mich Jasi aus meinen Gedanken. Wo kam die denn auf einmal her? Was sollte ich denn jetzt darauf antworten? Während ich noch überlegte, merkte ich wie mir schon wieder Tränen über das Gesicht liefen. Ich versuchte sie schnell wegzuwischen, ehe Jasi etwas merkte, als ich auch schon in ihre Arme gezogen wurde.
"War der Abschied so schwer? Ihr seht euch doch ganz schnell wieder. Dann nimmst du dir ab jetzt jedes Wochenende frei und fährst zu Marco." Okay, das war jetzt eindeutig zu viel für mich. Meine mühsam aufgebaute Fassade war mit einem Schlag zusammengebrochen und ich fing an zu schluchzen "Das ist nicht nötig. Marco hat sich von mir getrennt."
Jasi schaute mich schockiert an "Was hat der Idiot gemacht? Und wieso? Ihr seid doch das absolute Traumpaar."
"Er ist wieder mit Alexia zusammen. Sie wohnt auch schon bei ihm.", schniefte ich immer noch.
"Wie bitte.", quiekte Jasi empört auf und schüttelte wild ihren Kopf "Das kann doch nicht wahr sein."
"Doch, sie sind schon seit dem Trainingslager in Spanien wieder zusammen. Sie hat sogar meinen Ring.", schoss es mir heraus. Mist, wie blöd war ich denn? Der Ring war ja nie für mich gedacht.
"Was für einen Ring?" Jasi schaute mich fragend an.
"Naja das letzte Mal als ich bei ihm war habe ich ein Schmuckkästchen mit einem Verlobungsring in seiner Sockenschublade gefunden als ich die Wäsche weggeräumt habe. Ich habe wirklich geglaubt der wäre für mich." Wieder strömten die Tränen über meine Wangen. Eigentlich hätte mir da doch schon auffallen müssen, dass er mir fast aus dem Weg gegangen ist. Wahrscheinlich hat er da schon gar nicht im Mannschaftshotel übernachtet und dieses Miststück mit zum Mannschaftsessen genommen. Wie blöd und naiv war ich eigentlich?
"Willst du damit sagen, dass das Arschloch sich auch noch heimlich mit der Zicke verlobt hat?" Jasi war mindestens auf 180, so wie ihr Gesicht glühte. Sie lief wie aufgezogen vor mir auf und ab und schüttelte die ganze Zeit den Kopf. Aber eines stand fest, sie war wohl eher auf meiner als auf Marcos Seite so wie sie über ihn sprach. Das tat schon irgendwie gut und nahm mir die Angst auch noch meinen Job und noch viel schlimmer meine Freundin zu verlieren.
Ich nickte also "Und schwanger ist sie auch schon. In einem halben Jahr wirst du Tante."  Jasi riss den Kopf hoch und blieb wie angewurzelt stehen ehe sie mit ihrer Hand auf den Schreibtisch schlug und losbrüllte "Roman."
Nein, bitte nicht. Ich wollte jetzt nicht auch noch Marcos Bruder gegenüber treten und Rede und Antwort stehen. Das war so schon schlimm genug.
"Roman, beweg deinen Arsch ins Büro.", brüllte Jasi schon wieder. Keine Minute später kam Roman angesprintet. "Was ist denn, mei Sunneschii. Geht es etwa los? Kommt das Baby?" Roman schaute total nervös zu seiner Frau.
"Nee, das kommt noch nicht. Aber wusstest du, dass diese Missgeburt von deinem Bruder hinter dem Rücken von Kathi mit seiner Ex rumgevögelt hat?" Roman schaute Jasi schockiert an. Also entweder war er von ihrer Wortwahl schockiert oder er wusste wirklich nichts davon.
"Sunneschii, rege dich bitte nicht so auf. Das ist nicht gut für unsere Prinzessin." Roman lief zu Jasi und strich ihr beruhigend über den Rücken.
"Sag du mir nicht ich soll mich nicht aufregen. Wusstest du es oder nicht? Ich will jetzt eine Antwort.", fauchte Jasi.
"Wie kannst du denken, dass ich das wusste und nichts gesagt hätte.", meckerte Roman beleidigt zurück. Ach nö, bitte nicht schon wieder einen Streit wegen mir. So hatte der ganze Mist doch erst angefangeen.
"Na dann, mein Brummbärli. Herzlichen Glückwunsch du wirst Schwager und damit nicht genug auch noch Onkel." Roman riss erschrocken die Augen auf. "Du bist schwanger und hast Marcos Antrag trotzdem angenommen?" Roman schaute mich überrascht an.
"Das ist ja zum junge Hunde bekommen.", ereiferte sich Jasi "Man dein bekloppter Bruder hat seine Ex geschwängert und sich mit ihr verlobt noch bevor er Kathi einfach abserviert hat." Wieder schlug Jasi wütend mit der Hand auf den Schreibtisch. Roman und ich zuckten zusammen als sie auf einmal spitz aufschrie und sich an ihren Bauch fasste und dann am Schreibtisch abstützte. Roman rannte sofort zu ihr "Was ist, mei Sunneschii?", seine Stimme kiekste wie bei einem Pubertierenden.
"Boah, das hat eben voll im Bauch gestochen." Jasi stöhnte wieder auf und rieb sich den Bauch.
"Ich habe doch gleich gesagt, du sollst dich nicht so aufregen.", kiekste Roman wieder "Wir fahren jetzt sofort ins Krankenhaus."
"Das hättest du mal lieber deinem Scheißbruder sagen sollen. Wenn der nicht so eine Scheiße abziehen würde, hätte ich mich auch nicht aufregen müssen. Außerdem ist es ja schon vorbei. Wir fahren also auf keinen Fall ins Krankenhaus.", zickte Jasi schon wieder, bevor sie im nächsten Moment wieder aufstöhnte und sich den Bauch rieb. "Okay Planänderung. Wir fahren doch. Meine Fruchtblase ist gerade geplatzt. Kathi, du holst meine Tasche aus dem Schlafzimmer und du holst deine Autoschlüssel."
Roman schaute wie ein Reh im Scheinwerferlicht und bewegte sich keinen Millimeter, während ich schon losrannte. Ich hörte nur noch wie er vor sich hinstammelte "Das Baby kommt....das Baby kommt." Und sah wie sich Jasi Richtung Flur bewegte. Als ich zurückkam hatte sie sich gerade die Autoschlüssel gegriffen. Von Roman war immer noch nichts zu sehen. Mein Blick fiel ins Büro, wo er immer noch wie angewurzelt stand und vor sich hinstammelte.
"Bürki, bewege deinen Arsch jetzt her oder ich fahre ohne dich.", keifte Jasi und stöhnte schon wieder auf. Das war wohl das Startsignal für Roman, denn er kam jetzt angerannt und nahm seine Frau im Brautstyle auf den Arm und trug sie zum Auto.
"Kannst du bitte fahren." Jasi warf mir die Autoschlüssel zu und zog Roman zu sich auf den Rücksitz.
Ach du heilige Hebamme. Bei meiner letzten Trennung war ich an der Zeugung des Kindes Schuld und bei dieser Trennung an seiner vorzeitigen Geburt. Na super.
"Jetzt gib endlich ein bisschen Gas oder soll ich fahren.", maulte mich Jasi vom Rücksitz an und riss mich aus meinen Gedanken. Ich drückte also das Gaspedal des SUV durch. Wer dachte schon an die Straßenverkehrsordnung und an seinen Führerschein, wenn einem eine werdende Mutter im Nacken saß.

Zwei Schuss, ein Treffer  ✔Teil 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt