Kapitel 86

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Erik legte seinen Arm um meine Schulter und dirigierte mich durch den Menschenstrom der Fussgängerzone."So, jetzt haben wir aber wirklich alles zusammem, was ich noch für das Trainingslager gebraucht habe. Wollen wir etwas essen gehen?" Wir hatten noch sein Lieblingsduschgel und Rasierwasser besorgt. Ich liebte diesen Duft einfach. Wahrscheinlich würde ich ihn unter tausenden herauskennen.
"Auja, ich habe voll Hunger.", grinste ich meinen Schatz an. Momentan war sowieso eigentlich eher die Frage, wann ich mal keinen Hunger hatte.
"Wo wollen wir denn hin? Was hälst du von Vapiano?" Erik hatte schon den Weg dorthin eingeschlagen. Sofort tauchten in meinem Kopf die Bilder auf, wie ich ihn dort das erste Mal getroffen hatte. Damals hätte ich nie gedacht, dass wir irgendwann zusammen leben würden. Sofort bekam ich dieses fette Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht.
"Was lächelst du denn so, Engelchen?" Erik schaute mich neugierig an. Sollte ich ihm wirklich erzählen, an was ich eben gedacht hatte?
"Ich habe gerade daran gedacht wie ich dich das erste Mal im Vapiano gesehen habe." Ich spürte wie meine Wangen glühten. Irgendwie war das voll peinlich. Bestimmt konnte er sich nicht einmal daran erinnern.
"Ohja, da kann ich mich noch gut daran erinnern. Ich war sofort hin und weg von dir. Mein Vater wollte unbedingt, dass ich dich anspreche. Er hat sofort gemerkt, dass ich gar nicht mehr aufhören konnte dich anzustarren." Erik lachte kurz auf und mein Herz hämmerte hart gegen meine Brust. Dann war ihm das wirklich auch nicht anders als mir gegangen. "Weißt du eigentlich wie sauer Julian und besonders Dogan waren, weil ich sie danach ständig ins Vapiano geschleppt habe? Ich hatte immer die Hoffnung dich dort wiederzutreffen. Und als du dann im Flieger neben mir gesessen hast, habe ich gedacht, nochmal lasse ich mir die Chance nicht entgehen." Erik wurde zum Schluss hin immer leiser. Und seit er Dogan erwähnt hatte, war auch sein Lächeln verschwunden. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er ihm schon irgendwie fehlte.
"Hast du denn mal wieder etwas von Dogan und Julian gehört?" Eriks Blick verfinsterte sich "Nö, ist auch nicht nötig, so wie sie sich benommen haben." Auch wenn er es so sagte, schwang eine Menge Enttäuschung und Trauer, vielleicht auch Wut in seiner Stimme mit. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie ihm doch fehlten auch wenn er es so nicht zugab.
"So jetzt lasse uns aber über etwas schöneres als die beiden Idioten sprechen. Was wollen wir denn heute noch alles machen?" Ich überlegte kurz. "Also jetzt erst einmal essen und dann faul im Garten in der Sonne rumliegen " Erik schmunzelte und drückte mir einen Kuss auf die Wange.
"Na das ist doch mal ein Plan."

Ich hatte es mir gerade auf der schönen Doppelliege bequem gemacht als Erik mit zwei Gläsern mit Zitronenlimonade neben mir auftauchte. Ich musste immer noch an das Essen im Vapiano denken. Wir hatten natürlich das Glück gehabt, dass uns dort wirklich Dogan über den Weg gelaufen war. Naja gut, das war jetzt dann auch nicht verwunderlich, denn er arbeitete dort als Fahrer beim Lieferdienst. Die beiden hatten sich keines Blickes gewürdigt. Trotzdem hatte ich gemerkt, dass es Erik nicht ganz kalt ließ. Naja, war schon blöd für Dogan, wenn er jetzt auf einmal arbeiten musste und nicht mehr nur auf die Tasche seines Bros leben konnte. Aber mir tat viel mehr Erik leid, auch wenn ich mich freute, dass er so zu mir stand.
"Soll ich dich eincremen, mein Engelchen?"wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Ich nickte also ganz lautstark als Erik auch schon die Sonnencreme in der Hand hatte, die er vorsichtig auf meinem Bauch verteilte.
"Und du mein lieber Sohn, bist die Woche wenn ich nicht da bin ganz artig und wirst deine Mama nicht ärgern. Und wage es dich gar nicht schon früher zu kommen. Erst wenn der Papa wieder da ist, wird es für dich Zeit zu uns zu kommen. Hast du mich verstanden?" Erik beugte sich zu meinem Bauch und drückte mir zärtlich einen Kuss darauf. Ich liebte es, wenn er so mit meinem Bauch und unserem Sohn sprach. Wie immer hatte mich eine fette Gänsehaut überrollt. Ich zog Erik zu mir hoch und küsste ihn stürmisch, während meine Hände wild über seinen Körper fuhren. Das war auch eine eigenartige Nebenerscheinung der Schwangerschaft. Ich war total wild auf körperliche Nähe, um es einmal jugendfrei zu umschreiben oder aber auch ich war völlig rallig. Nach so einiger Überredung hatte Erik das dann auch akzeptiert und sich darauf eingelassen. Ich hatte das Gefühl, dass er sich dazu erst einmal bei Roman und Marco erkundigt hatte. Das wäre mir früher echt peinlich gewesen, aber momentan war mir das total egal. Hauptsache war, dass wir uns richtig fallen lassen konnten. Und ehrlich gesagt war alles noch intensiver und schuf ein noch festeres Band zwischen uns. Wieder wurde ich aus meinen Gedanken und noch schlimmer aus unseren Fummeleien gerissen, denn irgendwer schien der Meinung zu sein uns besuchen zu müssen. Unsere Klingel war ja schon kurz vor dem Kollaps. Eigentlich kannte ich nur einen, der die Klingel so maltretierte, naja oder zwei. Nämlich Franzi und Jasi. Erik sprang auf und zog schnell wieder seine Badehose hoch, ehe er zur Tür startete. Das verschuf mir dann auch noch genug Zeit meinen Bikini zu richten. Gerade als alles wieder halbwegs am vorgesehenen Ort war, kam auch schon Franzi hinter ihren Jungs auf die Terrasse gesprintet. Die anderen drei und Erik folgten ihr "Stören wir.", grinste sie mich dämlich an und schaute zwischen Erik und mir hin und her. Ich schüttelte den Kopf und brummte "Jetzt nicht mehr." Alles fing an zu lachen, außer Erik, der wieder einmal im Gesicht glühte.
"Wir dachten wir grillen noch einmal zum Abschied. Wir haben auch alles mitgebracht.", lachte Jasi. Toll eigentlich hatte ich mir den Tag ja etwas anders vorgestellt, aber wenn ich mit Essen geködert wurde....
Ich schaute Leokardia hinterher, wie sie durch den Garten robbte. Die kleine war wirklich den anderen voraus. So wie es aussah aber eher zum Leidwesen ihres Vaters, der immer sofort hinterher lief, damit sie auch ja nicht irgendetwas falsches in die Finger bekam. Jedesmal wenn er sie hochnahm, bekam er sofort ihre Empörung durch Geschrei und Gestrampel zu spüren. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Roman da noch einiges erleben würde, denn ich glaubte nicht, dass das seine kleine Prinzessin im TüTü würde, die er sich so vorstellte. Bis jetzt hatte sie eher alle Ansätze für einen Raufbold. Okay, das wunderte mich bei ihrer Mutter auch nicht. Auch die Reus Mädels waren nicht so stille Dulder wie ihre großen Brüder, die eher ruhig in der Ecke spielten. Ihre kleinen Schwestern waren auch die Erkunder, soweit es ihre Entwicklung halt zuließ. Ein Handyklingeln riss mich aus meinen Gedanken. Ich schaute hoch und sah Roman, der sich gerade seinem zuwandte.
"Hallo Brudi. Was gibt es?" Plötzlich verhärtete sich sein Gesicht und er hörte angespannt zu. So wie Roman aussah, waren das wohl keine guten Nachrichten, die ihm sein Bruder überbrachte. Hoffentlich war nichts mit Karin oder Martin. "Kopf hoch, Kleiner. Das wird schon wieder und grüße Alexia von mir." Roman ließ sein Handy sinken.
"Was hat denn der Idiot?", kam es nicht sehr feinfühlig von Jasi, die scheinbar nur mitbekommen hatte, dass Marco am Telefon war, aber nicht wie bedrückt ihr Mann aussah.
"A...Alexia hatte eine Fehlgeburt.", kam es stockend von Roman.
"Scheiße.", schoss es Marco und Franzi gleichzeitig aus dem Mund. Erik schaute mich mit aufgerissenen Augen an, in denen sich so etwas wie Angst spiegelte. Aber wieso? Oh nein, er hatte doch jetzt nicht etwa die Befürchtung, dass Marco auf ein Mal Interesse an meinem Sohn bekam und den Papa spielen wollte. Das könnte er ja gleich mal vergessen. So wie er sich benommen hatte. Niemals. Klar tat mir das für ihn und seine Frau Leid, aber das änderte nichts an der Situation. Ich beugte mich zu Eriks Ohr "Du bist und bleibst der Papa von unserem Sohn." Das unserem betonte ich extra. Sofort schlich sich wieder ein Strahlen in sein Gesicht und dann wurde ich leidenschaftlich geküsst.

Zwei Schuss, ein Treffer  ✔Teil 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt