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Felix P.O.V.

Eine einzelne Träne tropfte auf den Abschiedsbrief, als ich diesen zusammen faltete, vor mich legte und noch einmal überzeugt anstarrte. Meine Entscheidung war die richtige, ich würde sie bestimmt nicht bereuen. Der Blick schnellte in die Richtung der Uhr. 11:30. In etwa 6 Stunden ging mein Flug.

Ich würde noch heute zurück nach Australien gehen.

Ich konnte die ganzen Schmerzen, die ich hier jeden Tag fühlte nicht mehr aushalten, denn sie fraßen mich immer weiter auf, zerstörten mein Oberstes ohne jeden Rückhalt. Doch heute morgen, als Changbin mich getroffen hatte, wollte ich fast gar nicht mehr gehen. Nur in seine perfekten Augen zu sehen, hätte fast gereicht, um mich wieder umzustimmen, doch das durfte und würde nicht passieren.

Ich hatte mich schon lange entschieden, und diesen Ort zu verlassen, war die einzige Möglichkeit über Changbin hinweg zu kommen. Vielleicht würde ich danach auch wieder auftauchen, aber ob sie mich dann überhaupt noch haben wollten, wusste ich nicht.

Du hast sowieso besseres verdient, als Leute die dich den ganzen Tag runterziehen!

Leise seufzte ich, denn die Stimme war bereits heute morgen, nach der Begegnung wieder aufgetaucht, diesmal aber anders als sonst. "Warum machst du mich eigentlich nicht fertig? Beleidigungen und so." flüsterte ich gequält. Die Frage stellte ich mir wirklich, denn die Stimme war lediglich da, begleitete mich, sagte mir, was ich am besten in den Abschiedsbrief schreiben sollte.

Weil du zu stark geworden bist. Changbin hat ganze Arbeit geleistet. Ich bin nun lediglich ein Schatten von dir selbst.

Ja, Changbin hatte das wirklich gut gemacht, nur durch ihn konnte ich wieder so sein, wie ich war. Trotzdem bereitete er mir solche Schmerzen, und trotzdem würde ich ihn nun verlassen. War das nicht lustig?

Kopf schüttelnd stand ich von meinem Stuhl auf, lief zum Kleiderschrank, und begann dir restlichen Klamotten in meinen Koffer zu schmeißen. Stockend traf ich auf einen dunkelgrauen Hoodie, den ich Mal so gar nicht einordnen konnte, denn mir gehörte dieser auf keinen Fall.

Plötzlich zog sich mein Herz zusammen, als ich den Pulli als einen von Changbin identifizieren konnte; er hatte ihn bei seiner letzten Übernachtung hier vergessen. Ohne zu überlegen, pfefferte ich diesen in den frisch rausgebrachten Mülleimer, kramte nach weiteren Pullovern, faltete sie, legte sie ebenfalls in den randvollen Koffer. Zuklappen konnte ich ihn ohne viel Mühe, richtete mich auf, ließ meine Wirbelsäule einmal knacken.

Wie würden sie reagieren, sobald sie wussten, dass ich weg war; wären sie glücklich, oder enttäuscht von mir?

Bestimmt traurig, denn sie müssen jetzt ohne dich klar kommen. Aber sie haben es doch auch nicht anders verdient!

Stumm nickte ich, versuchte nicht dagegen an zu sprechen, denn sie würde eh nicht aufhören. Mit gequälten Gesichtsausdruck hob ich den Koffer an, stellte ihn auf den Boden, ehe ich ihn langsam durch die Tür hinter mir herzog, und mein Blick noch ein letztes Mal am Müll hängen blieb. Unschlüssig betrachtete ich den Stoff, ärgerlich darüber, dass mich ein einfacher Pullover so aus dem Konzept bringen konnte. Kurzerhand griff ich doch nach diesem, zog ihn mir über, und fühlte mich so direkt nicht mehr ganz so schlecht, was eigentlich irrsinnig war, wenn man Mal so darüber nachdachte.

Das Holz knarzte unter meinen Füßen, gefährlich, als würde gleich ein Tier aus ihm heraustreten um mich zu zerfleischen. Dies wäre aber auch nicht das schlechteste, dachte ich mir, als ich den Flur betrat, um mein Gepäck abzustellen. Ein letztes Mal wollte ich noch durch unsere Wohnung gehen, denn ich hatte nicht das Gefühl, als würde ich hier her zurück kehren.

Wo ich in Australien hin sollte, wusste ich noch nicht, immerhin wollte ich meine Eltern, die sowieso von Anfang an gegen meinen Traum waren, nicht enttäuschen. Vielleicht sollte ich in ein Hotel gehen, solange bis ich einen Job hatte, und mir eine Wohnung kaufen konnte.

Ist doch egal wohin, hauptsache weg!

Auch wieder wahr. Meine Füße trugen mich zum Bad unserer Etage, in welchen ich Changbin zum ersten Mal näher gekommen war. Nein, eigentlich war er mir näher gekommen, ich erinnerte mich als wäre es gestern gewesen. Wie seine Hände über meinen Körper gewandert sind, wie er mir meinen ersten Kuss geschenkt hatte.

Nein! Das Arschloch hat dir deinen ersten Kuss geraubt!

Aber es hatte mir doch gefallen oder nicht? Auch wenn es für ihn nichts bedeutete, denn er liebte ja ganz offensichtlich Hyunjin, ich hatte mich dabei mehr als nur wohl gefühlt.
Die Erkenntnis traf mich wie einen Schlag.

Er hatte mich Tag für Tag angelogen, als ich ihn nach Hyunjin fragte. Dort drüben, an der Wand, er hatte von Hyunjin geredet; hatte sich wahrscheinlich auch den anderen vorgestellt, als er mich küsste. Die Stimme hatte Recht, mir wurde mein erster Kuss geraubt. Sauer drehte ich mich um, stapfte aus dem Badezimmer zurück in mein eigenes.

Der nackte, weiße Brief lag noch immer auf meinem Schreibtisch, flüsterte Dinge, schien einen Augenblick lang fast lebendig, so viele Emotionen wie ich in ihn gesteckt hatte. Mit einer schnellen Bewegung griff ich ihn, starrte noch einen Moment auf das krakelig geschriebene 'an Stray Kids' bevor ich mich umdrehte, langsam auf den Flur hinaus trat, und mit der anderen Hand den Griff meines Gepäcks packte. Lustlos zog ich dieses hinter mir her, Richtung Küche.

Auf dem Weg zu dieser, sprang mir ein Gruppenfoto entgegen, welches eingerahmt an der hellen Wand hing. Kurz blieb ich erneut stehen, sah es voller Wehmut an, nahm es in die Hand, und fing dann, ohne es zu wollen, hemmungslos an zu Schluchzen.

Chan hatte es aufgenommen, damals bei unserem Debut. Wir sahen alle so sorglos aus, doch das waren wir in diesem Moment auch. Die lange Zeit des Trainings hatte sich gelohnt, wir hatten alle die survival Show überlebt. Wir durften auf der Bühne stehen, Performen, Fans kennenlernen. Und wir durften zusammen sein, als Stray Kids, als Familie.

Doch nun verließ ich meine Gruppe, vergaß die alten Erinnerungen, gab meinen Traum auf. Wie schwer mir dies fiel machte sich durch die heißen Tränen auf meiner Wange bemerkbar, welche unaufhörlich auf Changbins Pulli tropften. Mit meinem linken Ärmel wischte ich diese flink aus dem Gesicht, doch dadurch nahm ich nur den Geruch, von diesem wahr. Leichte Minze.

Erneut überkam mich ein Zittern, das Bild in meiner Hand drohte zu fallen, weshalb ich es fast ebenfalls in meinen Koffer steckte. Aber nur fast, denn ich wollte mich so wenig wie möglich an diese Zeit erinnern, was ja wohl unmöglich war, wenn man so darüber nachdachte. Also hing ich den Rahmen fein säuberlich wieder an seinen Haken, richtete mich auf, und nahm meinen Koffer, auf welchen ich den Abschiedsbrief gelegt hatte wieder in die Hand.

Die paar Schritte Richtung Küche fielen nicht schwer, so legte ich das Papier auf die Anrichte, blickte mich nicht mehr um, in Sorge, mein Plan würde sonst von irgendetwas durchkreuzt werden, und lief wieder auf den Flur. Ein letzter Griff zu meiner Jacke genügte, um meinen Plan in die Tat umzusetzen.

Es gab kein zurück mehr. Der Flug war gebucht; Rückreise nicht mit inbegriffen. Ich öffnete die Haustür, bevor ich ein letztes Mal auf das Bild an der Wand zurückblickte. Lächelnd musterte ich unsere Gesichter, erinnerte mich an diese Zeit, weshalb mir erneut heiße Tropfen über die Haut rannen, doch diesmal wischte ich sie nicht weg. "Lebt wohl Leute, ich werde euch nie vergessen..."

Mit diesen Worten drehte ich mich um, und schloss die Tür zu unserer Wohnung ein für alle Mal.

Die Frage ist ja, ob er überhaupt bis zum Flughafen kommt😂

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Play-acting || ChanglixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt