Kapitel 110

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Harper PoV.

14 Monate später

Meine Nerven lagen blank. Ich konnte nicht mehr. Im Moment war mir einfach alles zu viel. Dabei führte mir mein eigenes Spiegelbild vor Augen, was ich gleich im Begriff war zu tun. „Tief durchatmen Harper. Du schaffst das schon.", sprach ich mir selbst gut zu. Nur funktionierte das nicht. Ich war so nervös, aufgeregt, hibbelig und ängstlich zugleich. Nicht in dem Sinne, dass ich es mir anders überlegte, sondern eher, dass irgendwas gewaltig schief ging oder Jayden es sich im Schlimmsten Fall nochmal anders überlegen würde. „Hey Harper. Beruhig dich.", trat Grace von hinten an mich heran und legte mir ihre Hände auf die Oberarme. Sie trug ein knielanges beerenfarbenes Chiffon Kleid mit Spitze, während ich selbst noch in einem beigefarbenen Satinmantel steckte und darauf wartete, dass meine Mum mein Hochzeitskleid brachte.

Meine Haare und mein Make-up waren schon fertig. Lediglich das Kleid und die Schuhe fehlten noch. „Ich bin so verdammt nervös Grace.", amtete ich zittrig aus. „Ich würde mir wirklich Sorgen machen, wenn du es nicht wärst Süße.", platzierte sie ihren Kopf auf meiner Schulter. „Und was ist, wenn ich Jayden nicht gefalle?", suchte ich im Spiegel nach ihren Augen. „Dann wäre er schön blöd.", erwiderte Grace auf meine absurde Frage, weil ich genau, wie sie wusste, dass Jayden mich schön fand, egal was ich anzog. Jedenfalls hatte er mir das schon einige Male deutlich gemacht. Als es an meiner Zimmertür klopfte, löste Grace sich von mir, um diese zu öffnen. Meine Mum reichte das Kleid an Grace weiter und zog die Tür dann wieder hinter sich ins Schloss, was mich ehrlichgesagt etwas wunderte.

„Bereit?", fragte sie mich, während sie mein Kleid hochhielt. „Ja.", versuchte ich meine Stimme überzeugt klingen zu lassen. Ob es mir gelang? Keine Ahnung. Jedenfalls sagte Grace nichts dergleichen. „Na dann los.", lächelte sie mich an, was ich ihr gleichtat. Immerhin wäre ich in vier Stunden verheiratet. Grace half mir mein Kleid anzuziehen. Denn zu machen konnte ich es allein nicht. Dafür gab es viel zu viele Knöpfe auf der Rückseite. „Sieht man irgendwas?", sah ich mich prüfend im Spiegel an, während mir beinah schon wieder die Tränen kamen. Denn genau das war passiert, als ich das Kleid zum ersten Mal anhatte. Ich musste es nur kurz sehen und wusste sofort, dass das mein Kleid werden würde. Was nicht bedeuten sollte, dass ich nur das eine anhatte. Dem war nämlich nicht so. Ich hatte gefühlt 30 verschiedene Kleider an, bevor ich dieses hier fand.

„Nein. Alles versteckt.", erinnerte mich Grace daran, dass ich ihr eine Frage gestellt hatte. „Okay.", atmete ich erleichtert aus. Aufgrund der Spitze, aus welcher das Oberteil bestand, konnte ich keinen BH anziehen, was bei meiner kleinen Oberweite aber auch nicht weiter auffiel. Ich trug lediglich einen weißen, beinah durchsichtigen String. Mehr nicht. Am Anfang war mir allein die Vorstellung schon unangenehm gewesen. Aber nachdem ich einsah, dass ich mit dem Kleid sowieso schon schlecht auf Toilette gehen konnte, freundete ich mich mit dem Gedanken an. „Und meine Narbe?", gewann meine Unsicherheit diesbezüglich die Oberhand. „Mach dir darüber keine Sorgen. Man sieht sie nur ganz leicht. Und von weiter weg überhaupt nicht.", versuchte Grace mich mit ihren Worten zu beruhigen.

Denn es hatte ewig gedauert, bis ich mich mit dem Aussehen meiner neuen Narbe anfreunden konnte. Und es würde auch noch etwas dauern, bis sie sich an meinen Hautton angepasst hatte. Aber da Jayden mir immer wieder aufs Neue zeigte, dass sie ihn weder störte noch das er sie hässlich fand, begann ich es zu akzeptieren. Immerhin konnte Jayden sehr überzeugend sein. Sowohl sprachlich als auch körperlich. „So. Lass mich kurz nochmal überlegen, ob wir alles haben.", überlegte sie angestrengt, wurde jedoch von einem Klopfen an der Tür unterbrochen. „Ja?", klang meine Antwort eher nach einer Frage. Als meine Mum ihren Kopf durch die Tür steckte, war ich unglaublich erleichtert sie zu sehen. „Mum.", hatte ich erneut mit meinen Tränen zu kämpfen.

The Fate of LifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt