Kapitel 3

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Jayden PoV.

Mein Wecker klingelte zu einer eigentlich unmenschlichen Uhrzeit am Morgen. Aber wenn man die zweite Hand des Chefs war und später dessen Nachfolger werden sollte, wurde darauf nun mal keine Rücksicht genommen. Mein erster Griff ging zu meinem Handy, welches auf meinem Nachtschrank neben meinem altmodischen Wecker mit Ziffernblatt lag. Als ich das Display anschaltete, schloss ich meine Augen sofort wieder, da es eindeutig zu hell war. Eine neue Nachricht auf Whats App wurde mir angezeigt. Ich öffnete den Nachrichtenmessanger und schaute nach, von wem die Nachricht in aller Frühe stammte. Wobei ich schon eine klare Vermutung hatte. Diese Vermutung bestätigte sich nur, als ich den Namen meines Zwillingsbruders las. Denn im Gegensatz zu mir war Mason ein wahrer Frühaufsteher.

Sein Motto lautete „Je früher, desto besser.", was ich persönlich überhaupt nicht unterstützen oder auch nur nachvollziehen konnte. Diese Eigenschaft hatte er eindeutig von unserem Vater geerbt. Ich erinnerte mich nur zu gut daran, als beide um 6:00 Uhr morgens im meinem damaligen Zimmer standen und mich aus dem Bett schmissen, da sie zum Angeln fahren wollten. Zum Angeln!!! Die absolut langweiligste Beschäftigung auf Erden. „Bist du schon aufgestanden???", diese Nachricht hatte er mir vor ca. 20 Minuten geschickt. „Wir treffen uns in 10 Minuten vor deiner Wohnung.", wie von der Tarantel gestochen fuhr ich aus meinem Bett hoch und rannte in mein Badezimmer. „Verfluchter Mist!", sagte ich zu mir selbst. Nur um zu meinem Erschrecken festzustellen, dass ich noch genau 3 Minuten Zeit hatte.

Ich putzte mir eilig die Zähne, während ich nebenbei versuchte meine Haare irgendwie mit meiner freien Hand zu bändigen. Danach sprintete ich schon förmlich in mein Ankleidezimmer, um mir einen Anzug rauszusuchen, welchen ich mir binnen Sekunden überstreifte. Bevor ich überhaupt die Chance hatte zu frühstücken oder mir wenigstens einen Kaffee zu kochen, klingelte es schon an meiner Tür. Ich schnappte mir noch im Vorbeigehen meine Aktentasche und den Schlüssel, ehe ich mir an der Tür noch meine polierten Lederschuhe anzog. Nach dem zügigen Verlassen meiner Wohnung beeilte ich mich die Treppen runterzulaufen. Nur um festzustellen, dass mein fünf Minuten jüngerer Bruder, zufrieden grinsend, draußen an meinem Range Rover angelehnt stand. „Na Kleiner?", sagte ich grinsend zu ihm, denn er hasste es abgrundtief so genannt zu werden. Und ich wollte ihm unbedingt sein selbstzufriedenes Grinsen damit austreiben.

Anstatt mir jedoch eine blöde Antwort zu geben, sah er mich nur mit leicht schief gelegtem Kopf an und erwiderte, „Lass mich raten, als du meine Nachrichten gelesen hast, hattest du nur noch fünf Minuten Zeit, um dich fertig zu machen." „Falsch", antwortete ich ihm immer noch leicht lächelnd, „Um genau zu sein hatte ich nur noch drei Minuten Zeit. Und ich habe es geschafft. Du kannst also stolz auf mich sein.", provozierte ich ihn absichtlich. Nur leider hatte Mason die gleiche Absicht. „Wo ist deine Krawatte geblieben und was zum Teufel hast du mit deinen Haaren gemacht?", fragte er mich nun selbst mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Na warte, das Grinsen würde dir schon gleich noch vergehen., dachte ich nur als ich mit leicht überheblicher Miene aus meiner hinteren Hosentasche meine Krawatte herauszog.

Auf seine andere Frage bezüglich meiner Haare bekam er nur die Antwort, „Das ist heutzutage wieder modern. Das zählt in die Kategorie lässig.". Er schüttelte daraufhin nur seinen Kopf und drehte sich zu meinem Auto um. Damit signalisiert er mir, dass unser Gespräch vorbei war und ich, so wie immer eigentlich, unseren kleinen Wettstreit gewonnen hatte. Nachdem ich das Auto geöffnet hatte, stieg er, ohne noch etwas zu sagen auf der Beifahrerseite ein und schloss seine Tür nicht gerade sanft. Das machte meinen Triumph nur noch besser, weil ich es tatsächlich geschafft hatte ihn zu provozieren. Und wenn man Mason kannte, wusste man, dass er normalerweise derjenige war, der sich von nichts aus der Ruhe bringen ließ. Außer jetzt gerade. Oder, dass ein oder andere Mal, als ich ihn mit irgendwas aufgezogen hatte.

„Eyy. Behandle mein Auto nicht so. Es kann auch nichts dafür, dass du nie gewinnst.", erwiderte ich ihm auf seine Tat. Er zuckte nur abwesend mit den Schultern und schaute provokativ aus dem Fenster, wobei wir beide wussten, dass er nicht wirklich sauer auf mich war. Dafür verband uns einfach zu viel. Wie eigentlich jeden Tag fuhren wir zusammen mit einem Auto auf Arbeit. Es wäre ziemlich sinnlos mit Zweien zu fahren, wenn man eh in derselben Firma arbeitete. Ausnahmen bildeten nur, Meetings, die ich im Anschluss an die Arbeit, außerhalb von Los Angeles hatte. Das kam zum Glück aber nicht so häufig vor.

Das Einzige, was wir nicht mehr zusammen machten, war zusammenzuwohnen. Während er noch bei unserem Onkel, unserer Tante, unserem Cousin und unserer Cousine wohnte, hatte ich beschlossen auszuziehen und mir eine eigene Wohnung zu suchen. Weit hatte ich es aber nicht geschafft, da mein Penthaus nur drei Straßen entfernt lag.

Ein weiterer Grund für meinen Auszug war meine Lebensweise. Ich brauchte eben meine Privatsphäre. Außerdem ging mein Frauenverschleiß den anderen gewaltig gegen den Strich. Jetzt konnte wenigstens keiner mehr etwas dagegen sagen und ich lebte, wie ich es wollte. Brauchte auf niemanden Rücksicht nehmen oder mir ihre Ratschläge bezüglich der ‚Wahren Liebe' anhören. Dieser Mist interessierte mich nicht, weil ich kein Beziehungstyp war und jemals sein würde. Das war eine der Eigenschaften, die uns unterschied. Mason glaubte nämlich wirklich an die wahre Liebe. Was meiner Meinung nach, totaler Humbug war.

Während unserer viertelstündigen Fahrt durch die Innenstadt von Los Angeles redeten wir nicht miteinander. Das war bei uns aber ziemlich normal. Wir sahen uns ja trotzdem fast die ganze Zeit über, auch wenn wir eben nicht zusammenwohnten. Ich fand es auch mal ganz schön sich nicht die ganze Zeit mit jemanden unterhalten zu müssen, sondern auch mal seinen eigenen Gedanken nachgehen zu können.

Als wir an dem riesigen Firmengebäude ankamen, fuhr ich das Auto in die Tiefgarage. Dort stiegen wir beide aus und machten uns mit dem Aufzug auf den Weg nach oben. Um Punkt 7:15 Uhr kamen wir oben auf der Chefetage an. Dort erwartete uns schon unser Onkel Aiden, um mit uns den Tagesablauf durchzugehen. Nachdem das erledigt war, trennten sich unsere Wege und ich machte mich auf den Weg in mein Büro. Dort schaltete ich als erstes meinen Computer an und setzte mich an meinen Schreibtisch. Während ich wartete, drehte ich mich mit dem Stuhl in Richtung Fenster und genoss den Ausblick über fast ganz Los Angeles, welches jetzt langsam nach der Nacht wieder zum Leben erwachte. Unterdessen lockerte ich meine Krawatte noch ein bisschen und knöpfte die beiden obersten Knöpfe meines Hemdes wieder auf. Eigentlich hasste ich Anzüge, aber was tat man nicht alles für seinen Beruf.

Sobald mein Rechner hochgefahren war, begann der stressige Teil des Tages. Ich freute mich jetzt schon, wenn ich heute Nachmittag wieder zuhause war. Als es an meiner Tür klopfte, schaute ich von meinem Computer auf und sagte nur mit tiefer und autoritärer Stimme „Herein.". Die Tür öffnete sich ein Stück und meine Cousine trat ein, bevor sie die Tür wieder hinter sich schloss. „Hey Jayden." Mit schief gelegtem Kopf fragte ich nur, „Was willst du?". „Das ist aber eine überaus freundliche Begrüßung von dir.", antwortete sie mir jetzt niedergeschlagen. Ich seufzte schwer, „Es tut mir leid. Setz dich und wir reden darüber, was dir auf dem Herzen liegt.". „Ist schon in Ordnung.", sagte sie. „Du hast wohl einen anstrengenden Tag hinter dir?" Erst jetzt bemerkte ich, dass es schon fast Abend war. Ich glaubte aber, dass ich heute ein paar Überstunden einlegen musste.

„Kann man so sagen. Also was ist los?" Zögernd fuhr sie fort, „Also wir haben überlegt, ob wir heute einen Spieleabend machen wollen. Was sagst du dazu?" Ich fürchtete meine Antwort würde sie zwar enttäuschen, aber ich hatte heute keine Zeit. Ich konnte ihr aber nicht sagen, was ich vorhatte, sonst rastete sie höchstens noch aus, weil mein Vorhaben garantiert kein angemessener Grund war, unseren Familienspieleabend zu verpassen. „Ich kann heute nicht. Tut mir leid. Ich muss ein paar Überstunden einlegen." Flehend sah sie mich an, „Kann das nicht bis morgen warten?". „Ich fürchte nicht.", bekam ich ein schlechtes Gewissen, als sie mich aus ihren braunen Augen traurig ansah. Damn it! „Okay dann eben nicht. Wir sehen uns aber die Tage nochmal, oder?" „Natürlich. Ich mach es wieder gut.", versicherte ich ihr nochmals. Der eigentliche Grund für meine Abwesenheit beim Familienspieleabend war, weil ich mich mit einer Frau in einem Club verabredet hatte. Die Bedingungen dabei waren aber klar, nur eine einmalige Sache.

The Fate of LifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt