Kapitel 103

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"Der Gottesdienst war wirklich schön." Lisa hakte sich bei mir ein und zog mich mit sich zu dem Geschenketisch, der im Restaurant aufgebaut war. "Schau mal, da der goldene Umschlag ist von mir." Ich griff ihn mir und öffnete ihn. Zum Vorschein kam ein liebevoll gestalteter Gutschein. "Ich dachte mir, ihr könnt bestimmt mal ab und zu einen Babysitter gebrauchen, damit ihr auch mal Zeit für euch habt. Sascha soll doch wohl kein Einzelkind bleiben." Ich spürte, wie mir das Blut in den Kopf schoss. Ehrlich gesagt hatten Erik und ich da noch nicht wirklich drüber gesprochen. Also nur so generell, dass wir uns noch ein Kind vorstellen könnten. Ich hätte wirklich gerne noch eins mit ihm zusammen. Aber momentan war das noch viel zu früh. Erst einmal musste Sascha ein wenig größer sein. "Das muss dir doch nicht peinlich sein. Mein Bruder vergöttert dich und mir ist schon klar, dass das noch etwas dauert bis ich noch einen Neffen oder eine Nichte bekomme, aber trotzdem müsst ihr doch in Übung bleiben.", zwinkerte sie mir zu. Nun musste ich doch grinsen. Lisa war wirklich klasse. Gerade als ich mich umdrehen wollte, stand jetzt so ziemlich die ganze versammelte Mannschaft hinter mir. "Dann packt mal die Geschenke von eurem Sohn aus." Der liebe Herr Reus grinste uns an. Ob das jetzt etwas gutes zu bedeuten hatte, wagte ich zu bezweifeln, denn so langsam kannte ich dieses Grinsen. Wahrscheinlich würde mir irgendetwas um die Ohren fliegen, wenn ich den Geschenkkarton öffnete. Also hob ich vorsichtig den Deckel der Kiste ab, die er mir hinhielt. Ich schaute rein und musste lachen. In der Kiste war oben auf ein Mitgliederausweis des BVB auf den Namen meines Sohnes ausgestellt, daneben eine Dauerkarte für die Süd und eine komplette Kinderkollektion einschließlich eines Durm Trikots in schwarz gelb. Natürlich waren auch noch Fussballschuhe und ein Ball dabei. "Bei zwei Fussballervätern muss man doch den Weg schon mal ebnen.", grinste Marco "Und falls er mal ein richtiges Trikot tragen will, ist auch ein Reus Trikot dabei." Erik schüttelte sofort den Kopf "Ein Durm trägt ein Durm Trikot." Ich packte weiter die Geschenke aus. Von Jasi und Roman hatte Sascha eine Kette mit einem Kreuz bekommen und von Dogan Fatimas Hand. Wirklich alle hatten sich sehr viel Mühe mit ihren Geschenken gegeben. Umso mehr tat es mir wieder weh, wenn ich an das lieblose Geschenk meiner Eltern dachte und daran, dass sie wieder einmal mehr Zeit für ihre Firma hatten als für ihre Familie. Erik der neben mir stand, schien meine Stimmung zu bemerken, denn er legte seinen Arm um meine Schulter und zog mich an sich. Sofort fühlte ich mich ein wenig besser. Ich hatte jetzt meine eigene Familie und für mich würde niemals etwas wichtiger sein als mein Sohn und mein Mann. 
"So, dann lasst uns das Essen genießen." Wir hatten ein schönes Menü zusammengestellt, das jetzt gleich serviert werden sollte. Vicki zog sofort zusammen mit Lisa los. Die beiden hatten sich gleich auf Anhieb verstanden. Das laute Knarren der sich öffnenden Tür ertönte, dann kamen jetzt wohl die ersten Vorspeisen. Ich schaute also erwartungsvoll zur Tür, als mir vor Schreck der Atem wegblieb. Was wollte der denn jetzt hier? Ich schaute zu Erik, der auch gebannt zur Tür starrte.
"Da komme ich ja gerade rechtzeitig, um meinen Sohn abzuholen." Marco lief grinsend auf Karin zu, die Sascha gerade auf ihrem Arm hatte. Ich spürte wie sich Erik neben mir mit jedem Schritt, den Marco näher kam anspannte. Im Raum war es plötzlich so leise, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören.
"Marco, was wird das?" Roman lief auf seinen Bruder zu und stoppte ihn an der Schulter "Ich habe dir mit Sicherheit nicht von der Taufe erzählt, damit du hier Theater machst. Tue mir einen Gefallen und gehe wieder. Ihr könnt das ein anderes Mal klären." Marco schlug nur die Hand von seinem Bruder weg umd lief weiter zu seiner Mutter, die wie versteinert mit meinem Sohn im Arm da saß. So geschockt hatte ich Karin noch nie erlebt.
"Ich will jetzt meinen Sohn sehen und ihn dann mitnehmen. Er gehört zu seinem Vater." Ich sah, wie Eriks Hände sich zu Fäusten ballten. Ich strich mit meiner Hand beruhigend über seinen Arm.
"Ich bin sein Vater.", fauchte Erik auf einmal los. Marco fing an zu lachen "Bist du so schwach im Rechnen, dass du nicht einmal neun Monate zurückrechnen kannst? Oder hat dir die Bitch das eingeredet und du glaubst das?" Der hatte mich doch hier nicht gerade vor allen Bitch genannt?
"Marco Bürki, wenn du weißt was gut für dich ist, dann entschuldige dich jetzt und verschwinde von hier. So haben wir dich nicht erzogen " Martin funkelte seinen Sohn sauer an und lief einen Schritt auf ihn zu.
"Ich werde mir meinen Sohn nicht wegnehmen lassen von so einem Wurm.", legte er sofort nach. Ich spürte wie Erik auf ihn losgehen wollte und hielt ihn an seinem Arm zurück. Ich nahm jetzt all meinen Mut und Frust zusammen und warf Marco ganz ruhig entgegen "Du hast gar keinen Sohn. Das Recht hast du schon vor langer Zeit verwirkt. Erik hat einen Sohn. Du kannst gerne in die Geburtsurkunde von Sascha Erik Durm schauen." Genau in diesem Moment wusste ich, dass es die richtige Entscheidung gewesen war, Erik als Vater einzutragen.
"Das ist nicht dein Ernst. Ich werde einen Vaterschaftstest machen lassen.", brüllte Marco mich mit funkelnden Augen an.
"Ganz sicher nicht, denn ich werde dem nicht zustimmen." Ich versuchte ganz ruhig und bestimmt zu bleiben und mir meine Angst nicht anmerken zu lassen. Ich hatte riesige Angst, dass er mir doch irgendwie meinen Sohn wegnahm.
"Das kannst du nicht verweigern. Ich werde dich darauf verklagen. Ich werde dir das Kind wegnehmen."  Ich sah wie Roman und Martin Marco von hinten am Arm nahmen und Richtung Tür zogen "Es ist besser, wenn du jetzt gehst.", hörte ich Roman seinem Bruder erneut zuzischen. Marco fing an um sich zu schlagen und zu treten, als auch Dogan und der andere Marco und auch Alex den beiden Bürki Männern zur Hilfe kamen. "Wenn du dich noch einmal meiner Schwester oder meinem Neffen näherst, mache ich dich platt, du Vollpfosten ", hörte ich meinen Btuder gerade noch drohen, ehe meine Beine einfach unter mir wegsackten und die Tränen nur so über meine Wangen rannen. Ich spürte Eriks Arme, die mich aufgefangen hatten und jetzt an seine Brust drückten. "Du musst keine Angst haben. Keiner wird uns unseren Sohn wegnehmen.", flüsterte er mir beruhigend ins Ohr und küsste mich auf meinen Scheitel. Eriks Worte trösteten mich zwar, weil ich wusste, dass ich nicht alleine war und alleine kämpfen musste, aber trotzallem blieb eine Restangst. Würde Marco seine Drohung wahr machen und versuchen mir meinen Sohn wegzunehmen? Ich machte mich aus Eriks Armen los und rannte zu Karin, die mir sofort meinen Sohn entgegen streckte. Ich zog ihn in meine Arme und drückte ihn an meine Brust ehe ich ihm Küsse auf sein Haar drückte. Wieder spürte ich Arme um meine Taille und Erik, der mir gegenüber stand. Wir bildeten jetzt ein Sandwich mit Sascha in der Mitte. Das war wie ein Zeichen. Erik und ich würden ihn immer und vor allem beschützen. Plötzlich spürte ich noch mehr Arme um mich. Ich schaute hoch und sah, dass jetzt auch Karin, Christine, Thomas, Vicki, Franzi und Jasi uns umarmten. Ja, mein Sohn hatte mit Sicherheit ganz viele Menschen, die ihn beschützen würden. Bei diesem Gedanken löste sich der Knoten in meinem Magen und ein Lächeln schlich sich in mein Gesicht.

Zwei Schuss, ein Treffer  ✔Teil 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt