Karins Worte waren die ganze Nacht immer wieder durch mein Gehirn gewabert. Erik sollte mich anhimmeln. Das konnte doch gar nicht sein. Klar hatten wir uns geliebt. Naja, eigentlich hatte wohl nur ich ihn geliebt. Sonst hätte er mich ja wohl nicht so abserviert als er nach England gegangen ist.
"Na, was wollen wir heute machen?" Karin war energiegeladen und wartete auf eine Ansage von mir.
"Keine Ahnung?" Am liebsten würde ich ein wenig für mich sein und nur am Strand spazieren gehen. Aber das konnte ich ihr ja schlecht so sagen. Da wäre sie sicher enttäuscht.
"Wärst du mir sehr böse, wenn ich die Bergwandertour mitmachen würde, die hier angeboten wird? Dann kannst du dich am Strand noch ein wenig vom Flug erholen und morgen machen wir dann zusammen etwas?" Ich musste grinsen. Karin schien wirklich eine Antenne zu haben, wann ich meinen Freiraum brauchte.
"Das ist eine Superidee. Ich wünsche dir viel Spaß." Kaum, dass ich geantwortet hatte, war ich auch schon alleine in unserem Zimmer. Ich schlüpfte also in meine Flipflops und machte mich auf den Weg zur Promenade.
Mit meinem frozen yoghurt in der Hand saß ich auf der Mauer an der Promenade und löffelte vor mich hin, während ich auf den Strand schaute und die kleinen Kinder beim Buddeln beobachtete. Irgendwann würde ich mit meinem kleinen Prinzen auch hier sitzen. Ein warmes Gefühl durchströmte mich bei dem Gedanken und wie zur Bestätigung bekam ich einen leichten Tritt.
"Darf ich mich zu dir setzen." Was wollte Erik denn schon wieder hier? Ich nickte einfach, während mein Herz zu klopfen begann. Warum reagierte ich denn schon wieder so? Das mussten diese dämlichen Schwangerschaftshormone sein. Erik setzte sich ganz still neben mich. Als ich zu ihm schaute, stellte ich fest, dass er mich die ganze Zeit von der Seite musterte.
"Was guckst du so?", grummelte ich. Es war mir unangenehm so beobachtet zu werden.
"Du hast dich irgendwie verändert. Du bist jetzt noch hübscher.", nuschelte er und fuhr sich mit der Hand durch den Nacken. Und was machte mein kleines dummes Herz? Es fing sofort an zu rasen. Hatte ich nicht schon genug Probleme? Musste ich jezt auch noch das nächste an Land ziehen?
"Dir scheint England aber auch gut zu bekommen." Das war doch mal eine neutrale Antwort.
"Naja, ich weiß nicht. Aber jetzt ist ja die Saison um und ich muss erst einmal schauen." Erik schien wirklich nachdenklich. Rein beruflich interessierte mich schon, wie es jetzt bei ihm weiterging. Ich hatte ihn ja verfolgt. Und in England hatte er wider Erwarten sich nicht verletzt und auch ziemlich gut gespielt. Er hatte sich sozusagen zum Shooting Star der Premier league entwickelt. Deshalb verstand ich jetzt nicht wirklich, warum er so grübelte. Eigentlich müsste er eine Menge Angebote bekommen haben. Es würde mich nicht wundern, wenn die Verantwortlichen beim BVB sich schon mächtig ärgerten, dass sie ihn so verschleudert hatten.
"Bleibst du in Huddersfield?" Wieder fuhr sich Erik mit seiner Hand durch den Nacken.
"Naja, ich habe eine Menge Angebote bekommen. Auch aus Spanien und Italien. Ich habe ehrlich gesagt noch keine Ahnung. Und was macht dein Studium? Bist du auch gut voran gekommen?" Das war ja mal ein abrupter Themenwechsel. Scheinbar wollte er wohl nicht so über sich reden.
"Naja, sagen wir mal so, mein Leben hat sich etwas anders entwickelt und aus dem Urlaubssemester wird jetzt ein Studienabbruch." Ich zuckte mit den Schultern. Erik schaute mich schockiert an "Wie jetzt Urlaubssemesster und Studienabbruch?" Da hatte ich jetzt nicht wirklich nachgedacht. Jetzt musste ich ihm wohl so einiges erzählen.
"Naja, als Jasi schwanger geworden ist, brauchte sie halt Unterstützung für die Agentur........" Während ich also losplapperte schaute mich Erik gespannt an. Ich rieb mir den Rücken. Das Sitzen auf der Mauer war alles andere als bequem.
"Wollen wir ein Stück laufen." Erik schien es wohl bemerkt zu haben und reichte mir seine Hand, um mir hoch zu helfen. Diese Aufmerksamkeit tat richtig gut und irgendwie kribbelte meine Hand total, die er immer noch festhielt, obwohl ich schon längst stand und wir bereits losliefen.
"Wenn du dich jetzt so gut mit dem Fussballgeschäft auskennst, dann sollte ich wohl zu dir als Berater wechseln.", grinste er mich an.
"Naja, das wäre jetzt etwas kurzfristig, um noch etwas Vernünftiges für dich zu finden. Aber ich könnte dich vielleicht bei deiner Entscheidungsfindung unterstützen.", grinste ich.
"Mit Sicherheit. Mehr als du ahnst." Wie meinte Erik denn das jetzt? Ich schaute ihn verunsichert an. Ach, wie hatte ich den Anblick seiner roten Wangen vermisst. Man konnte immer sofort sehen, wenn ihm etwas peinlich war und dann diesen unsicheren verlegenen Blick. Halt, stop. Was dachte ich jetzt schon wieder.? Wieso war ich denn schon wieder völlig Matsch in der Birne. Wieso gefiel es mir so gut mit ihm hier händchenhaltend über die Promenade zu laufen. Stop. Wieso hielten wir Händchen? Was war mit mir los? Plötzlich blieb Erik stehen und drehte sich zu mir und schaute mich an
"Ich finde es so schön, dass wir wieder so miteinander reden können. Du hast mir so gefehlt. Ich habe dich jeden einzelnen Tag vermisst und mich jeden einzelnen Tag selbst gehasst." Erik strich mir liebevoll eine Haarsträhne hinter das Ohr. Sein Blick strahlte so viel Ehrlichkeit aus. Aber warum sagte er mir das jetzt? Ich war total verwirrt. Meine Gefühle fuhren in mir Karussell. Ich fühlte mich total überfordert Ich fand es im Moment auch schön mit ihm hier zu stehen und viel schlimmer, meine ganzen Gefühle für ihn schienen auf einmal wieder wie Pilze aus dem Boden zu schießen. Ehe ich weiter überlegen konnte, machte sich mein Körper selbstständig und ich stellte mich auf Zehenspitzen und drückte meine Lippen auf seine. Ich spürte wie sich plötzlich seine Hände an meine Taille legten und mich näher an ihn zogen als er meinen Kuss erwiderte. Sofort setzte ein unglaublicher Schmetterlingstornado in meinem Bauch ein. Was tat ich hier eigentlich? Das musste wirklich dieser Hormoncocktail in meinem Körper sein, der daran schuld war. Eigentlich sollte ich hier sofort abbrechen. Aber das fühlte sich sooooo gut an. Was sich so gut anfühlte, konnte doch nicht falsch sein. Als Erik sich langsam von mir löste, war ich schon fast enttäuscht.
"Engelchen, bitte lasse es uns noch einmal zusammen versuchen. Diesmal lasse ich dich auf keinen Fall mehr gehen. Egal was kommt." Diese Worte taten so gut. Jedenfalls für den Moment. Für den Moment wollte ich sie auch unbedingt glauben, auch wenn ich wusste, dass er sie nicht halten konnte, wenn er von meiner Schwangerschaft erfahren würde.
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Zwei Schuss, ein Treffer ✔Teil 3
RomanceKatharina, von allen Kathi gerufen, hat einen festgefassten Lebensplan: als erstes erfolgreich das Studium abschließen, dann den Mann für's Leben finden und heiraten und dann zwei Kinder bekommen. Als sie in ihrer neuen Heimat Dortmund ihre alten Ju...