Kapitel 102

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Jayden PoV.

Harper reichte mir ihren Pullover, welchen ich zusammenfaltete und auf meinen Schoß legte. „Wir machen als erstes das EKG. Dann den Ultraschall und zum Röntgen bringe ich Sie nachher rüber. Danach nimmt eine Schwester Ihnen noch Blut ab und Sie bekommen noch eine Infusion gelegt.", klärte uns Harpers Arzt über den weiteren Verlauf auf. Harper antwortete wieder nur mit einem einfachen „Okay", bevor sie auch ihren BH auszog und mir gab. Genau, wie das letzte Mal legte sie sich auf die Behandlungsliege und ließ sowohl das EKG als auch den Ultraschall still über sich ergehen. Nur das es heute wesentlich schneller ging. „Ich konnte keine Veränderung zu der letzten Untersuchung von vor drei Wochen feststellen. Das macht es uns natürlich einfacher, weil wir wissen, worauf wir uns einstellen müssen.", klangen die Worte des Arztes nicht wirklich beruhigend.

Nicht mal für mich und ich versuchte mich wirklich zusammenzureißen. Denn selbst ich hatte im Hinterkopf, dass etwas bei der OP schief gehen könnte. Nur ließ ich mir das vor Harper nicht anmerken, weil es dann endgültig vorbei wäre. Als Harper mir wieder ihren Pullover aus der Hand nahm, streichelte ich ihr kurz über ihre Hand. Ich war enorm stolz auf sie, dass sie das Ganze so durchzog. Aber sie hatte auch nicht wirklich eine andere Wahl. Immerhin ging es hier um ihre Gesundheit und ihr Leben. „Warten Sie kurz hier?", sprach der Arzt plötzlich mit mir. Ich warf einen prüfenden Blick auf Harper, die mir zunickte. „Natürlich.", erwiderte ich. „Gut. Dann bring ich Sie schnell zum Röntgen. Das dauert höchstens zehn Minuten.", richtete Dr. Miller seine nächsten Worte wieder an Harper. „Okay."

„Wenn Sie bitte noch ihre Kette abmachen, würden Ms. Miller.", forderte der Arzt Harper auf. Diese leistete seine Worten Folge und öffnete den Verschluss der Kette. Dann gab sie diese an mich weiter. Ich schloss meine Hand darum und sah kurz auf genau diese runter. Bevor Harper allerdings gehen konnte, hielt ich sie am Arm zurück und zog sie ein bisschen zu mir herunter. „Ich warte hier auf dich. Versprochen.", sah ich in ihre feucht glänzenden Augen. Ohne jegliche Worte, schloss sie ihre Augen und lehnte ihre Stirn an meine. Ich hob meine Hand an ihr Gesicht, streichelte mit meinem Daumen über ihre Wange und gab ihr zum Schluss noch einen sanften Kuss auf die Lippen. Sie würde das Schaffen, musste ich mir jedenfalls selbst einreden, weil ich aufgrund ihrer Verfassung, langsam anfing daran zu zweifeln.

Nicht ganz freiwillig löste Harper sich von mir und ging dann mit ihrem Arzt mit. Während ich wartete, dass der Arzt wiederkam, nahm ich mein Handy zur Hand. Harpers Mum hatte mir geschrieben. Sie wollte wissen, wie es ihrer Tochter ging. Wahrscheinlich wäre Charlet selbst mit Harper ins Krankenhaus gefahren, wenn wir beide nicht zusammen wären. Und ich wusste, dass es ihren Eltern vorhin genauso schwer fiel sie gehen zu lassen, wie mir, sie überhaupt dort wegbringen zu müssen. Selbst ihr Dad hatte vorhin Tränen in den Augen gehabt, weil sie genau, wie ich wussten, dass es vielleicht das letzte Mal gewesen sein könnte, sie lebendig zu sehen. Bei diesem Gedanken hatte selbst ich mit den Tränen zu kämpfen, weil ich nicht bereit war sie gehen zu lassen.

Ich wollte sie nicht jetzt schon verlieren müssen. Und ich schwor mir, ihr einen Heiratsantrag zu machen, wenn sie die OP überstand. Ich wollte nicht noch länger damit warten, weil ich wusste, dass Harper die eine war, auf die ich mein ganzes Leben lang gewartet hatte. Und ich wollte Ava adoptieren. Ich hatte meine Prinzessin quasi mit großgezogen und sah sie jetzt schon als meine eigene Tochter an. Außerdem war die Kleine damit abgesichert und musste nicht ins Heim, wenn Harper oder ihren Eltern mal was passierte, was ich natürlich nicht hoffte. Aber ich wusste aus eigener Erfahrung, dass es meistens vollkommen unverhofft passierte und man nichts dagegen tun konnte. Und das wollte ich dem kleinen Mädchen wirklich gern ersparen.

Nachdem ich mit meinen Händen über meine Augen gewischt hatte, besann ich mich darauf ihrer Mum zu schreiben. Ich antwortete ihr, dass ihr kleines Mädchen sich tapfer schlug und es ihr den Umständen entsprechend gut ging. Ich fügte noch hinzu, dass ich heute Abend nochmal vorbeikam. Damit ich ihnen genaueres berichten konnte. Immerhin waren wir bis heute Abend schon um einiges schlauer. Gerade als ich mein Handy wieder weggepackt hatte, öffnete sich die Tür und Harper trat zusammen mit einer Krankenschwester ein. Bevor sie allerdings zu mir rüberkommen konnte, hielt die Schwester sie auf. Harper sollte sich gleich nochmal auf die Liege legen, damit sie ihr Blut abnehmen und eine Infusion legen konnte. Dann wäre sie nämlich durch für heute.

The Fate of LifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt