Play-acting || Changlix

~84~

Changbin P.O.V

“Okay, wir sind jetzt unterwegs. Felix, wo bist du grade?“ fragte Chan verdächtig ruhig. Jedoch spürte ich die Nervosität welche von ihm ausging.

Ich konnte sie klar in seinem Gesicht lesen, genauso wie die Aufregung die ihn großzügig umgab. Mir erging es nicht anders, denn ich war mindestens genauso besorgt um meinen Lixi, wie er.

“Ich... i-ich weiß es n-nicht... Alles hier ist anders... d-da vorne ist eine Hauptstraße... Chris, hier ist ein Brunnen. K-komm bitte her!“

Felix klang aufgelöst und fast kaputt. Seine Stimme brach bei jedem zweiten Wort und es war unverkennbar dass er in Strömen weinte.

Ich versuchte mein Gehirn anzustrengen und lief gedanklich jede Straße in den umgebenden Vierteln des ASC Studios ab. Eine Hauptstraße mit einem Brunnen... Ein Brunnen... wo gibt es eine Straße mit einem Brunnen...

“Chan! Seulkteggi-Straße!“ schrie ich quasi in sein Ohr. Da ich mich auf den Beifahrersitz geworfen hatte mussten nun die anderen Member hinten sitzen.

Ich war mir absolut sicher dass mein Vorschlag richtig gewesen ist, denn ansonsten gab es hier keine anderen öffentlichen Wasserquellen.

Ohne mir eine Antwort zu geben fuhr Chan eine scharfe Rechtskurve und nahm kurz darauf noch mehr Tempo an. “Felix? Halte durch, wir sind gleich da. Hörst du? Beweg dich nicht von der Stelle!“

Unser Leader hat das Handy zwischen Ohr und Schulter eingeklemmt gehabt und sich einige Minuten zuvor nicht Mal die Mühe gemacht sich anzuschnallen.

Aber die Sorge um seinen besten Freund war einfach so groß, dass selbst unser sonst so vorsichtiger Chan sich nicht mehr um Regeln scherte.

“Bitte... Chris, es... es t-tut so weh...“

Meine Sicherungen brannten fast durch als ich sein lautes Schluchzen aus dem Handy vernahm. Ich würde diese Person die ihm das angetan hatte umbringen wenn ich sie in meine Finger bekam, das schwor ich mir innerlich.

Chan bog in die nächste Straße ein und fuhr in den großen Kreisverkehr. Ohne den Blinker zu setzen raste er die dritte Ausfahrt hinaus und brachte uns mit einer Geschwindigkeit von über 70 km/h in die von mir soeben genannte Straße.

Instinktiv suchten meine Augen nach einem kleinen Blondschopf. Die Straße war fast komplett leer, bis auf eine Katze welche schnell in die nächste Seitengasse huschte und einem jungen Kerl, der soeben aus einer winzigen Bar gelaufen kam.

“Chan, halt an.“

Der Junge zu meiner linken Seite machte eine Vollbremsung, die mich fast aus dem Sitz geworfen hätte. “Hast du ihn gesehen? Wo ist er?!“ fragte er hysterisch und ließ seine Augen unruhig über den kleinen Parkplatz wandern.

Ja, dort hinten lag der Steinbrunnen von welchem Felix gesprochen hatte. Nur er selbst ist nirgends zu sehen gewesen. Was mich aber dazu brachte Chan zum anhalten zu nötigen, war der fremde Typ.

Seine Erscheinung wirkte eigenartig, vor allem da er gar nicht betrunken zu sein schien, sondern relativ nüchtern wirkte.

Trotzdem trug er die Hose nicht ordentlich und sein Hemd war nur locker hineingesteckt. Auch seine Haare waren verschwitzt und sehr unordentlich zerwuschelt. Untypisch für einen Studenten in dieser Zeit...

Das komischste daran war aber dass er anscheinend etwas suchte. Er lief in die Gasse in welche auch die getigerte Katze verschwunden war, kam jedoch nach einigen Sekunden wieder raus; deutlich verärgert.

“Changbin? Alles gut? Wo siehst du ihn?“

Nicht auf Chan's Fragen oder das unruhige Gemurmel meiner Member achtend riss ich unserem Fahrer das Handy aus Hand.

“Felix? Wo bist du? Wir sind auf dem Parkplatz, komm raus!“ meine Stimme klang bestimmend aber auch besorgt.

“Ch-changbin? Ich k-kann nicht... er sucht m-mich... “

“Felix, wer sucht dich? Komm zu unserem Auto! Wir stehen direkt auf der Straße vor der Kneipe. Hier läuft so ein Typ rum, wenn du ihn siehst, findest du uns auch.“

Es war still am Ende der Leitung. Während ich panisch darauf wartete dass mir der Kleine antworten würde, beobachtete ich weiter den Mann auf der anderen Straßenseite.

Er lief den Bürgersteig auf und ab, bis sich seine Schritte plötzlich verschnellerten und er um eine Mauerecke verschwand. Ein wenig verwirrt wandte ich wieder meinen Blick ab, doch dann erschreckte mich ein Geräusch am Handy.

“Scheiße. Scheiße, scheiße, SCHEIßE! Binnie, er hat m-mich gesehen... Was soll ich jetzt tu-“

Die Verbindung wurde gekappt. Ein letztes knirschen war aus der Leitung zu hören, doch dann war Stille.

Ich schüttelte das Handy, schrie Felix' Namen noch ein paar Mal, bis Chan mir das Gerät aus der Hand nahm. Ich blickte unter Tränen zu ihm auf und sah dass auch er ebenfalls weinte.

Bereits mehrere feuchte Spuren zierten seine Wangen und hinterließen glänzende Linien an seinem Hals.

Ach, scheiß doch drauf. Früher oder später hätten sie es doch sowieso rausgefunden. Und Hyunjin wusste es auch schon, also wo war das Problem?

Ich öffnete die Tür zu meiner Rechten und stieg aus, die verwirrten Blicke meiner Member nicht beachtend. Dann lehnte ich mich neben die geöffnete Autotür an den Van und holte eine blaue Zigarettenschachtel aus meiner Hosentasche hervor.

“Du rauchst, Changbin?!“ ertönte die erschrockene Stimme meines Leaders. “Hatte er. Binnie, verdammt du wolltest damit aufhören!“ Ich vernahm die  Stimme meines besten Freundes aus dem hinteren Teil Busses.

Aber ich zuckte nur mit den Schultern und zündete die kleine Stange zwischen meinen Fingern an. Kurz darauf inhalierte ich auch schon den beruhigenden Rauch in meine Lunge, pustete ihn Sekunden später in die Luft.

Die Wirkung des Nikotins ließ schnell nach, weshalb ich bereits einen weiteren Zug nehmen wollte. Doch dann sah ich den Mann von vorhin um die Ecke laufen.

Dieses Mal nicht alleine, sondern in Begleitung eines blonden Jungen. Meines blonden Jungen.