Kapitel 25

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Mein Wecker tyranisierte mich jetzt schon seit einer geschlagenen halben Stunde rhytmisch. Irgendwie musste heute die Erdanziehungskraft in meinem Zimmer überdimemsional sein, denn es fiel mir extrem schwer mich aus meiner Decke zu schälen und aufzustehen. Es nützte aber alles nichts, denn ich musste gleich los ins Büro. Es standen wichtige Termine an. Ich streckte mich also stöhnend als meine Tür aufflog und Vicki mit total verwuschelten Haaren in mein Zimmer trabte.
"Kannst du mal endlich dieses Scheißding ausmachen. Andere  Leute wollen noch schlafen.", zickte sie sofort lautstark los. Plötzlich riss sie die Augen auf, starrte mich an und fing lauthals an zu lachen. War die irgendwie heute Nacht mit ihrem Kopf angeeckt oder was sollte der Mist?
"Du.......du......du......siehst.....siehst....aus....aus wie ein....Streu.....Streusel.....Streuselkuchen." Vicki bekam vor lauter Lachen nicht einmal einen klaren Satz zustande. Momentmal, was hatte sie von sich gegeben?  Ich sah aus wie ein Streuselkuchen. Was sollte das heißen? Ich rannte ins Bad und schaute in den Spiegel. Was ich da sah, traf mich wie ein Schlag. Ich sah wirklich aus wie ein Streuselkuchen. Das war doch echt nicht wahr. Ich hatte mich allen Ernstes bei den Zwillingen angesteckt. Ich musste sofort Jasi anrufen und ihr Bescheid geben. Ich griff also mein Handy.

Glücklicherweise war Jasi nicht sauer, sondern hatte sich fast scheckig gelacht, von wegen hat unser Kind eine Kinderkrankheit. Ich fand das ganze weniger lustig, denn der Mist war ziemlich unangenehm so wie er juckte. Mein Arzt hatte mir zwar so eine tolle Tinktur verschrieben zum Rauftupfen, aber das machte sich am Rücken ziemlich blöd. Vicki konnnte mir ja nicht helfen, denn genau jetzt war sie mit Schalke auf irgendso einer Kids Cup Deutschlandtour unterwegs.  Ich verrenkte mich also gerade weiter vor dem Spiegel als es an der Tür klingelte. Toll, wer nervte denn jetzt. Bestimmt der Paketbote, der für irgendwen ein Paket abgeben wollte. Ich drückte also schnell drauf und zog mir mein T-Shirt wieder über als es auch schon an der Tür klopfte. War der Sportler oder was? Der musste die Treppen ja hochgerannt sein. Grummelig ging ich also zur Tür und öffnete sie.
"Hallo Kathi, ich wollte dir einen Krankenbesuch abstatten.", begrüßte mich der schweizer Appetithappen, wie ihn Vicki immer nannte, und zog mich in eine Umarmung.
"Hallo Marco. Ich würde mich echt über deinen Besuch freuen, aber du weißt, dass Windpocken ansteckend sind. Also wäre es besser, wenn du wieder gehst." Ich hätte mich wirklich gefreut über ein wenig Abwechselung, aber das war ja viel zu riskant.
"So ein Quatsch. Ich bleibe hier. Erstens hatte ich als Kind so einen blöden juckenden Ausschlag, da kann ich mich noch genau daran erinnern, zweitens, wenn ich die Windpocken noch nicht gehabt hätte, dann hätte ich mich sowieso schon bei den kleinen Teufeln angesteckt. Also bin ich mit Sicherheit immun und drittens brauchst du jemand, der sich um dich kümmert. Also keine Widerrede." Und schon schob er sich an mir vorbei  und zog seine Schuhe aus. "Ist deine Schwester auch zu Hause? Dann gehe ich sie mal begrüßen."
Ich schüttelte den Kopf "Nö, Vicki ist die nächsten fünf Tage auf Promotour durch Deutschland unterwegs. Du hast sie knapp verpasst. Ich habe also ganz meine Ruhe. So, jetzt muss ich aber mit der Tinktur weiter machen, sonst bringt mich dieses Jucken um." Ich zog mein T-Shirt wieder aus und verrenkte mich vor dem Spiegel.
"Lass mich das machen, das ist ja gar nicht mitanzusehen." Marco nahm mir den Wattebausch und das Fläschen aus der Hand und fing an die Stellen auf meinem Rücken zu betupfen. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich mich hier einfach vor ihm ausgezogen hatte. Scheinbar vernebelte die Tinktur mein Gehirn. Was sollte er denn jetzt von mir denken?
"So, fertig. Du legst dich jetzt artig auf das Sofa und ich mache dir etwas zu essen. Was magst du denn?" Ich schaute Marco verwundert an. Der wollte doch jetzt nicht wirklich kochen? Kein Mann kochte freiwillig. Mein Bruder wäre eher zu Fuß bis nach Katmandu gelaufen als sich an den Herd zu stellen. Ganz abgesehen, dass das auch mit Sicherheit für alle gesünder gewesen wäre als das zu essen, was er fabriziert hätte.
"Jetzt gucke nicht so. Ich habe meiner Mutter früher immer in der Küche geholfen. Also ein paar Sachen bekomme ich schon hin." Okay, wenn er unbedingt wollte.
"Dann schaue in den Kühlschrank, was er noch hergibt und überrasche mich." Marco grinste mich an "Wird gemacht, meine kleine Windpocke."
Der hatte mich doch jetzt nicht wirklich kleine Windpocke genannt? Doch, das hatte er definitiv. Aber auch seine. Naja gut, das konnte man unter guten Freunden ja so machen. Vielleicht sollte ich mir auch ein Spitznamen einfallen lassen. Meine Gehirnwindungen setzten sich in Gang. Irgendetwas aus der Küche, wenn er so gerne kochte. Mein Küchenchef vielleicht. Nö, das war blöd. Mein kleiner Schneebesen. Das hörte sich ja noch bekloppter an. Ich ging also alle möglichen Küchenutensilien durch, aber nichts gefiel mir wirklich. Meine kleine Küchenfee wäre ja auch völlig daneben. Während meines Grübelns hörte ich Arbeitsgeräusche aus der Küche.
Gerade als Marco mit den dampfenden Tellern ins Wohnzimmer kam, war mir der Geistesblitz gekommen.
"Das sieht aber lecker aus." Ich schaute auf den Teller mit gebratenen Nudeln, die mit Schinken, Käse und Zwiebeln verfeinert waren . "Da hast du dir aber richtig Mühe gegeben, Ratatouille.", grinste ich.
Marco schaute mich schockiert an "Wie hast du mich gerade genannt?"
Ich musste noch mehr grinsen "Wenn du mich kleine Windpocke nennst, dann nenne ich dich Ratatouille." Ich sah die Fragezeichen über seinem Kopf "Na die kleine süße Ratte aus dem gleichnamigen Film, die so gerne und gut kocht. Passt doch voll zu dir."
Marco schüttelte ungläubig den Kopf, ehe er sich auf mich stürzte und anfing mich durchzukitzeln "Du freche kleine Windpocke hast mich also mit einer kochenden Küchenratte verglichen. Das gibt so was von Killerstrafe."
Ich quietschte "Aber einer süßen."
"Du findest mich also süß.", grinste mich Marco frech an und unterbrach kurz seine Kitzelattacken. Oh Mist, was sollte ich denn jetzt sagen? Ich fand ihn schon ansprechend und nett und hilfsbereit. Er war der beste Freund, den ich jemals hatte. Aber da war doch nicht mehr. Ich hatte nach der Nummer mit Erik genug. Und wenn ich jetzt etwas falsches sagte, würde er das vielleicht falsch verstehen und dann wäre es das mit unserer Freundschaft.
"Ich finde Ratatouille süß." Das war doch mal eine salomonische Antwort. Da konnte ich doch nichts mit falsch machen, atmete ich erleichtert auf.

Zwei Schuss, ein Treffer  ✔Teil 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt