Die Zwillinge waren frisch gewickelt und satt in ihren Bettchen und schlummerten zufrieden.
Marco und ich saßen auf dem Sofa und unterhielten uns. "Und Erik hat echt nicht mit dir darüber gesprochen, dass er wechselt?" Marco schüttelte verständnislos den Kopf.
"Nö,", schniefte ich wütend. Es tat gut doch mit jemanden noch einmal darüber zu sprechen. "Er hat uns nicht einmal die Chance auf eine Fernbeziehung gegeben. Er hat einfach entschieden. Vielleicht war ich ihm doch nicht so wichtig wie ich dachte." Wieder kullerten Tränen über meine Wangen. Marco kam zu mir und zog mich in seine Arme, während er vorsichtig meine Tränen wegwischte.
"Der ist deine Tränen gar nicht wert, wenn er so dämlich ist. So ein hübsches und liebes Mädel wie dich gibt man nicht einfach auf. Und glaube mir, ich weiß wie du dich gerade fühlst." Wie sollte er wissen, wie ich mich fühlte? Er war mit Sicherheit noch nie so mies sitzengelassen worden.
"Woher willst du wissen, wie ich mich fühle?", brummte ich und schaute ihn grummelig an. Was bildete er sich denn ein.
"Naja, also naja, puh.", stotterte er und atmete einmal tief durch. Was war denn jetzt mit ihm los? "Naja, bevor ich nach Belgien gewechselt bin, hat sich meine Freundin auch von mir getrennt. Wir waren schon ein paar Jahre zusammen und wollten eigentlich irgendwann heiraten. Wir haben auch zusammen gewohnt und in der Schweiz ist sie immer mitgezogen, wenn ich zu einem anderen Verein gewechselt bin. Deshalb dachte ich halt es wäre mit Belgien auch kein Problem. War es aber dann doch, obwohl ich alles mit ihr abgesprochen habe. Im letzten Momemt vor dem Umzug hat sie dann einfach Schluß gemacht, weil ihr ihre Familie wichtiger war und sie bei ihr in der Schweiz bleiben wollte. Sie war auch nicht bereit für eine Fernbeziehung." Marco fuhr sich mit seiner Hand durch das Gesicht. Man konnte sehen, dass das alles noch ziemlich an ihm fraß. Irgendwie tat er mir echt leid. Jetzt umarmte ich ihn und wurde auch gleich fest in seine Arme gezogen. Wir waren scheinbar wirklich Leidensgenossen.
Ein spitzer Schrei ließ uns aufschrecken. Marco und ich mussten wohl auf dem Sofa der Familie Reus eingeschlafen sein. Nachdem wir uns gegenseitig unser Herz ausgeschüttet hatten, hatten wir noch etwas auf Netflix geschaut und dabei musste es uns wohl entschärft haben, denn der Fernseher lief immer noch. Ich schaute auf meine Uhr. Es war gerade 2 Uhr nachts. Keine Sekunde später ertönte ein zweistimmiger Babygeschreikanon. Was hatten die denn jetzt? Franzi hatte doch gesagt sie schlafen die ganze Nacht bis um 6 Uhr durch, als sie das letzte Mal angerufen hatte, um sich zu versichern, dass mit ihren beiden Engeln alles in Ordnung war. Also so wie sie am Telefon geklungen hatte, war unser Plan voll aufgegangen. Aber momemtan hörte sich das Geschrei aus dem Babyphone nicht nach Engeln sondern kleinen Teufeln an.
"Haben die beiden schon wieder Hunger oder volle Windeln?", stöhnte Marco, der sich neben mir streckte und seinen Rücken rieb. Die Familie Reus sollte sich wirklich mal ein bequemeres Sofa zulegen.
"Eigentlich sollten sie das erst in vier Stunden haben" schüttelte ich den Kopf und machte mich auf den Weg. Als ich die beiden sah, erfasste mich die totale Panik. Sie hatten knallrote Köpfe von dem Gebrüll. Wir nahmen sie hoch und versuchten sie zu beruhigen. Aber irgendwie half nichts.
"Du, fühl mal, der kleine hat ja ein voll heißes Köpfchen." Marco schaute mich schockiert an. Ich legte meine Hand auf die Stirn des kleinen. Der kochte ja wirklich fast. Auch mein Zwilling glühte vor sich hin.
"Die haben Fieber. Wir müssen sofort Franzi und Marco anrufen und ins Krankenhaus.", stieß ich panisch hervor. Das durfte doch jetzt echt nicht wahr sein. Nur einmal vertraute mir meine Freundin ihre Kinder an und schon machte ich sie kaputt.
"Ganz ruhig, wir bekommen das schon hin." Marco legte seine freie Hand auf meinen Rücken und strich beruhigend auf und ab. Ich atmete einmal tief ein. Er hatte recht. Ich war ja nicht alleine. Zusammen würden wir das schon schaffen.
"Ich rufe jetzt schnell meine Mom an und frage, was man gegen Fieber machen kann." Damit zog er auch schon sein Handy aus der Tasche und telefonierte.
"Also, wir sollen kalte Wadenwickel machen. Meine Mom hat gesagt, dass sie bestimmt ihre Zähnchen bekommen und deshalb so unleidlich sind.", beruhigte mich Marco
"Stimmt, wir haben vorhin das erste Zähnchen entdeckt." Ich atmete auf, dann lag das alles also nicht an meiner Unfähigkeit. Wir versorgten die beiden also und gaben unser bestes sie zu beruhigen.
Ich schaute wieder auf die Uhr. Es war jetzt 6 Uhr. Die beiden kleinen waren immer noch am Rumstenkern. Aber wenn sie ihre Beisser auch so ärgerten, musste man ja Verständnis haben. Wenn sie jetzt etwas zu essen und neue Windeln bekamen, beruhigten sie sich ja vielleicht."Schaut mal, sind die beiden nicht süß.", weckte mich die quietschende Stimme meiner Freundin Franzi, die gleich noch durch Jasis "super süß" übertönt wurde. Ich versuchte mich aufzurappeln, wurde aber sofort wieder von einem Arm zurückgezogen "Nicht aufstehen.", brummelte es jetzt neben mir. Mein Hirn fing an zu rattern. Als ich dann auch die Stimme des lieben Herrn Reus hörte "Mensch Bro, dein Bruder fackelt aber nicht so lange wie du, um sich eine Braut zu saven." Ich blinzelte mit den Augen. Okay, ich lag hier mit Marco eingekuschelt auf dem Sofa. Ich schälte mich jetzt doch aus seinen Armen und richtete mich auf. Mein Blick fiel auf die Uhr. Es war 11 Uhr. Dann hatten uns die Zwillinge doch nach dem Füttern noch etwas Schlaf gegönnt.Marco brummte immer noch total verschlafen etwas vor sich hin, ehe er sich auch aufrichtete. Mit seinen total verwuschelten Haaren sah er richtig niedlich aus, als er sich die Augen rieb. Ich schaute zu den Störenfrieden, die uns geweckt hatten. Beide Männer standen hinter ihren Frauen und hatten ihre Arme um ihren Bauch geschlungen. Alle vier grinsten irgendwie total grenzdebil. So wie es aussah, hatte unser Plan wirklich zu 100 Prozent funktioniert.
"Was guckt ihr denn so blöd?", murrte Marco neben mir.
"Ach, nur so.", grinste Roman und zwinkerte uns zu.
"Kathi, du glaubst ja nicht, was die Männer sich tolles als Entschuldigung haben einfallen lassen." Jasi strahlte förmlich aus allen Poren vor Glück.
"Das war wirklich voll schön.", stieg Franzi sofort mit ein.
"Mo....momentmal.", stotterte Roman irrtitiert.
"Was heißt hier die Männer? Ihr habt doch das ganze als Entschuldigung für uns inszeniert.", meldete sich der Blonde zu Wort.
"Wir? Nee, ihr. Wir hätten doch gar keinen Grund dafür gehabt. Hier schau doch." Franzi hielt Marco das Fotoherz und die Blume unter die Nase, die noch auf der Kommode neben ihr lagen. Ach nö, bitte nicht schon wieder Zoff. Mein Herz fing an zu rasen.
"Genau so etwas habt ihr doch Marco auch in die Hand gedrückt, um es uns zu bringen." , kam es prompt von ihrem Mann.
Alle vier Blicke richteten sich wieder auf Marco und mich. "Kathi.", kam es aus Franzis und Jasis Mund, während Roman und Marco ein lautes "Marco" ausstießen.
Na super, ich wusste doch gleich, dass das schief ging.
"Ich habe dir doch gleich gesagt, dass das nichts wird.", maulte ich Marco an. Der nur mich entschuldigend anschaute "Tut mir leid, aber es war doch einen Versuch wert." Ehe wir weiter darüber nachdenken konnten, wurden wir in eine Gruppenumarmung gezogen.
"Das war sogar eine Superidee von euch, danke.", lachte Jasi.
"Ja, danke.Versöhnungssex ist echt der beste.", gackerte Franzi. Boah, das wollte ich jetzt nun wirklich nicht unbedingt hören. Und auch Marco stöhnte auf.
"Na, das werdet ihr beide bestimmt auch noch irgendwann feststellen.", zwinkerte uns Roman zu. Was meinte er denn jetzt damit?
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Zwei Schuss, ein Treffer ✔Teil 3
RomanceKatharina, von allen Kathi gerufen, hat einen festgefassten Lebensplan: als erstes erfolgreich das Studium abschließen, dann den Mann für's Leben finden und heiraten und dann zwei Kinder bekommen. Als sie in ihrer neuen Heimat Dortmund ihre alten Ju...